Deutsches Berufsverbot gegen niederländischen Tierhalter wirkt nur national – zu Recht (leider)

von Prof. Dr. Jose Martinez, veröffentlicht am 18.07.2017

In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hat der niederländische Landwirtschaftsminister Martijn van Dam Anfang Juli 2017 erklärt, dass ein in Deutschland verhängtes Berufsverbot gegen einen Tierhalter in den Niederlanden keine Wirkung entfalte und daher der Tierhalter seine Tätigkeit in den Niederlanden weiter oder neu ausüben könne. Hintergrund ist der bekannte Fall des niederländischen Tierhalters Straathof, dem gegenüber ein Verbot des Haltens und Betreuens von Schweinen ausgesprochen worden war. Dieses Verbot ist vom VG Magdeburg ((Urteil vom 04. Juli 2016 – 1 A 1198/14 –) und nachfolgend vom OVG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 04. November 2016 – 3 L 162/16 ) bestätigt worden.

Die behördliche Entscheidung im Fall Straathof sowie die nachfolgenden gerichtlichen Urteile haben die Entwicklung des tierschutzrechtlichen  Sanktionsrechts erheblich vorangebracht.  Grundlage des Haltungsverbots ist § 16a Satz 1, 2 Nr. 3 TierSchG. Danach hat die zuständige Behörde zur Beendigung festgestellter Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße gegen Tierschutzbestimmungen die notwendigen Anordnungen zu treffen; sie kann insbesondere demjenigen, der den allgemeinen Vorschriften zur Tierhaltung (§ 2 TierSchG) wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den Tieren erheblich oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden zufügt oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten und Betreuen von Tieren jeder Art untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begehen wird.

Die territorial auf das Bundesgebiet begrenzte Wirkung des Berufsverbots verdeutlicht die Grenzen  einer staatlicher Steuerung der Tierhaltung in Europa und zugleich die Umwucht der bestehenden Verteilung der Vollzugskompetenzen in der EU. Die Begrenzung ist erforderlich, da – dem normalen Vollzugsregeln  der EU folgend - der Vollzug des nationalen sowie auch des europäischen Tierschutzrechts  zunächst allein den Mitgliedstaaten obliegt. Bei den markteröffnenden Regelungen, wie z.B. den Grundfreiheiten, greift regelmäßig das Herkunftslandsprinzip. Danach ist eine Ware grundsätzlich in einem Mitgliedstaat zuzulassen, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat eine Zulassung bekommen hat. Anders ist dies allerdings im Ordnungs- und Sanktionsrecht geregelt. Soweit keine Vollharmonisierung erfolgt ist, obliegt es jedem einzelnen Mitgliedstaat Sanktionen zu verhängen, die auch nur national wirken. Im Tierschutzrecht hat die EU bislang nur Mindeststandards definiert und von einer Vollharmonisierung abgesehen. Daher ist die nationale Begrenzung nachvollziehbar, wenn die Sanktion auf der Nichtbeachtung höherer nationaler Standards beruht. Nicht nachvollziehbar ist indes die Begrenzung, wenn der europäische Mindeststandard nicht beachtet worden ist. Denn so wird  -wie im Fall Straathof - die Hintertür offengelassen, durch den Wechsel des Mitgliedstaates Berufsverbote zu umgehen. Der europäische Gesetzgeber ist daher gefordert, zumindest im Hinblick auf die bestehenden Mindeststandards auch das Sanktionsrecht zu harmonisieren und grenzüberschreitende Wirkungen von Berufsverboten vorzusehen.

Abschließend muss aber noch die Aussage des niederländischen Ministers dahingehend korrigiert werden, dass die Feststellungen der deutschen Behörden zum Verhalten des niederländischen Tierhalters zumindest als eine nicht unerhebliche sachliche Grundlage für ein eigenständiges Verbot der niederländischen Behörden dienen könnten.  Wenn der politische Wille hierzu besteht....

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