In München für Richter zu akzeptieren: "Eigentlich sind Sie so wie Freisler - nur anders!"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 30.06.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht96|52603 Aufrufe

Die Rechtsprechung zu den Ehrdelikten führt immer einmal wieder zu Stirnrunzeln. Da gibt es echte Beleidigungs-Klassiker. Gerne etwa werden "Nazi-Vergleiche" als noch hinnehmbar angenommen. So etwa, wenn Volker Beck von den Grünen als "Obergauleiter der SA-Horden" bezeichnet wird. Soll schon o.k. sein. Aha. Und auch bei einem unsäglichen Freisler-Vergleich stellt das OLG München sinngemäß fest: "Ist schon o.k. so. Strafbar ist es nicht. Aber wir billigen das nicht." Immerhin.

 

I. Auf die Revision des Angeklagten werden die Urteile des Amtsgerichts München vom 2. Oktober 2015 und des Landgerichts München I vom 30. November 2016 aufgehoben.
II. Der Angeklagte wird freigesprochen.
III. Die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.

Gründe: 
Die zulässige Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und führt zu seinem Freispruch (§ 354 Abs. 1 StPO).

1. Das Amtsgericht München hat den Angeklagten nach einem vorangegangenen Strafbefehlsverfahren am 2. Oktober 2015 wegen Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 100 € verurteilt. Ein erstes die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft verwerfendes Urteil des Landgerichts hat der Senat mit Beschluss vom 11. Juli 2016 aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. Mit Urteil vom 30. November 2016 hat das Landgericht München I erneut beide Berufungen verworfen.

Dem Schuldspruch im nunmehr angefochtenen Berufungsurteil lag zugrunde, dass der Angeklagte in einer in einem Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht München erhobenen Anhörungsrüge vom 16. Februar 2015, in der er sich mit der Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens hinsichtlich einer von ihm erhobenen Strafanzeige und der Verwerfung seines diesbezüglichen Klageerzwingungsantrages durch das Oberlandesgericht beschäftigt, unter Ziff. IX ausführte:

"Der Unterschied zwischen Ihnen und Roland Freisler liegt in Folgendem: Während Roland Freisler im Gerichtssaal schrie und tobte und überhaupt keinen Wert darauf legte, das von ihm begangene Unrecht in irgendeiner Weise zu verschleiern, gehen Sie den umgekehrten Weg: Sie haben sich ein Mäntelchen umgehängt, auf dem die Worte „Rechtsstaat" und „Legitimität" aufgenäht sind. Sie hüllen sich in einen Anschein von Pseudolegitimität, die Sie aber in Wahrheit in keiner Weise für sich beanspruchen können. Denn in Wahrheit begehen Sie - zumindest in diesem vorliegenden Justizskandal - genauso schlicht Unrecht, wie es auch Roland Freisler getan hat. So betrachtet ist das Unrecht, das Sie begehen noch viel perfider, noch viel abgründiger, noch viel hinterhältiger als das Unrecht, das ein Roland Freisler begangen hat: Bei Roland Freisler kommt das Unrecht sehr offen, sehr direkt, sehr unverblümt daher. Bei Ihnen hingegen kommt das Unrecht als unrechtmäßige Beanspruchung der Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie daher: Sie berufen sich auf die Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, handeln dem aber - zumindest in dem vorliegenden Justizskandal - zuwider.".

Das Landgericht hat ausgeführt, dass es sich bei den Äußerungen des Angeklagten unter Ziff. IX der Anhörungsrüge um beleidigende Werturteile handele, die den Tatbestand des § 185 StGB erfüllten (UA S. 131-133). Diese seien auch nicht nach § 193 StGB gerechtfertigt. Die gebotene Abwägung ergebe, dass hier die persönliche Ehre der Betroffenen die Meinungsfreiheit des Angeklagten überwiege, insbesondere weil es sich um eine grobe Beleidigung handele, der Senat für Ausfälligkeiten des Angeklagten keinen Anlass gegeben habe und der Angeklagte mit seiner Anhörungsrüge keine besonders gewichtigen Interessen der Allgemeinheit verfolgt habe (UA S. 134137).

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen rechts beanstandet. Mit der sachrüge wendet er sich insbesondere gegen die seiner Ansicht nach fehlerhafte Abwägung im Rahmen des § 193 StGB.

Die Generalstaatsanwaltschaft hält die Revision für offensichtlich unbegründet. Ins-besondere sei die Äußerung aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Ent-scheidung nicht mehr von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt.

II.
Während die Verfahrensrüge aus den von der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer An-tragsschrift vom 3. März 2017 mitgeteilten Gründen erfolglos bleibt, ist die erhobene Sachrüge begründet und führt zum Freispruch des Angeklagten. Die Revision rügt im Ergebnis zu Recht, dass das Berufungsgericht die Abwägung im Rahmen des § 193 StGB rechtsfehlerhaft vorgenommen hat.

1. Die Kammer hat allerdings zutreffend die streitgegenständlichen Äußerungen als Werturteile qualifiziert, die zwar nicht als Schmähkritik zu werten sind (vgl. dazu bereits Senatsbeschluss vom 11. Juli 2016 sowie Hilgendorf in Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch (LK-StGB), 12. Aufl., § 193 Rdn. 25 und BVerfG, Beschluss vom 28.07.2014, 1 BvR 482/13, zitiert nach juris, dort Rd. 11 (ebenfalls zur Kritik an richter-lichen Handlungen)), den Tatbestand des § 185 StGB aber grundsätzlich erfüllen, weil sie das Handeln der betroffenen Richter mit dem Vorgehen von Roland Freisler vergleichen (UA S. 130-133; vgl. zur Auslegung im Einzelnen LK-StGB-Hilgendorf aaO § 185 Rdn. 17 und 21 und zu einem vergleichbaren Sachverhalt Beschluss des OLG Frankfurt vom 20.03.2012, 2 Ss 329/11, zitiert nach juris, dort Rdn. 5).

2.    Wie das Landgericht zunächst ebenfalls richtig ausführt, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob das Handeln des Angeklagten nach § 193 StGB gerechtfertigt ist. Diese Ausführungen des Tatrichters sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern und berücksich-tigen nicht alle maßgeblichen Kriterien. Im Einzelnen sind hierzu folgende Bemerkungen veranlasst:

a) In Fällen ehrenrühriger Werturteile wie vorliegend wird § 193 StGB letztlich von dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG konsumiert, an diesem ist die Meinungsäußerung im Ergebnis zu messen (vgl. LK-StGB-Hilgendorf aa0 § 193 Rdn. 4). Allerdings gewährleistet Art. 5 Abs. 2 GG auch das Grundrecht der freien Meinungsäußerung nur in den Schranken der allgemeinen Gesetze, zu denen auch die Strafgesetze gehören. Die Strafvorschrift des § 185 StGB muss somit im Licht der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im frei-heitlich-demokratischen Rechtsstaat ausgelegt und so in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden, sog. "Wechselwir-kung (vgl. LK-StGB-Hilgendorf aa0 § 193 Rdn. 4f. m. w. N.; BayObLGSt 1994, 121,123; BayObLGSt 2004, 133, 137f.). Nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz ist eine umfassende und einzelfallbezogene Güter- und Pflichtenabwägung vorzunehmen (LK-StGB-Hilgendorf aa0 § 193 Rdn. 6; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 193 Rdn. 9, je m. w. N.). Diese Abwägung ist eine reine Rechtsfrage, so dass sie bei ausreichender Tatsachengrundlage auch vom Re-visionsgericht vorzunehmen ist (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 07.02.2014, 1 Ss 599/13, zitiert nach juris, Rdn. 21).

b) Bei Kritik an richterlichen Entscheidungen steht im Rahmen dieser Gesamtabwägung dem vom Bundesverfassungsgericht (vgl. etwa BVerfG, NJW 1995, 3303, 3304) be-tonten Recht des Bürgers, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt auch mit drastischen Worten zu kritisieren, die Ehrverletzung der Richter gegenüber. Vor dem Hintergrund der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung muss diese Beeinträchtigung (sofern keine Schmähkritik vorliegt) gegenüber der Meinungsäußerungsfreiheit grundsätzlich dann zurücktreten, wenn der Vorwurf Teil einer umfassenderen Meinungsäußerung ist und der Durchsetzung legitimer prozessualer Rechte dient (vgl. BayObLGSt 2001, 92, 100). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein Richter schon von Berufs wegen in der Lage und auch gehalten ist, überpointierte Kritik an seiner Arbeit beim „Kampf um das Recht" auszuhalten (BayObLGSt 2001, 92, 100; OLG Naumburg, StraFo 2012, 283f.).

b) Nach diesen Maßstäben ist das Handeln des Angeklagten auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nach § 193 StGB noch gerechtfertigt.

