KG Berlin: Rennen ist Rennen! Auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit kommt es nicht an!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.07.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|2228 Aufrufe

Na, das Fahrzeugrennen nach § 29 StVO ist ein Auslaufmodell. Die Teilnahme an einem Rennen wird bekanntlich von der OWi zu einer Straftat. Die Begrifflichkeiten bleiben aber. Und die OLG-Rechtsprechung wird sicher auf die alte OWi-Rechtsprechung weiterhin zurückgreifen. Daher soll auch noch eine KG-Entscheidung zum Fahrzeugrennen hier dargestellt werden, die sich mit dem Begriff des Rennens befasst. Leitsatz: Ein Rennen mit Kraftfahrzeugen erfordert nicht die Erzielung von „absoluten“ Höchstgeschwindigkeiten. Es reicht vielmehr aus, dass die Kraftfahrzeugführer auf kurzer Strecke das Beschleunigungspotential ihrer Gefährte vergleichen.

In der Entscheidung heißt es:

Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen in Bezug auf beide Betroffenen ohne weiteres den objektiven Tatbestand eines „Rennens mit Kraftfahrzeugen“ (§ 29 Abs. 1 StVO), das hier nicht organisiert, sondern „wild“ stattgefunden hat und der Ermittlung desjenigen Fahrzeugs diente, das schneller beschleunigt. Ein Rennen mit Kraftfahrzeugen erfordert nicht die Erzielung von „absoluten“ Höchstgeschwindigkeiten. Es reicht vielmehr aus, dass die betroffenen Kraftfahrzeugführer das Beschleunigungspotential ihrer Gefährte vergleichen. Das Urteil schildert, die Betroffenen hätten sich – nach bereits vorangegangener undisziplinierter, aggressiver und in vielerlei Hinsicht verkehrsrechtswidriger Fahrweise durch Charlottenburg – mit ihren Fahrzeugen (beide: Audi A8) an einer Ampel auf der Straße des 17. Juni in einer „Startaufstellung“ nebeneinander aufgereiht und seien „gleichzeitig mit aufheulendem Motor und durchdrehenden Reifen losgefahren“ (UA S. 6), wobei sich der Betroffene X mit dem neueren Modell abgesetzt habe (UA S. 3). Nachdem auf diese Weise das schneller beschleunigende Fahrzeug ermittelt war, nahmen die Betroffenen „Gas weg“ (UA S. 3), um, nachdem sie sich erneut – allerdings nun fahrend – auf einer Linie befanden, „wiederum hörbar Vollgas“ zu geben und ihre Fahrzeuge auf ein Tempo zu beschleunigen, bei dem der Fahrer des verfolgenden Polizeifahrzeugs eine Tachogeschwindigkeit von 90 km/h ablas und sich der Abstand zu den Betroffenen noch erhöhte. Auch die Feststellungen zur inneren Tatseite tragen die Bewertung, die Betroffenen hätten kompetitiv gehandelt (zB UA S. 6: die „Reaktion der Fahrzeuge“ sollte „gegeneinander gemessen“ werden). 

KG Beschl. v. 7.6.2017 – 3 Ws (B) 117-118/17 - 122 Ss 64/17, BeckRS 2017, 113773

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