Abgeltungsteuer bei mittelbarer Beteiligung grds. zulässig (BFH, Urteil v. 20.10.2016 - VIII R 27/15)

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 20.05.2017
Rechtsgebiete: Wirtschaftsrecht|2645 Aufrufe

Im entschiedenen Fall hatte ein Ehepaar den Kaufpreis für eine Immobilie nicht sofort bezahlen lassen, sondern stundete diesen dem Käufer, einer Kapitalgesellschaft verzinslich. An dieser waren die Grundstücksverkäufer mittelbar (rechnerisch) mehr als 10% beteiligt. Das Finanzamt lehnte die Anwendung des gesonderten Steuertarifs nach § 32d Abs. 1 EStG (Abgeltungsteuer) ab. Die Finanzverwaltung wendet die 10%ige Beteiligungsgrenze in § 32d Abs. 2 Nr. 1 Bst. b) S. 1 EStG sowohl auf unmittelbare wie auf mittelbare Beteiligungen an (BMF v. 18.01.2016, Tz. 137).

Hier vertritt der BFH eine andere Rechtsauffassung. Solange ein mittelbar beteiligter Gesellschafter keine  nahe stehende Person i.S.d. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Bst. a) EStG ist, steht einer Anwendung des Abgeltungsteuersatzes nichts entgegen.

Der Entscheidung des BFH und der herrschenden Literaturmeinung ist zuzustimmen. Zum einen lässt eine Gleichstellung nicht aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus den Gesetzesmaterialien herleiten. Zum anderen würde eine Gleichstellung von mittel- und unmittelbaren Gesellschaftern in der Praxis dazu führen, dass jeder Darlehensgeber an eine Kapitalgesellschaft zunächst eine Prüfung der Beteiligungsverhältnisse beim Darlehensnehmer durchführen müsste. Dies dürfte bei Minderheitsbeteiligungen regelmäßig praktisch undurchführbar sein. Auch vermittelt eine mittelbare Beteiligung von etwas über 10% kein Beherrschungsverhältnis, sodass § 32d Abs. 2 Nr. 1 Bst. a) EStG grundsätzlich nicht anwendbar ist.

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BFH, Urteil v. 20.10.2016 - VIII R 27/15, BB 2017, 1125, mit Anm. Janz.
BMF-Schreiben v. 18.01.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017, BStBl I 2016, 85).

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