Der Angeklagte stellt im Rahmen seiner Ausführungen dar, wodurch sich das Verhalten Freislers von dem der Geschädigten unterscheidet, und führt aus, dass das durch
die Geschädigten begangene Unrecht noch schwerwiegender sei als das von Freisler begangene Unrecht. Im Kern ist das „nur" der Vorwurf sehr großen Unrechts und willkürlichen, rechtsbeugenden richterlichen Handelns durch den 2. Strafsenat. Der Vorwurf ferner nicht gegen die Richter als Personen, sondern gegen den gesamten Senat als Entscheidungsträger gerichtet (vgl. UA S. 134/135; zur Bedeutung dieses Umstandes s. BVerfG, Beschluss vom 05.03.1992, 1 BvR 1770/91, zitiert nach juris, dort
Rdn. 25 und OLG Frankfurt vom 20.03.2012 aaO Rdn. 6).
Die Äußerungen des Angeklagten erfolgten im Rahmen eines noch nicht abgeschlossenen gerichtlichen Verfahrens, also im „Kampf ums Recht" (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Gesichtspunktes BVerfG, Beschlüsse vom 29.02.2012, zitiert nach juris, dort Rdn. 15f., und vom 28.07.2014 aaO, dort Rdn. 13, je m. w. N.). Sie erfolgten ausschließlich schriftlich im Rahmen des Verfahrens, ohne dass sie anderen, nicht am Verfahren beteiligten Personen zur Kenntnis gelangen konnten (vgl. hierzu BVerfG vom 29.02.2012 aaO Rdn. 15 und 17). Auch starke und eindringliche Ausdrücke im Rahmen der Kritik an behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen stehen grund-sätzlich unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG vom 29.02.2012 aaO Rd. 16 und vom 28.07.2014 aaO Rdn. 13, je m. w. N.; Urteil des KG vom 11.01.2010, 1 Ss 470/09, zitiert nach juris, Rdn. 35), ohne dass es darauf ankäme, ob der Angeklagte auch anders hätte formulieren können (BVerfG vom 29.02.2012 aaO Rdn. 16). Der durch die Gleichstellung mit Roland Freister erfolgte Vergleich mit NS-Unrecht führt für sich allein genommen ebenfalls nicht zu einer Strafbarkeit (vgl. die den Entscheidungen des BVerfG vom 05.03.1992 und des OLG Frankfurt vom 20.03.2012, je aaO, zugrundeliegenden Sachverhalte). Kein entscheidender Gesichtspunkt bei der Abwägung ist es ferner (entgegen der Ansicht des Landgerichts, vgl. UA S. 135), dass der Senat „keinerlei Anlass" für die Äußerungen gegeben hat. Zwar mag es für die Wahrung berechtigter Interessen sprechen, wenn das Handeln der Behörde oder des Gerichtes (sogar) rechtswidrig war. Im Übrigen aber ist es für ein Eingreifen von § 193 StGB nicht entscheidend, ob die mit der fraglichen Äußerung kritisierte Entscheidung der Behörden oder Gerichte rechtmäßig war (vgl. zu vergleichbaren Fällen BVerfG vom 05.03.1992 aaO Rdn. 27 und OLG Frankfurt vom 20.03.2012 aaO Rdn. 6f.). 

Rechtsfehlerhaft war es schließlich, das Fehlen spontaner Erregung bei dem Angeklagten (vgl. UA S. 135) zu seinen Lasten in die Abwägung einzustellen (vgl. OLG Celle Urteil vom 27. März 2015 Az. 31 Ss 9/15 Zitiert über jurisß Rdn. 41); im Gegen-teil ist zu berücksichtigen, dass der Angeklagte nicht nur als Rechtsanwalt, sondern auch als mittelbar persönlich Betroffener handelte, da er u. a. seine Tochter im Ver-fahren vertrat (vgl. zur Bedeutung dieses Umstandes BayObLGSt 2001, 92ff.).

Es erscheint insgesamt hinnehmbar, den Ehrenschutz in Fällen wie dem vorliegenden im Rahmen der Abwägung zurücktreten zu lassen, weil Richter im Spannungsfeld zwischen der Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes einerseits und ihrer privaten Berührtheit andererseits bedenken müssen, dass ihre Entscheidungen für die Be-troffenen häufig einschneidend sind und daher zu Reaktionen führen können, die sich trotz gegenteiliger Formulierung letzten Endes gar nicht gegen ihre Person oder Ehre, sondern vielmehr gegen die getroffene Entscheidung selbst und die Rechtslage als solche richten (vgl. KG vom 11.01.2010 aaO Rdn. 41).

Da auszuschließen ist, dass eine erneute Hauptverhandlung weitere oder neue Feststellungen zu erbringen vermag, die eine Aufrechterhaltung der Verurteilung wegen Beleidigung begründen könnten, ist das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und der Angeklagte freizusprechen (§ 353 Abs. 1, § 354 Abs. 1 StPO).

Der Senat bemerkt allerdings ausdrücklich, dass die Entscheidung nicht als Billigung der Äußerung und der Vorgehensweise des Angeklagten missverstanden werden darf. Die Auseinandersetzung mit tatsächlich oder vermeintlich falschen Entscheidungen oder Vorgehensweisen von Behörden hat grundsätzlich allein mit den Mitteln zu erfolgen, die die jeweiligen Verfahrensordnungen zur Verfügung stellen, ohne dass Anlass und Raum für verletzende und kränkende, die gebotene sachliche Atmosphäre lediglich vergiftenden Angriffe auf die handelnden Personen bliebe. Strafbar ist das Verhalten des Angeklagten nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Grundsätze allerdings noch nicht.

OLG München, Beschluss vom 31.05.2017 - OLG 13 Ss 81/17 = BeckRS 2017, 112292

 

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96 Kommentare

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Sehr geehrter Herr Krumm,

der Revisionsführer in der o.b. Sache nimmt regelmäßig (und vor allem in eigener o.b. Sache) an den Diskussionen in diesem Forum teil.

Dies nur als Hinweis.

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Das ist freilich spannend...mal schauen, wie sich der Beitrag entwickelt. Oft überschreiten solche Themen die Grenzen...Danke auf jeden Fall für die Anmerkung!

  • Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 31. Mai 2017 (Az. 5 OLG 13 Ss 81/17 - juris) in meiner Sache entfaltete im Folgenden Relevanz für die Entscheidungen des BayVerfGH betreffend die Zusammensetzung der Spruchkörper:
  • VerfGH Bayern, 07.11.2019 - 47-VI-18

    Verfassungsbeschwerde, Staatsanwaltschaft, Verteidiger, Ablehnung, Verfahren, …

  • VerfGH Bayern, 08.11.2019 - 50-VI-18

    Verfassungsbeschwerde, Verfahren, Staatsanwaltschaft, Ablehnung, Befangenheit, …

  • VerfGH Bayern, 07.11.2019 - 31-VI-19

    Verfassungsbeschwerde, Befangenheit, Verfahren, Ablehnung, Bescheid, …

     

Zu der von Carsten Krumm gegebenen Einführung (Hervorhebungen von mir)

"Dem Schuldspruch im nunmehr angefochtenen Berufungsurteil lag zugrunde, dass der Angeklagte in einer in einem Beschwerdeverfahren beim Oberlandesgericht München erhobenen Anhörungsrüge vom 16. Februar 2015, in der er sich mit der Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens hinsichtlich einer von ihm erhobenen Strafanzeige und der Verwerfung seines diesbezüglichen Klageerzwingungsantrages durch das Oberlandesgericht beschäftigt"

ist allerdings anzumerken, dass es sich um ein EEV handelte. 

Der strafrechtliche Ehrenschutz kann Richter nicht vor dem Vorwurf schützen, dass sie Unrecht gesprochen haben. Ebenso wenig schützt er sie vor dem Vorwurf, dass sie ihr Parteibuch über das Gesetzbuch stellen. Dass das Richteramt am Oberlandesgericht in Bayern eng mit dem Parteibuch verbunden ist, das dürfte wohl nicht weit hergeholt sein. So verstehe ich jedenfalls den obigen Freisler-Vergleich. Denn Freisler war vor allem dafür bekannt, dass er sein Parteibuch über das Gesetzbuch gestellt und sich dazu offen bekannt hatte - z.B. im Weiße-Rose-Prozess ("ganz ohne Gesetz"). Auf dieses Bekenntnis wird m.E. in dem Freisler-Vergleich Bezug genommen.

Vergleich und Vorwurf mögen unzutreffend, unbegründet und völlig unverständlich sein. Sie mögen auch taktisch unklug sein. Man mag sie auch von einem guten Juristen und guten Schachspieler gar nicht erwarten. Aber strafbar sind sie nicht. Dem OLG ist im Ergebnis also zuzustimmen.

 

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Speziell Bayern: "Systemfehler"
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-123856912.html
Ich habe auch einen Facebook account über die dortigen Zustände aber der dürfte nicht erlaubt sein.

Erwin Tochtermann (1930) hat ein Vierteljahrhundert gesessen – seit 1960 für die Süddeutsche Zeitung in bayerischen Gerichtssälen. Seinem Manuskript gab der Autor den Arbeitstitel:
Die Verbrechen der bayerischen Strafjustiz. Unter diese Verbrechen zählt er die Fälle, in denen „Gerechtigkeit nur geübt“ wurde. Und der Gerichtsreporter weiß: Wer üben muß, der kann nicht. Diesen „Nichtkönnern“ der bayerischen Strafjustiz ist das vorliegende Buch gewidmet. Den Lesern, vielleicht auch den Juristen unter ihnen, zeigt Tochtermann, wie haltlos der „Mythos der personifizierten Gerechtigkeit“ ist. Dem Irrtum wird in Bayern hoher Respekt gezollt. Er gilt fast als Nachweis der Menschlichkeit. Ich irre, also bin ich. Wo Irrtum ist, ist Leben.

Freisler konnte übrigens keine Rechtsbeugung nachgewiesen werden.

Richter unterstellt den Kollegen Missbrauch mit Nazi-Methoden:
OLG Frankfurt vom 18. Juni 2007 (Aktenzeichen 20 W 221/06)
"Das OLG konstatierte, die Ingewahrsamnahme sei nur auf Vermutungen gestützt worden, sämtliche Voraussetzungen dafür hätten von Anfang an nicht vorgelegen. Die Haft hätte nämlich unerlässlich sein müssen, um eine unmittelbar bevorstehende Straftat von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhindern. Das Instrument des Unterbindungsgewahrsams sei während der Nazizeit massiv missbraucht worden."

Was soll dann der geschädigte inhaftierte Gewaltempfänger erst dazu sagen? Ausserdem benutzt er nur Worte und tätigt keine schädigende gewalttätige Rechtsbeugung. Der Richter, der das Unterbindungsgewahrsam angeordnet hat wusste, dass der zu Inhaftierende die ihm vorgeworfene Straftat gar nicht begangen hat. Das hat der Richter sogar sinngemäss in der Akte schriftlich festgehalten. Wegen eines als Folge der Nazizeit stammendem Rechtsbeugungsprivileg blieb er völlig unbehelligt.
Ein Richter als Gewalttäter darf natürlich selbstverständlich von Nazi-Methoden anderer Richter sprechen. Der Prolet als geschädigter Gewaltempfänger darf sich darüber in der Regel aber nicht beschweren. Der muss das Vorgehen als Geschädigter sogar loben, wegen dem hochelitärem Ansehen der Justiz. Alles nichts anderes wie im Dritten Reich.
Glücklicherweise gibt es nun endlich mal etwas mehr Schutz für Bürger.

