Vereinsrecht: "Karlsruhe locuta" vs. "Il y des juges à Berlin" vs. RegE

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 16.06.2017

Das Kammergericht Berlin hatte in mehreren Entscheidungen (v. 10.01.2011 - 25W 35/10; v. 18.01.2011 - 25W 14/10; v. 07.03.2012 - 25W 95/11; siehe hierzu https://community.beck.de/2016/11/19/das-vereinsrecht-muss-weg) die Löschung von Amts wegen angestrengt bzw. die Eintragung von verschiedenen Initiativen abgelehnt, da diese nicht mit dem Leitbild des nichtwirtschaftlichen gemeinwohlkonformen Idealvereins übereinstimmten.

Bereits mit Beschluss vom 3. September 2013 hatte das Oberlandesgericht Zweibrücken (Az. 3 W 34/13) entschieden, dass der Betreiber eines Fitnessstudios nicht als Idealverein in das Vereinsregister eingetragen werden könne. Denn es handle sich um einen wirtschaftlichen Verein (siehe hierzu: https://community.beck.de/2014/03/12/ein-fitnessstudio-als-eingetragener-verein)

Die gemeinnützigkeitsrechtliche Problematik einer Löschung aus dem Vereinsregister oder Nicht-Eintragung besteht in § 1 KStG. Um als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt zu sein, muss überhaupt eine Körperschaft bestehen. Eine Löschung oder Nicht-Eintragung eines Vereines wirft die Frage auf, ob nur auf (steuerrechtlich) nicht ‚nur' eine Mitunternehmerschaft vorliegt. Diese kann nicht als steuerbegünstigte ‚Körperschaft' anerkannt werden.

Nach dem Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode soll jedoch das bürgerschaftliche Engagement weiter gefördert werden. Der Gesetzentwurf ( "Gesetz zur Erleichterung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichen Engagement und zum Bürokratieabbau bei Genossenschaften" (BR-Drks. 162/17, Gesetzentwurf v. 17.02.2017, Beschluss vom 31.03.2017) sieht daher eine Definition von wirtschaftlichen Zwecken im Verordnungswege vor. Vereine, die diesen entsprechen, sollen - obwohl wirtschaftliche Vereine - Rechtsfähigkeit erlangen können.

Mit Beschluss vom 16. Mai 2017 hatte der BGH (Az. II ZB 7/16) die Entscheidungen des Kammergerichts als rechtsfehlerhaft aufgehoben. Auch ein Verein, der mehrere Kindertagesstätten betreiben, könne als Idealverein im Vereinsregister eingetragen bleiben. Das Nebenzweckprivileg des (zivilrechtlichen) gemeinwohlkonformen Allzweckvereins beinhalte keine Größengrenzen. Damit argumentiert das oberste deutsche Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit wie das oberste deutsche Finanzgericht. Der BFH hatte die Gepräge-Rechtsprechung bereits vor einigen Jahren aufgegeben.
Bemerkenswert ist, dass der BGH der Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft eine Indizwirkung zuschreibt.

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