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Auf der Homepage von Herrn Kollegen Ralf Niehus, Schmähkritik/Beleidigung versus Wahrnehmung berechtigter Interessen bei Justizkritik habe ich das Verfahren seinerzeit fortlaufend kommentiert. Den letzten Eintrag habe ich vor fast auf den Tag genau zwei Jahren dort hinterlassen. Manches davon ist heute noch mit einigem zeitlichen Abstand lesenswert, ganz einfach, weil es die Geschichte des über fünf Instanzen dauernden Verfahrens nacherzählt. 

AG-Coburg Cs 111 Js 2087/18

In einem am 05.02.2018 von Ihnen auf der Seite http://www.justizfreund.de publizierten Artikel bezeichneten Sie ein Verfahren bei damals Richterin am Landgericht B. als „Willkürjustiz“, in der „das Recht mit dem kollegialen familiären Staatsanwalt zu beugen ist“. Weiter behaupten Sie, dass der damalige Staatsanwalt I. ein „lügender Staatsanwalt“ gewesen sei. …

Zur Bebilderung nutzten Sie ein aus derZeit des Nationalsozialismus stammendes Foto, auf dem Sie den eigentlichen Text „Ich werde mich nie mehr bei der Polizei beschweren“ durch „Ich werde mich als sozial schwacher Prolet nie mehr über grosse Konzerne, die Justiz oder Grund- und Menschenrechtsverletzungen bei Gericht in Coburg oder Bamberg beschweren.“ und stellten so einen Kontext zwischen den von Ihnen im Artikel angegriffenen Personen und dem Nationalsozialismus bzw. dem dortigen Gedankengut her. Dieses Bild war zwar nicht auf dem ursprünglichen Fax, wohl aber auf der Internetseite zu sehen.

All dies geschah, um Ihre Missachtung auszudrücken.

Sie werden daher beschuldigt,
durch eine Handlung zwei andere beleidigt zu haben strafbar als
Beleidigung in zwei Fällen gemäß §§ 185, 194, 52 StGB.
…Ausdruck Beitrag auf justizfreund Bl. 2 ff., 64 ff.
Gegen Sie wird eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen verhängt. Der Tagessatz wird auf 30,00 EUR festgesetzt. Die Geldstrafe beträgt somit insgesamt 2.700,00 EUR.

……

„Weiter BEHAUPTEN Sie…“

Allein die Behauptung ist also strafbar.
Ob er gelogen hat ist anhand des in dem Artikel stehenden Sachverhalts überprüfbar.

„Der Richter muß den Wahrheitsgehalt einer beanstandeten Aussage prüfen… Wahre Aussagen sind … hinzunehmen.“ (BVerfG in 1 BvR 232/97 vom 12.11.2002)

Das gilt gemäss §160 Abs. 2 StPO auch für die Staatsanwaltschaft. Diese Vorschrift wird aber stetig vollkommen selbstverständlich ignoriert.

Ist der Wahrheitsbeweis nicht zu führen beinhaltet die Aussage ob jemand gelogen hat auch eine Wertung und damit Meinung.

Basierend auf Artikel 5GG und §193 StGB:

BVerfG: Maßnahmen der öffentlichen Gewalt dürfen auch scharf kritisiert werden
Das Bundesverfassungsgericht hat die strafrechtliche Verurteilung von Mitarbeitern einer Flüchtlingsorganisation wegen Kritik an einer Ausländerbehörde wegen Verstoß gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aufgehoben (Beschluss vom 24.07.2013, Az.: 1 BvR 444/13 und 1 BvR 527/13).

>BVerfG: Die Bezeichnung “rechtsradikal” oder „rechtsextrem“ ist zulässiges Werturteil
Wenn Textbeiträge im Netz stehen, “muss zur öffentlichen Meinungsbildung auch eine inhaltliche Diskussion möglich sein”. Die Einschätzung, ob jemand rechtsextrem oder gar rechtsradikal sei, sei eine letztlich nicht beweisfähige Einschätzung. Auch eine unsachliche Schmähkritik liege hier nicht vor. Der Vorwurf sei von der Meinungsfreiheit erfasst.
…“Fehlerhaft ist dann aber, dass das Oberlandesgericht die Äußerungen als Schmähkritik einstuft und damit ebenfalls aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit herausfallen lässt. Verfassungsrechtlich ist die Schmähung eng definiert. Sie liegt bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vor und ist eher auf die Privatfehde beschränkt (vgl. BVerfGE 93, 266 ). Eine Schmähkritik ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht (vgl. BVerfGE 82, 272 ). Dies kann hier aber nicht angenommen werden. Alle Äußerungen haben einen Sachbezug. Die erste Äußerung bezieht sich auf den Text des Klägers „Die schleichende Revolution der Kosmokraten“, die zweite Äußerung auf den Text „Art. 146 – Die Mär von der gesamtdeutschen Verfassung“, und die dritte Äußerung stammt aus einem vorprozessualen Schriftsatz und bezieht sich auf den Unterlassungsanspruch.”

Alle von der Staatsanwaltschaft genannten angeblichen Beleidigungen haben einen Sachbezug.

Auch das ist nicht berücksichtigt worden.

„All dies geschah, um Ihre Missachtung auszudrücken.“

Das darf man ohnehin. Grundsätzlich ist diesbezüglich eine Beleidigung nur gegeben, wenn man es gegenüber Personen macht.

„Beleidigung in zwei Fällen gemäß §§ 185, 194, 52 StGB.“

So gesehen richtig, denn korrekterweise müsste auch §193 StGB und Artikel 5GG beachtet werden. Aber das wurde vollständig ignoriert und es werden nur die Vorschriften verwendet, die man gegen den angeblichen Beleidiger zur Verurteilung verwenden kann.

Gleich 2 mal Artikel 5GG vergessen:
BVerfG Beschluss vom 29. Juni 2016 – 1 BvR 2646/15
Für die Höhe einer Strafe ist auch der Kontext zu berücksichtigen

Dabei sind alle Umstände der Äußerung in Betracht zu ziehen, also neben ihrem Wortlaut auch ihr Anlass und der gesamte Kontext, in dem sie gefallen ist (ihre „Einbettung“, vgl. BVerfG NJW 2005, 3274, 3275; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2006, 206), sowie die weiteren Begleitumstände (vgl. BVerfGE 93, 266, 295 = NStZ 1996, 26, 27).

Wenn die Staatsanwaltschaft nun so handelt und §160 Abs. 2 StPO ignoriert und den Kontext völlig unberücksichtigt lässt, kann man dann sagen, dass diese schon wieder lügt?.

Der §185 StGB gilt übrigens inhaltlich gleichermassen seit 1871. 1945 hat man das StGB (und die StPO) mit gleich inhaltlich geltenden §185 aus dem Dritten Reich übernommen und den Richtern in der BRD zur Anwendung verordnet. Der hat so also gleichermassen im Dritten Reich gegolten. Damit es nicht zu solchen Übergriffen wie im Dritten Reich kommt hat man Artikel 5GG eingeführt. Artikel 5GG wird (und zusätzlich der auch bereits im Reichtstrafgesetzbuch vorhandene §193 StGB und §160 Abs. 2 StPO) auch nun wieder vollständig ignoriert.

Was für ein Recht wird also angewandt?

Aus dem vorgenannten Grund befindet sich im heutigen StGB auch noch der 1941 von Roland Freisler formulierte Mordparagraf, der nicht den Tatbestand des Mordes bestraft, sondern einen bilogischen Tätertypus, nämlich den „Mörder“.
Das lässt weitreichende Willkür zu:
Wenn man einen Juden umbringt, dann ist das zwar Mord aber man muss deswegen noch lange nicht den biliogischen Tätertypus eines Mörders entsprechen.
Wenn man einen Juristen nicht umbringt, dann kann man trotzdem wegen Mord verurteilt werden, weil man den biologischen Tätertypus eines Mörders entspricht. Was ja klar ist, wenn einem vorgeworfen wird einem Juristenkollegen morden zu wollen.

Der Mordparagraf von Roland Freisler wird also heute immer noch bei Gericht angewandt. Alle Versuche dir Vorschrift neu zu fassen und zu verbessern sind an Staatsjuristen vollständig gescheitert.

Was also den zweiten Tatvorwurf betrifft. Beleidigt eigentlich die Bundesregierung die Richter, wenn diese denen ein StGB zur Anwendung verordnet welches man aus dem Dritten Reicht übernommen hat mit einem von Roland Freisler formulierten Mordparagraf nach völkischen Recht?
Beleidigt eigentlich die BRD die Richter und Staatsanwälte, wenn diese denen ein von 1935 stanmenedes Rechtsberatungsgesetz verordnet welches Heinrich Himmler formuliert hat.
Es wurde von Juristen in der BRD rigeros gegen die Bürger bis 2002 angewendet.

Richterin B. zum damaligen zu Verurteilenden: "Ihre Eingaben (Beschwerden/Beweismittel etc.) werden nicht bearbeitet oder automatisiert abgewiesen, wie es meine Kollegen auch alle machen"

Eine Meinungsäußerung ist beleidigend, wenn sie dem Opfer den Respekt als gleichwertige Rechtsperson aberkennt, indem sie den ethischen oder sozialen Wert des anderen geringer darstellt, als er tatsächlich ist.
Urs Kindhäuser: Strafrecht Besonderer Teil I: Straftaten gegen Persönlichkeitsrechte, Staat und Gesellschaft. 6. Auflage. Nomos, Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-8487-0290-9, § 25, Rn. 4.

Welches Recht gilt, wenn man keinerlei Rechte oder Grundrechte in der Justiz geltend machen kann?

Der „Beleidiger“ nach emotionalen und völkischem Recht kann kein anderer sein als das dadurch geschädigte Opfer, dass sich darüber beschwert. Wer sonst?

...............................................................

Die Richterin K., als Kollegin von Richterin B., die den Strafbefehl vorliegend unterschrieben hat, hat dem nun Beschuldigten bereits schon einmal das Recht gebeugt:

Sie hat die Entscheidung der Rechtspflegerin über die Abweisung einer Reisekostenentschädigung bestätigt, weil das Geld nicht vor dem Termin erstattet worden wäre. Dazu ist ihr zuvor folgendes mitgeteilt worden mit vielen weiteren Entscheidungen:

Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung)
1.3 Der Anspruch erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten nach der Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung geltend gemacht wird.

Bundestag, Oberamtsrätin Christa Reuther, vorzimmer.pet4@bundestag.de Referat Pet 4 BMAS (Arb.), BMJV, BMZ, 11011 Berlin Fax: 4-49 30 227-36911 Reisekostenentschädigung: Pet 4-18-07-36-028633:
“…, auf der Grundlage einer aktuellen Stellungnahme der Bundesregierung umfassend geprüft. Er ist dabei zu folgendem Ergebnis gekommen: Der Anspruch kann auch noch bis zu drei Monate nach der Verhandlung, Vernehmung oder Untersuchung geltend gemacht werden.“

Vorstehende Regelung soll eine Gleichbehandlung gemäss Artikel 3 Abs. 1 GG sicherstellen. Gleichzeitig erfolgt ein Anspruch ua. auch aus Artikel 3 Abs. 1 GG um die Gleichbehandlung von mittellosen Personen vor den Gerichten sicherzustellen.
Die Versagung der Reisekostenentschädigung verstösst also doppelt gegen das Grundgesetz und gleichzeitig gegen das Willkürverbot (Auch das obige Vorgehen bezügl. der Beleidigung verstösst gegen das Willkürverbot, siehe ua. Sächsischer Verfassungsgerichtshof Vf. 100-IV-10: Sächsischer Verfassungsgerichtshof wirft dem Amtsgericht Bautzen Willkür vor ).

Richterin B. hat danach eine Beschwerde über die Nichterstattung ebenfalls abgewiesen mit der gleichen Begründung, der natürlich auch die Vorstehenden rechtlichen Grundlagen und Urteile übersendet wurden.
Eine weitere Beschwerde wurde nicht bearbeitet. Das erfolgte erst nachdem der bayerische Verfassungsgerichtshof tätig wurde. Allerdings drohte man dem Beschwerführer 500 EUR Ordnungsgeld an wegen einer muttwillig eingereichten Verfassungsbeschwerde.
Die Beschwerde wurde etwa vor einem Jahr wieder abgewiesen. Für eine Verfassungsbeschwerde verlangt der Bayerische Verfassungsgerichtshof nun noch einmal eine Beschwerde beim Landgericht.

Diese wird nun gar nicht bearbeitet. Das OLG-Bamberg entschied, dass ein Verzögerungsverfahren in einer Nebensache nicht möglich ist, weil man nur bei einer Verzögerung im "Strafhauptverfahren" eine Verzögerungsrüge erheben kann. Das Strafverfahren ist aber verzögerungsfrei beendet worden. Beschwerden der Dienstaufsicht beim Präsidenten des LG-Coburg, des OLG-Bamberg und dem Landesjustizminister waren natürlich ebenfalls erfolglos.
Seit mittlerweile 4 Jahren nach 33 Eingaben/Beschwerden etc. ist die Reisekostenentschädigung immer noch nicht bearbeitet worden.

Auch wurden häufig keine und auch einmal eine falsche Rechtmittelbelehrung erteilt.

Ich dachte immer in der Justiz ist die Zeit so knapp. Wenn es aber um Grundrechtsverweigerungen geht gegenüber sozial schwachen Menschen, dann wird anscheinend keine Zeit und keine Kosten gescheut.

Zu welcher Zeit gab es diese Grundrechte, die man nun auch nicht erhalten soll, nicht? ...

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Ich denke, wenn man die Rechtsprechung zu § 193 StGB aufmerksam studiert, werden auch die Einwände, die Herr Beckhaus in seinem nachfolgenden Kommentar vorbringt, zerstreut werden:

 

Herr Kolos,

ich denke, Sie haben den eigentlichen Sachverhalt noch nicht verstanden. Hier ging es nicht darum, dass der Kollege die Behauptung aufstellte, man hätte "Unrecht" gesprochen. Hier ging es um den unsäglichen Freisler-Vergleich.

Im Übrigen mutet es befremdlich an, dass Sie nun meinen darüber befinden zu können, dass "Unrecht" gesprochen wurde. Sind Sie Richter? Kennen Sie die vollständigen Gerichtsakten? Oder stützen Sie ihre Behauptungen auf die Aussagen des Kollegen und seiner hier breit getretenen Unterstellungen?

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Sie fantasieren. Aber auch das ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Lesen Sie einfach die Ausführungen zu dem Freisler-Vergleich noch einmal und deuten Sie diesmal nichts hinein, was da nicht steht, sie aber über Freisler wissen oder gehört haben. Der Senat tut das auch nicht. Ein Ausschnitt aus der Revisionsentscheidung:

"Der Angeklagte stellt im Rahmen seiner Ausführungen dar, wodurch sich das Verhalten Freislers von dem der Geschädigten unterscheidet, und führt aus, dass das durch die Geschädigten begangene Unrecht noch schwerwiegender sei als das von Freisler begangene Unrecht. Im Kern ist das "nur" der Vorwurf sehr großen Unrechts [...]."

Sie haben zudem eine sehr skurrile Sicht der Dinge. Selbstverständlich meine ich, über Recht und Unrecht befinden zu können. Sie nicht? Denn im Grunde gilt diese Befähigung schon für alle schuldfähige Personen. Eine Urteilsbesprechung - wie von Carsten Krumm hier angeregt - richtet sich auch nicht nur an Richter. Und, nein. Man muss dafür nicht die Gerichtsakte kennen.

Im Übrigen, habe ich in meinem Beitrag überhaupt nicht befunden, dass "Unrecht" gesprochen wurde.

 

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zB.
Vergleich eines Polizeiverhaltens mit SS-Methoden hält sich noch im Rahmen der Meinungsfreiheit.
OLG Frankfrut, Beschl. v. 20.03.2012 – 2 Ss 329/11

BVerfG: Die Bezeichnung “rechtsradikal” oder „rechtsextrem“ ist zulässiges Werturteil

BVerfG, Beschluss v. 22.06.1982, Az. 1 BvR 1376/79
CSU sei „die NPD von Europa“ im Wahlkampf nicht zwingend eine Beleidigung.

„Das ihre Amtsvorgänger die Rassegesetze gegen die Juden rechtssicherer angewandt haben.“
stellt gemäss dem OLG Hamm, Beschl. v. 14.08.2014 – 2 RVs 29/14 keine Beleidigung dar.

AfD-Politikerin scheitert im Eilverfahren: NDR extra 3 durfte Weidel
"Nazi-Schlampe" nennen
http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/lg-hamburg-324o217-17-alice-weidel...

BVerfG: Maßnahmen der öffentlichen Gewalt dürfen auch scharf kritisiert werden
Das Bundesverfassungsgericht hat die strafrechtliche Verurteilung von Mitarbeitern einer Flüchtlingsorganisation wegen Kritik an einer Ausländerbehörde wegen Verstoß gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aufgehoben (Beschluss vom 24.07.2013, Az.: 1 BvR 444/13 und 1 BvR 527/13).

Keine Straftat auch mit einhergehender unrechter Gewalttätigkeit:
Augsburger Staatsanwalt: „Dem angeschuldigten Arschloch ist ein Pflichtverteidiger zu bestellen“, 08.09.2008
Richter am LG Düsseldorf) bezeichnet Angeklagte als Neger und erklärt einer Proezsspartei: „Der Jud muss brennen“ (Auch keine Befangenheit)
Richter vom AG-Garmisch-Patenkirchen bezeichnet zwei türkische Angeklagte als „Rindviecher, Ochsen und Kühe“.
Richterin aus Eisenhüttenstadt: „Pack“, „zum Heer der Illegalen zugehörig“, „Gesindel“ oder „Asyltouristen“
usw.

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Der anlassbezogene Vorwurf der Rechtsbeugung gehört doch zum Kern der Sache. Eine gerichtliche Feststellung zum Zutreffen des Rechtsbeugungsvorwurfs musste nicht erfolgen, weil es darauf im Zusammenhang mit dem "Freisler-Vergleich" nicht ankam. Der Vergleich wurde im Übrigen zur Darstellung eines Unterschiedes und nicht als Gleichnis angestellt, was die Parteibuch-Deutung unpassend macht. Der unterscheidende Vergleich bezog sich auf das Verleugnen von unrechtmäßigen Handlungen und dem Vortäuschen falscher Tatsachen. Das musste wie gesagt gar nicht unbedingt stimmen. Es war jedenfalls nicht ohne rechtfertigenden Anlass. Der Vergleich bezog sich auf die Art und Weise der Handlung und gerade nicht auf das Ausmaß. Erst durch Weglassen dieses wichtigen Kontextes wirkt die Bezugnahme vollkommen überzogen und unangemessen. Der sicherlich sehr unglücklich geratene Vortrag wird also erst durch Weglassen von Kontext und Umdeutung zum unsäglichen Ereignis. "Freisler" ist begrifflich in der Branche offensichtlich ein Trigger, der bei Juristen den völligen Verlust der Sachbezogenheit zur Folge haben kann.

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Wegen Rechtsbeugungsvorwürfen wird fleissig verurteilt aber es würde auch folgendes gelten:

Rechtsbeugungsvorwurf gegenüber Richter als Werturteil einer Urteilskritik keine Beleidigung, Bayerisches Oberstes Landesgericht Az.: 1St RR 75/01 BESCHLUSS vom 13.07.2001
Den in einer Dienstaufsichtsbeschwerde eines Rechtsanwalts geäußerten, mit einer bestimmten Entscheidung in Zusammenhang stehenden Vorwurf, dem erkennenden Richter sei entweder eine bestimmte Vorschrift nicht bekannt oder es liege ein Fall der Beugung des Rechts vor, der Richter sei entweder zu dumm oder er habe absichtlich ein Fehlurteil gesprochen, wertete das Kammergericht in einem Urteil vom 20.9.1996 (StV 1997, 485) insgesamt als Meinungsäußerung.

Vgl. des Weiteren KG NStZ-RR 1998, 12; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 7; BVerfG NJW 1999, 2263; RGSt 47, 170, 171; BVerfGE NJW 2000, 200; OLG Bremen StV 1999

Die Beleidigung wird auch gerne darauf gestützt, dass es sich um den Vorwurf einer Straftat handelt und "wenn man jemanden eine Straftat vorwirft, dann ist das eine stets strafbare Formalbeleidigung" (So auch ein entsprechend beleidigter Richter als Zeuge am LG-Coburg mit Zustimmung der Strafrichterin. Wenn man dem folgt, dann müssten doch auch alle Strafrichter und Staatsanwälte eingekastelt sein als Berufsbeleidiger.).
"Allgemein gesprochen: Jede unzulässige richterliche Rechtsfortbildung ist objektiv Rechtsbeugung! "
https://www.rewi.europa-uni.de/de/lehrstuhl/sr/krimirecht/lehrstuhlinhab...
Demgemäss hat man einem Richter damit ja auch noch nicht vorgeworfen auch den subjektiven Tatbestand zu erfüllen.

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"Freisler" ist begrifflich in der Branche offensichtlich ein Trigger, der bei Juristen den völligen Verlust der Sachbezogenheit zur Folge haben kann.

Es gibt "Trigger", die sich nicht nur für Juristen, sondern für jeden anständigen Zeitgenossen verbieten, sofern er während der Zeit nach dem Krieg etwas hinzugelernt hat. Dazu gehören Freisler-Vergleiche, Holocoust-Leugner und Forderungen nach Endlösungen etc., und seien diese "Trigger" angeblich noch so "sachbezogen". Ist das bei Ihnen noch nicht angekommen?

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"Erst durch Weglassen dieses wichtigen Kontextes wirkt die Bezugnahme vollkommen überzogen und unangemessen."

Roland Freisler hat etwa 2600 Todesurteile (mit-) gefällt.

Ich kann mir keinen(!) Kontext vorstellen, in dem eine wie auch immer geartete Bezugnahme auf Freisler nicht unangemessen ist.

Es ist befremdend zu lesen, dass man eine Bezugnahme auf Freisler für "angemessen" empfinden kann.

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Was Sie bei Ihrem moralisieren nicht berücksichtigen, ist, dass Freisler, Hitler und andere Verbrecher keine außerirdischen Aliens oder irgendwelche Mutanten waren, sondern soziale Produkte der gesellschaftlichen Verhältnisse und Strohmänner der Machteliten in Deutschland und der Welt waren. Das entlastet diese brutalen Menschen nicht, aber den Blick für die gesellschaftlichen Bedinngungen und Profiteure sollte man nicht aus den Augen verlieren. Die Akte Rosenburg wurde erst vor kurzer Zeit veröffentlicht und es gab unter Juristen sicherlich nicht nur Erleichterung darüber, das dieses Kapitel der Verleugnung von Unrecht durch die Justiz nach 45 endlich mal aufgearbeitet wurde. Wo war da Ihre Entrüstung in der ganzen Zeit der Verharmlosung, Rechtfertigung und Verdrängung von NS-Unrecht durch die Justiz. Worum es geht ist doch klar: Rechtsstaatlichkeit ohne jede Einschränkung muss für Juristen innere und äußere Verpflichtung sein, alles Andere driftet ins Unrecht, letztlich zu "Freisler". Das erfüllt sich nicht durch moralischen Impetus, sondern durch sorgfältige und ernsthafte Einhaltung der Grund- und Menschenrechte. Dazu gehört bei aller begründeten Betroffenheit und Kritik, dass der "Freisler-Vergleich" im konkreten Kontext zumindest strafrechtlich nicht justiziabel ist. Warum ein gestandener Jurist dazu kommt, in einer Prozesssituation zu solch einem harschen Mittel zu greifen, scheint Sie aber gar nicht zu interessieren. Ich halte das aber für sehr wichtig, unabhängig davon, ob die Reaktion entschuldbar sein kann. Es gibt gerade im Strafrecht viele Fälle die unentschuldbar sind und trotzdem muss auf Ursachen und Kontext geachtet werden.

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Aber rechtlich korrekt in einem korrekten sozialen matteriellen Rechtsstaat. Es war ihm keine Rechtsbeugung nachzuweisen und er wäre nach dem Krieg sehr sehr wahrscheinlich wieder in den Justizdienst übernommen worden.
Es geht auch nicht um die Gewalthöhe, denn heute sind Todesurteile nicht mehr zulässig und daher kann sich der Vergleich nicht darauf beziehen, weil die Richter auch nicht dafür kritisiert werden. Es geht um die Verhältnismässigkeit in der Rechtsfindung.

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Warum ein gestandener Jurist dazu kommt, in einer Prozesssituation zu solch einem harschen Mittel zu greifen, scheint Sie aber gar nicht zu interessieren.

Die Erklärung ist ziemlich einfach: Immer, wenn jemand in einer Auseinandersetzung oder Diskussion zu Hitler- oder Freisler etc.-Vergleichen greift, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass er die Auseinandersetzung schon verloren hat und sie auch verloren gibt.

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Was soll das sein, eine persönliche Moralvorstellung, eine Rechtsauffassung oder ein Gesetz? Verstehen Sie mich nicht falsch, als Moralvorstellung kann ich das gut nachvollziehen, als Rechtsauffassung aber nicht. Ein entsprechendes Gesetz ist mir unbekannt. Das muss nichts heißen. Sie könnten mich dazu aufklären. Wenn Sie sich aber moralisch über Recht und Gesetz erheben wollen bzw. das vom gesetzlichen Richter erwarten, dann sollten Sie sich mit den Ursachen und die Entstehungsgeschichte der NS-Justiz und deren Verharmlosung in der BRD-Justiz etwas genauer befassen.
 

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Wenn Sie sich aber moralisch über Recht und Gesetz erheben wollen bzw. das vom gesetzlichen Richter erwarten, dann sollten Sie sich mit den Ursachen und die Entstehungsgeschichte der NS-Justiz und deren Verharmlosung in der BRD-Justiz etwas genauer befassen.

Wer bin ich, dass ich mich moralisch über Recht und Gesetz erheben wollen würde oder das vom gesetzlichen Richter erwarten würde? Ein solches Recht gibt dem gesetzlichen Richter und mir auch nicht die Befassung "mit den Ursachen und die Entstehungsgeschichte der NS-Justiz und deren Verharmlosung in der BRD-Justiz". Ein solches Recht hat niemand, auch wenn er sich noch so sehr mit der NS-Justiz oder sonstiger Unrechtsjustiz "auseinandersetzt" und deshalb vielleicht meint, er bewege sich intellektuell auf einer höheren Stufe als Recht und Gesetz und schwebe gottgleich über diesen Niederungen.

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Es spricht erst einmal sehr viel dafür, dass dem so ist. "Jeder" geht sicher etwas zu weit. Wenn jedes Jahr mehr als eine Million Zivilsachen in Deutschland neu anhängig werden, seit Bestehen der Bundesrepublik jedenfalls mindestens zwischen 50 bis 100 Millionen Rechtsstreite, sich nicht einmal 10 reale Fälle von Rechtsbeugung in Zivilsachen finden, aber in die Ziviljustiz betreffenden Diskussionsforen in doch erheblichem Umfang immer wieder Rechtsbeugungen behauptet werden, dann liegt die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit einer solchen Behauptung in einem vernachlässigbar geringen Bereich.

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Eine Million Zivilsachen ist nicht identisch mit einer Million Lebenssachverhalten vor Gericht. Leider gibt es zur Verfahrensvermehrung wie auch zu objektiv unbegründeten Verfahrensfehlern keine Statistiken. Die Diskrepanz zwischen Verurteilungen und Behauptung von Rechtsbeugung kann verschiedene Ursachen haben. Eine ist objektiv dokumentiert, Kollegialgerichte gehen bei Rechtsbeugung nach h.M. faktisch straffrei aus. Eine Weitere ergibt sich daraus logisch. Wenn in der 1. Instanz willkürliche Rechtsfehler auftreten, wird der Betroffene von seltenen Ausnahmen abgesehen, zunächst auf die 2. Instanz hoffen. Dort trifft er häufig auf Kollegialgerichte, die faktisch straffrei gestellt sind. Es muss schon extrem viel verfehlt werden und öffentlicher Druck hinzukommen, bis zum Verdacht der Rechtsbeugung ermittelt wird. Insbesondere wenn 4 oder mehr Richter über mehrere Instanzen involviert sind. Die bisher aufschlussreichsten Arbeiten zum Phänomen der extrem seltenen Straftat Rechtsbeugung kommt von erfahrenen und anerkannten Juristen.

Die statistische Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit einer Behauptung ist für die Bewertung einer einzelnen konkreten Sache vollkommen irrelevant. Nach Ihrer Masche (von Methodik kann ja keine Rede sein) müssten auch die Behauptungen zu den von Ihnen selbst angegebenen 10 realen Rechtsbeugungsfällen unrichtig sein. Das mag von Ihnen keine Absicht sein, aber es ist schlicht untauglich, was Sie sich zusammenbasteln.

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"Eine Million Zivilsachen ist nicht identisch mit einer Million Lebenssachverhalten vor Gericht. "

Wenn sie "neu anhängig" werden, wie Herr Schulze schreibt, dann ist genau das der Fall: Eine Million Zivilsachen sind identisch mit einer Million Lebenssachverhalten. Davon abziehen dürfen Sie dann die Klagerücknahmen die dann innerhalb eines Jahres ein weiteres Mal anhängig gemacht werden. Die Anzahl dieser Fälle dürfte im Promillebereich liegen und zu vernachlässigen sein.

Insofern ist Ihre o.g. Behauptung falsch.

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Die Beantwortung wäre etwas komplexer und ist auch noch nicht ganz ausgereift. Sie würden mir sicherlich VT unterstellen. Bleiben Sie bei falsch und ich warte noch, bis mal eine Akte Verfahrensvermehrung / Pebb§y diskutiert wird. Ich gehe dvon aus, dass das unvermeidbar ist. Verfahrensleitende Entscheidungen sind entscheidungserhebliche Rechtsfragen und zugleich Mittel der Beeinflussung von Erledigungszahlen an den Gerichten. Soviel kann man wohl unbestreitbar behaupten.

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Oder die Rechtsbeugung wird aus gewissen Gründen (mit Rechtsbeugung) nicht verfolgt:

Richter fälscht Urteil und Protokoll – und erhält Freispruch, „Ansonsten wären alle Richter schon vom Dienst entfernt“, 25.06.2014
…Daraufhin fälscht der Richter mit Kugelschreiber zwei Urkunden: das maschinengetippte Protokoll des Prozesses und den Aktendeckel, auf dem er handschriftlich den verlesenen Urteilstenor vermerkt hatte. …
http://www.rhein-zeitung.de/region/lokales/neuwied_artikel,-richter-fael...

 
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"Verfahrensleitende Entscheidungen sind entscheidungserhebliche Rechtsfragen und zugleich Mittel der Beeinflussung von Erledigungszahlen an den Gerichten. Soviel kann man wohl unbestreitbar behaupten."

Mir gegenüber können Sie das "unbestreitbar" behaupten. Schon allein aus dem Grund, weil ich keine Ahnung habe, was Sie damit meinen/ sagen/ argumentieren wollen.

Können Sie es erklären?

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Haben Sie das Bedürfnis, die Intention eines Rechtslaien mit Einblicken in die Praxis zu verstehen?

Nehmen wir das einfach mal an. Eine Zivilsache wird von Amts wegen, auf Antrag oder durch Rechtsbehelf anhängig. Zum Teil sind die Verfahrensregeln für die Zuständigkeit, die Form der Einleitung eines Verfahrens und Zuordnung von Anträgen und Rechtsbehelfen zu Verfahren eindeutig. Sie werden jedoch von den Gerichten nicht immer beachtet oder richtig umgesetzt. Regelwidrige Abläufe befördern auch falsche oder fehlende Rechtsmittelbelehrungen, fehlerhafte Reihenfolgen von Verfahrenshandlungen und das schlichte Übersehen von notwendigen Schritten. Dies führt neben dem Durcheinander auch mal zur Vermehrung der Verfahren in der gleichen Sache, insbesondere wenn der Rechtsuchende mit wiederholenden oder ergänzenden Einwänden vergeblich den gesetzlich geregelten Verfahrensweg irgendwie durchsetzen will. Natürlich treffen Unerfahrene dazu auch nicht immer die perfekte Wortwahl, was bei den Regeln zu frühen gerichtlichen Hinweisen und den Auslegungsanforderungen in der ZPO eigentlich kein Problem sein sollte. Zumal in diesen Fällen das Durcheinander ja vom Gericht verursacht wurde.  Das Ganze kann sich zu einem monströsen Quirl von Zivilsachen mit gleichem Gegenstand bzw. Lebenssachverhalt auswachsen. Andere Verfahrensabläufe sind gesetzlich nicht so eindeutig geregelt, so dass sich die Möglichkeiten des Ausuferns und der ständigen Korrekturen und Neuanläufe durchaus noch potenzieren können.

Richter, die den Verfahrensweg und die Sache akkurat abwickeln, bearbeiten je Verfahren einen neuen Gegenstand und den abschließend. Dann steht ein neuer Fall zur Bearbeitung an. Natürlich läuft tatsächlich Vieles parallel. Weniger sorgfältige Richter könnten ihren Quirl der unstruktuierten Handlungen zu einer Sache auch in einem Verfahren abwickeln, bräuchten aber für das Verfahren erheblich mehr Zeit. Wenn es auf die Erledigungszahlen/Pensen ankommt, kann oder muss also jede nur entfernt denkbare Gelegenheit zur Verfahrensmehrung genutzt werden. Möglichst jeder Antrag und jeder Einwand erzeugt ein neues Verfahren, eine neue Zivilsache. Das Phänomen nenne ich deshalb Verfahrensvermehrung. Die Crux ist letztlich, dass der Vermehrende sein zahlenmäßiges Pensum deutlich erhöhen kann und zudem den erhöhten Aufwand der Einarbeitung in neue Sachverhalte und Rechtsfragen einspart. "Wer schreibt, der bleibt" heißt ein Sprichwort.

Natürlich gibt es das Phänomen wie auch Rechtsbeugung nur als eher theoretisch denkbare Möglichkeit, denn kein überarbeiteter Richter mit freier Zeiteinteilung würde tatsächlich zu solchen Mitteln greifen. Davon bin ich so überzeugt, dass ich wie auch bei der Rechtsbeugung von einer Nullhypothese ausgehe, die allerdings explizit zu widerlegen ist. Aber das geht leider nicht mit Statistik, nicht mit verinnerlichtem Glauben oder der schlichten Behauptung "iss halt nich so".

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"Eine Zivilsache wird von Amts wegen, auf Antrag oder durch Rechtsbehelf anhängig. Zum Teil sind die Verfahrensregeln für die Zuständigkeit, die Form der Einleitung eines Verfahrens und Zuordnung von Anträgen und Rechtsbehelfen zu Verfahren eindeutig. Sie werden jedoch von den Gerichten nicht immer beachtet oder richtig umgesetzt. "

Ich nehme diese beiden ersten Sätze zur Sache und frage Sie: Wie wird eine Zivil(!)sache von "Amts wegen" anhängig? Was ist darunter zu verstehen?

Die "Verfahrensregeln" sind nicht für die Zuständigkeit da. Für die Zuständigkeit gibt es Regeln zur Zuständigkeit.

Und was hat man unter "Zuordnung von Anträgen" zu verstehen?

Wenn man nun all diese Begriffe offenkundig nicht versteht, sie falsch verwendet und wild durcheinander würfelt (letzte Frage) wie will man dann "wissen", ob Verfahrensregeln nicht beachtet wurden?

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Haben Sie die letzte Frage an sich selbst gerichtet?
 

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Gehört das alles irgendwie ansatzweise zum Thema? 

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Es gibt aus meiner Sicht 2 Bezugspunkte dazu:

1. Der beteiligte RA im besprochenen Fall hatte gegen einen Zivilrichter den Vorwurf der Rechtsbeugung erhoben und berief sich dazu auf eine grob falsche Verfahrensführung des Richters. Gegen die Unterlassung von Ermittlungen strengte der RA ein Klageerzwingungsverfahren an, in deren Zusammenhang er weitere Rechtsbeugungsvorwürfe erhob und sich im Gegenzug den Vorwurf der Beleidigung wegen "Freisler-Vergleich" einhandelte. Von diesem Vorwurf wurde er mit der hier besprochenen Entscheidung freigesprochen. Ohne den zulässigen Kampf ums Recht im Zusammenhang mit der Zivilsache wäre es wohl bei der Verurteilung wegen Beleidigung geblieben. Die Sichtweise des Freigesprochenen finden Sie im Profil von RA Würdinger.

2. In der Diskussion wurde die These aufgestellt, dass es trotz ca. 1 Million neuer Zivilsachen jährlich nur ca. 10 echte Rechtsbeugungsfälle über die Jahre gab. Daraus wird statistisch geschlossen, das Rechtsbeugungen in Zivilsachen extrem selten sind und Vorwürfe zu Rechtsbeugung mit hoher Wahrscheinlichkeit unbegründet sind. Dazu gibt es Einwände. So zur Genese und Wertung der Fallzahlen, als auch zur Anwendung von Statistik für die Bewertung eines konkreten Falls.

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Hallo in die Blogleserrunde - wie so oft bei strafrechtlichen Problemen mit politischem Hintergrund ist die Sache entglitten. Sicherlich liegt das teils auch an der  knackigen Anmoderation des Beitrags. Aber irgendwie möchte ich mich da auch nicht zu sehr verstellen. Wenn in den letzten Tagen Postings wieder gelöscht wurden, so mögen dies manche Leser als Zensur begreifen. Ich kann versichern, dass das nicht der Fall ist und bin mir bewusst auch hierfür wieder Kritik einstecken zu müssen.  Viele der Postings sind aber auch in ihren Formulierungen derart drastisch, dass sie nicht mehr nur als überspitzte Kritik durchgehen. Ich hoffe, dass wir hier alle zu einer geordneten Diskussion zurückfinden können. Dafür ist das Blog ja da.  

Das Problem ist nicht, dass es hier einen "politischen Hintergrund" gibt, sondern dass ein community-Mitglied  den beck-blog seit einiger Zeit nutzt, um die Geschichte seiner zahlreichen gerichtlichen Niederlagen - und eines Erfolges, was den Freisler-Vergleich angeht- auszubreiten,  den hieran beteiligten Richtern und Staatsanwälten Straftaten unterstellt ("seit 2010 kriminell und korrupt", siehe die letzten Zeilen seines Profils) und in seinem Profil u.a. auch noch (ggf. entgegen den Nutzungsbedingungen?)  sein gerade in Arbeit befindliches Buch bewirbt. 

Und der beck-blog hat offenbar gar kein Problem damit, für diese Selbstinszenierung eines  Rechtsanwalts nebst Diffamierung der an den Entscheidungen Beteiligten kostenfreien webspace bereit zu stellen.

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Sehr geehrter gastleser,

vielen Dank für diesen Hinweis, den wir sehr ernst nehmen. Da wir wissen, welchen Nutzer Sie meinen, werden wir das prüfen und ggf. entsprechende Konsequenzen ziehen.

Mit freundlichen Grüßen
Stephan Lahl
Community-Manager
Verlag C.H.BECK

Das mag zwar alles sein. Die obige Revisionsentscheidung ließe sich aber doch problemlos bezüglich eines beliebigen Angeschuldigten (Ich glaube, das dürfte die richtige Bezeichnung sein, denn der Senat spricht vom Angeklagten) besprechen, der Rechtsanwalt ist (steht im Urteil). Oder nicht? Es interessiert doch nur das, was im Urteil steht, sonst nichts.

 

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Sehr geehrter Herr Richter am AG Krumm, sehr geehrte Blogteilnehmer als Juristen und Laien,

eine vollendete und rechtskräftig abgeurteilte Rechtsbeugung als Straftatbestand gemäß dem § 339 StGB kommt in der Praxis selten vor, aber was heißt das denn wirklich?

Das heißt, sie war in einem Ermittlungs- und Strafverfahren mit einer für eine Verurteilung zu mindestens 1 Jahr Strafhaft ausreichender Sicherheit nicht beweisbar gewesen.

Das wäre dann definitionsgemäß das "Hellfeld" in der Statistik der Strafurteile zu diesem § 339 StGB, aber interessant ist auch m.E. immer das "Dunkelfeld" noch dabei, und zu jedem "Hellfeld" bei Straftaten gibt es doch auch immer ein "Dunkelfeld", für jeden Strafrechtler oder Kriminologen keine Neuigkeit.

GR

 

Das sollte einem entsprechend zu Denken geben, weil wie soll das ohne absichtliche Rechtsbeugung gehen:
Fall Maquardt: Forensiker Mark Benecke fordert Glaubhaftigkeitsgutachten, Justiz geht über Leichen um keine Fehler zugeben zu müssen
(Das habe ich auch schon mehrfach erlebt besonders in Zivilverfahren und es ist keine Entscheidung zu dumm um nicht kollegial abgedeckt zu werden besonders, wenn man Rechte als Nichtjurist geltend macht. Einem Nichtjuristen Recht zu geben stellt für ca. 80% der Richter eine Beleidigung dar.)

Etwa 360 Menschen werden in Deutschland täglich zu unrecht strafrechtlich verurteilt und etwa 4000 Menschen sitzen zu jeder Zeit unschuldig im Gefängnis. Zuzügl. derer im Massregelvollzug.

800000 erledigte Strafverfahren in Deutschland und nur 90 Wiederaufnahmen, Keinerlei Einsicht.

Und dann gibt es noch den bekannten Fall Witte und Becker in denen die Staatsanwaltschaft wusste, dass die Inhaftierten unschuldig sind und hat es verschwiegen. Geschehen ist natürlich nichts.

„Dass die Rechtsbeugung ein sehr selten begangenes Delikt sei, wird oft behauptet, ist aber leider eine schon nicht mehr fromme Selbsttäuschung; richtig ist, dass sie nur selten strafrechtlich verfolgt und noch seltener rechtskräftig verurteilt wird."
Leipziger Kommentar (zum Strafgesetzbuch), 10. Auflage 1982, § 336 StGB (Rechts-Beugung; jetzt § 339), Rdnr. 3

Und was soll man davon halten:
Ja, informelle Deals, also solche ohne Aufnahme ins Gerichtsprotokoll, hätten sie schon abgeschlossen. Ihr Mandant habe auch auf Rechtsmittel verzichtet. Wenn die Absprache nicht dokumentiert sei, sei ja nicht nachzuweisen, dass dieser Verzicht unwirksam ist. …Ja, man habe auch schon Geständnisse von Mandanten verlesen, von denen man wusste oder zumindest ahnte, dass diese falsch seien, damit sich das Strafmass im verabredeten Rahmen hielt.
Wer dealt, sündigt nicht Unter Druck: Die Praxis wird sich um die Karlsruher Entscheidung kaum scheren / Von Helene Bubrowski, Frankfurter Allgemeine Zeitung

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Und wie so oft, habe ich auch hier wieder einen kleinen Fehler eingebaut für gewisse Puristen:

Das heißt, sie war in einem Ermittlungs- und Strafverfahren mit einer für eine Verurteilung zu mindestens 1 Jahr Strafhaft ausreichenden (!) Sicherheit nicht beweisbar gewesen.

(Beste Grüße an diese Puristen)

GR

Ich finde die o.g. Entscheidung richtig und auch in sich schlüssig nachvollziehbar.

Ein gutes Urteil, das der Ehre der Justiz gereicht.

Was allerdings in den Kommentaren hinsichtlich der Problematik der Rechtsbeugung so aufgeworfen wird, da erlaube ich mir die Feststellung, dass ich für meinen Geschmack genügend Entscheidungen von Richtern gelesen habe, die in der Sache -also im Erfolg- zwar richtig waren, aber in der Herleitung so jämmerlich kreuz daneben, dass es kracht.

Aber wenn ich gewinne...who cares? Soll das jetzt auch als Rechtsbeugung herhalten?

Am meisten Freude macht es mir, wenn Teile meiner Schriftsätze vom Gericht per copy paste in die Urteilsgründe einfliessen, natürlich nicht ohne sinnentstellende Zusätze, die das Plagiat verdecken sollen.

Ein heutiger Richter sieht seinen Beruf als Job. 

Die schlagen die Akte auf und haben ein Prüfungsschema für das Urteil vor Augen.

Meine einzige Lösung ist, massiv mehr Richter einzustellen. Die Belastung muss runter. Und zwar soweit runter, dass der Begriff "Routine" keine Chance hat.

 

 

 

Meine einzige Lösung ist, massiv mehr Richter einzustellen. Die Belastung muss runter.

Ich weiß nicht, ob das hilft. An der Belastung liegt es wohl nicht, wie man seit Wagner, Ende der Wahrheitssuche, weiß. Meine Meinung ist: Ethos muss her! Ohne Ethos sind Richter nicht mehr, als eine bessere Form von Straßenkehrern, die den Müll der Wohlstandsgesellschaft entsorgen.

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Sie nehmen aber nicht alles von Wagner für bare Münze? Dann müsste es wegen seines Buchs über die Anwaltschaft ja auch vehemente Forderungen nach der Begrenzung diverser lukrativer Geschäftsmodelle geben....

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1) Zumindest liegt es häufig auch an der Überlastung. Am Landgericht fängt es häufig schon an, dass es verschiedene Kammern für verschiedene Rechtsgebiete gibt zB. eine Kammer für Handelsrecht, der dann bestimmte Fachgebiete zugewiesen werden. Alle die rechtlichen Fachgebiete muss ein Amtsrichter alleine beherrschen.
Zusätzlich besteht oft gerade in den unteren Instanzen ein massives Zeitproblem. In Bayern haben Richter teilweise nur 6 Minuten Zeit um einen Durchsuchungsbeschluss komplett zu bearbeiten. Da könnte man auch bereits anfangen sich Gedanken über Rechtsbeugung zu machen. Die Erledigungsziffer wird in der Justiz gerne als Beförderungskriterium angesehen.

Ethos fehlt manchmal auch aber wenn der eben gar nicht gewünscht ist.... und dann nimmt der halt auch immer mehr ab.

Da könnte ich jetzt aber einen Roman schreiben allerdings ging es ja aber nicht um Justizverbesserungen:
2) Pflichtverteidigung: http://www.sueddeutsche.de/politik/gastkommentar-wie-bei-kafka-1.3100337
3) Beleidigungsverfahren gegen Richter werden fast immer am Ort der Tat von den familiären Richterkollegen verhandelt. Wenn aber gegen einen Richterkollegen entschieden werden müsste, dann haben sich schon die Richter eines ganzen Gerichts mal abgelehnt oder der Fall wird an eine anderer örtliche Staatsanwaltschaft abgegeben.
4) Befangenheitsanträge werden häufig ebenfalls von direkten Kollegen beschieden und denen möchte man verständlicherweise kein Ungemach bereiten.
5) Nur in Hessen gibt es ein Nebentätigkeitsregister in denen Richter ihre Nebentätigkeiten gewissermassen freiwillig eintragen können. In Bayern teilte man mir mit, dass diese dort geheim sind. Richterliche Unabhängigkeit und Nebentätigkeiten: http://www.justizgeschaedigte.de/?page_id=193
6) Die Reisekostenerstattung für Mittellose Menschen ist zumindestens an manchen Gerichten kathastrophal zumindest in Bayern. Die Landesjustizminister wollen kein einheitliches Formular machen, damit das auch manche Richter verstehen können.
Daher habe ich eine Petition eingereicht (Bundestag, Referat Pet 4 BMAS (Arb.), BMJV, BMZ, Pet 4-18-07-36-028633). Der Bundestag hielt das Reisekostenentschädigungsverfahren für einfach. Bis ich denen erklärt habe, dass diese es selbst nicht verstehen und es daher nur für einfach halten.
7) Wesentliche Verbesserungen bei der Protokollierung von mündlichen Gerichtsverhandlungen.
8) Der Umgang mit justizgeschädigten Menschen, die es nicht gibt, lässt einen manchmal regelrecht erschrecken, weil es die nicht gibt.
9) In Bayern ist sogar ein "Systemfehler" ausdrücklich gewünscht: Der Spiegel "Systemfehler": http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-123856912.html

Vor etwa 10 Jahren habe ich mal eine lange Liste gemacht, die ich seitdem nicht mehr gebraucht habe. Wer das wissen will?
Um Fehler zu beseitigen und zu verbessern muss man diese erstmal aufführen und nachweisen und je schlimmer die Missstände sind, die sie aufführen um so weniger sind Sie ein "Justizfreund" und erleben Dinge, dass ihnen hören und sehen vergeht, weil man die dann manchmal auch nicht mehr als "überpointierte Kritik" abhaken kann.

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Seine Meinung deutlich zu sagen, geht auch ohne Freisler-Vergleich, vgl.:

„Der Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht P. glich dann schon dem, was ich als ,Musikantenstadl‘ bezeichnen möchte. Kein vernünftiges Eigenargument auf Seiten des Richters, aber eine ,Gesamtsicht der Dinge‘. Es wird mir ein ewiges Rätsel bleiben, wie es möglich ist, dass aus nicht einem einzigen stichhaltigen Argument eine ,stichhaltige Gesamtsicht‘ zusammengenäht - halt besser: zusammengeschustert - wird. (...)“.

Das BVerfG hat eine darauf gegründete Verurteilung wegen Beleidigung in diesem Fall natürlich aufgehoben.

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Gast schrieb:

Seine Meinung deutlich zu sagen, geht auch ohne Freisler-Vergleich, vgl.:

„Der Verlauf der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht P. glich dann schon dem, was ich als ,Musikantenstadl‘ bezeichnen möchte. Kein vernünftiges Eigenargument auf Seiten des Richters, aber eine ,Gesamtsicht der Dinge‘. Es wird mir ein ewiges Rätsel bleiben, wie es möglich ist, dass aus nicht einem einzigen stichhaltigen Argument eine ,stichhaltige Gesamtsicht‘ zusammengenäht - halt besser: zusammengeschustert - wird. (...)“.

Das BVerfG hat eine darauf gegründete Verurteilung wegen Beleidigung in diesem Fall natürlich aufgehoben.

Natürlich geht es auch ohne Freisler-Vergleich. Aber es geht auch mit.

Das Recht, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisieren zu können, gehört zum Kernbereich der Meinungsfreiheit, weshalb deren Gewicht insofern besonders hoch zu veranschlagen ist (vgl. BVerfGE 93, 266 <293>). Die Meinungsfreiheit erlaubt es insbesondere nicht, den Beschwerdeführer auf das zur Kritik am Rechtsstaat Erforderliche zu beschränken und ihm damit ein Recht auf polemische Zuspitzung abzusprechen.

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Wird einem Richter vorgeworfen, er handle wie Freisler oder sei gar noch schlimmer, geht das Herabwürdigende weit über Formalbeleidigungen wie "Vollidiot" oder "Hurensohn" hinaus.

Polemische Zuspitzung? Wenn man das in Bayern so sehen kann...

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Das sagt jetzt einer, der genau das gleiche wie damals heute staatlich praktiziert oder es praktizieren würde, denn die Beleidigung ist auch das Mittel zum ehemaligen und heutigen Zweck um die Wahrheit zu verhindern und je schlimmer die Wahrheit ist um so weniger darf diese gesagt werden, weil sie die Akteure um so mehr beleidigt. In der Justiz kommt man dann aber gar nicht auf den Gedanken dort etwas daran zu ändern, sondern man verfolgt die Opfer, die sich darüber beschweren.
Der in der Aussage steckende Wahrheitsgehalt wurde entsprechend auch erst gar nicht untersucht.

Roland Freisler hätte man nach dem Krieg sehr sehr wahrscheinlich wieder in den Justizdienst übernommen. Aus dem Grund hat man seine Witwe mit einer höheren wohlverdienten Rente ausgestattet, denn ihr Mann hätte in der BRD seine Justizkarierre forgesetzt.
Auch der von Roland Freisler im Jahr 1941 formulierte Mordparagraf um einen biologischen Tätertypus als das "Subjekt" und als Insekt festzustellen wird bis heute verwendet. Die Nazijuristen hatten auch den minderschweren Fall des Mordes eingeführt aber die BRD hat das 1953 gestrichen. Seitdem gibt es im Falle des Mordes nur noch Mord und keine entsprechende individuelle Tatbestandszumessung mehr. Auch manche BGH Richter sind stetig seit damals bis heute strickt dagegen den Mordparagrafen zu reformieren also seit 70 Jahren!

Es gibt höher gestellte elitäre Juristen und weit niedere Menschen, die auch wörtlich "nichts" Wert sind bei der Mehrzahl der Staatsjuristen und die daher auch keine Grund- und Menschenrechte haben, denn die stehen ihnen nicht zu und diese können von ihnen in der Justiz auch nicht geltend gemacht werden. Je sozial schwächer um so weniger Rechte im Durchschnitt und um so mehr "NICHTS" im Ansehen der Person. Der Amtseid ist ohnehin nur so dahingesagt ("Nur so dahingesagt", Der Spiegel 44/2000). Das ist bis heute so geblieben zB. http://wp.me/p5OHH0-2kV

Richter Nescovik, BGH: „...Die Sonderrichter im Dritten Reich sind mit demselben Qualifikationsbegriff groß geworden wie die Richter von heute.“

Na, dann wird es wohl irgendjemand tatsächlich auch sein.

"Erben der Firma Freisler", Henryk M. Broder über deutsche Gerichte
Er wurde in Frankfurt wegen Beleidigung freigesprochen, weil gerade die Justiz nicht aus der Heilsarmee entstanden ist. Es wurde sogar der in der Aussage steckende Wahrheitsgehalt untersucht und aufgrunddessen war bereits ein Freispruch gegeben.

Der Richter muß den Wahrheitsgehalt einer beanstandeten Aussage prüfen… Wahre Aussagen sind … hinzunehmen.“  (BVerfG in 1 BvR 232/97 vom 12.11.2002)

Abschiebemaßnahmen mit „Gestapo-Methoden“ zu vergleichen, hat das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet (NJW 1992, S.2815 f.).

Vergleich eines Polizeiverhaltens mit SS-Methoden hält sich noch im Rahmen der Meinungsfreiheit.
OLG Frankfrut, Beschl. v. 20.03.2012 – 2 Ss 329/11

„Das ihre Amtsvorgänger die Rassegesetze gegen die Juden rechtssicherer angewandt haben.“
stellt gemäss dem OLG Hamm, Beschl. v. 14.08.2014 – 2 RVs 29/14 keine Beleidigung dar.

http://blog.justizfreund.de/bverfg-aeusserung-durchgeknallter-staatsanwalt-stellt-nicht-zwingend-eine-beleidigung-dar

Es kommt immer auf den Kontext etc. an:
Dabei  sind  alle  Umstände  der  Äußerung  in  Betracht  zu  ziehen,  also  neben  ihrem  Wortlaut  auch  ihr  Anlass  und  der  gesamte  Kontext,  in  dem  sie  gefallen  ist  (ihre  „Einbettung“,  vgl.  BVerfG  NJW  2005,  3274,  3275;  OLG  Düsseldorf  NStZ-RR  2006,  206),  sowie  die  weiteren  Begleitumstände  (vgl.  BVerfGE  93,  266,  295  =  NStZ  1996,  26,  27).

Und mit etwas Glück hätte man Roland Freisler später auch noch ein Bundesverdienstkreuz verliehen zB.
1)  Orden für Justizminister Gaul
Gerhard Gaul hat Menschen ermorden lassen Nazi-Richter Gerhard Gaul verurteilte einen Kriegsdienstverweigerer so zum Tod:
"Asoziale Elemente wie der Angeklagte müssen rücksichtslos ausgemerzt werden."
1967 wird Jurist Gerhard Gaul schleswig-holsteinischer Justizminister (CDU). Er tritt vehement gegen die Verlängerung der Verjährung für NS-Verbrechen ein. 1972 erhält er das Große Bundesverdienstkreuz am Bande.

2) Österreichischer Ex-Justizminister Tschadek mit 28 Ehrenbürgerurkunden, Ehrenbürger von Kiel, Grossem goldenen Ehrenzeichen der Republik, vom Papst persönlich verliehenem Gregoriusoden der katholischen Kirche war ein „Blutrichter“ der NS-Justiz in Norddeutschland

Ich habe natürlich noch viel mehr entsprechenden explosiven Veröffentlichungsstoff, dessen Veröffentlichung aber wegen der Explosionsgefahr nicht gerne gesehen wird.

Warum sollte also der Vergleich mit einem hochelitären Richter, dessen hoch rechtswissenschaftlich ausgearbeiteter Mordparagraf bis heute verwendet wird und der in der BRD-Justiz weiter Karriere gemacht hätte und der evtl. noch ein Bundesverdienstkreuz erhalten hätte, eine Beleidigung darstellen?

In dem Fall bezeichnete der Richter das Vorgehen seiner vorhergehenden Kollegen als "Nazimethoden" (Die beweisbare Rechtsbeugung eines Richters, die zusätzlich dabei verwirklicht wurde ist nie verfolgt worden):
OLG Frankfurt vom 18. Juni 2007 (Aktenzeichen 20 W 221/06)
Ich schätze wenn das ein Richter macht, dann ist das von vornherein keine Beleidigung.

Unter Berücksichtigung aller Umstände geht das Urteil so schon in Ordnung.

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Eine Anmerkung zu diesem interessanten Fall von einem Historiker: Vielleicht wäre es auch dienlich, wenn sich Juristen einmal mehr um die Aufarbeitung der Rechtsgeschichte im Dritten Reich kümmern würden, und zwar im Besonderen um den Anteil der Schuld der Richterkollegen Freislers  (z.B. Obergerichtsrat Laemmle) in den verschiedenen Senaten des Volksgerichtshofes sowie insbesondere um die Schuld des fanatischen Oberreichstanwaltes Lautz. Über diese Juristen gibt es nämlicih kaum bis gar keine Forschung, was nun einmal wieder die "Sonderstellung" oder das "Alleinstellungsmakel" von Freisler erklärt, den man in der Regel  als Einzigen, sein Name als Synonym für die verbrecherische NS-Justiz,  kennt, der nur deshalb als  vermeintlich schlimmster Blutrichter und Mörder in roter Robe in die deutsche Geschichte einging, weil seine Richtertiraden und Urteilsfindungen der Unmenschlichkeit im Film und auch stenographisch festgehalten wurden (Prozese ab September 1944-Anfang 45). Doch er war eben nur einer von vielen Richtern, Staatsanwälten und Beisitzern, die in den verschiedenen Senaten des Volksgerichtshofes "Recht" sprachen und ihm in nichts nachstanden. Bis heute existiert übrigens keine vollständige Bibliographie dieses furchtbaren Juristen von diabolischer Intelligenz, der es sich zur persönlichen Aufgabe gemacht hatte, Hitlers Wünschen, rücksichtslos gegen jegliche Regimekritik vorzugehen, vollkommen zu entsprechen und alle zum Tode zu verurteilen, die irgendwie eine dem Regime unliebsame Gesinnung oder kriegsmüde Gedankenwege zeigten. Er war somit aus seiner Sicht ein vollkommen ergebener, auf sich und seinen Fleiß (Publikationen & Urteile)  sehr stolzer Diener des damaligen Unrechtsstaates. Es wäre also angeraten, nicht so zu tun, als ob man alles wüsste und völlig im Bilde wäre, wenn der Name "Freisler" fällt. Hier ist noch enorme Aufarbeitung zu leisten, um diesen grausamen Richter endlich in das grauenvolle Gesamtbild der damaligen Justiz zu stellen. Er war nur einer von vielen, die noch heute ebenso Abscheu hervorrufen (wenn man deren Todesurteilsbegründungen liest) wie die Tatsache, dass die deutsche Justiz ihre finstere Vergangenheit bis heute unzureichend aufgarbeitet hat und nahezu niemand dieses zutiefst schuldig gewordenen Berufsstandes, kleinste Ausnahmen und mehr symbolisch anmutende Verurteilungen bestätigen die Regel, seit 1945 der NS-Justiz verurteilt wurde (z.B. Lautz und Laemmle, um nur die Bekanntesten (auch sie sind in den Filmen zu sehen) zu nennen). Dieselben unbekannten NS-Juristen dominierten auch im Nachkriegsdeutschland, staatstreu "im alten Geist" in Amt und Würden im Rechtssystem eines eigentlich geistig und juristisch demokratisch zu erneuernden Deutschland.

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