(K)ein Kopftuch in Luckenwalde

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 05.08.2017
Rechtsgebiete: Familienrecht14|5096 Aufrufe

Ein muslimisches Ehepaar aus Syrien lässt sich scheiden.

Das zuständige Amtsgericht Luckenwalde ordnet für den Scheidungstermin das persönliche Erscheinen der Beteiligten an (§ 128 I FamFG).

Das Gericht schreibt der Anwältin der Frau zusätzlich das Folgende:

Es wird darauf hingewiesen und zugleich um Beachtung gebeten aus gegebenem Anlass, dass religiös motivierte Bekundungen wie Kopftuch usw. im Gerichtssaal/während der Verhandlung nicht erlaubt werden. Es muss daher mit entsprechenden Anordnungen gerechnet werden und bei Nichtbeachtung mit entsprechenden Ordnungsmaßnahmen. Insoweit vor diesem Hintergrund steht es den Beteiligten frei, insbesondere der anwaltlich vertretenen Antragstellerin, auf ihre Teilnahme und Anhörung zu verzichten und hiermit die Bevollmächtigte zu beauftragen.

(Quelle: lto.de)

Abgesehen von dem holprigen Deutsch:

Wie vereinbart sich diese Anordnung mit dem zugleich angeordneten persönlichen Erscheinen?

Ist die Ordnung der Sitzung nicht mehr aufrechterhalten (§ 176 GVG), wenn eine Beteiligte anlässlich ihrer eigenen Scheidung ein Kopftuch trägt?

Der Termin ist aufgehoben worden. Ob zu einem Folgetermin die gleiche Anordnung ergeht, bleibt abzuwarten.

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14 Kommentare

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So holprig, wie dieser (heutzutage sicher mindestens doppelt vollbefriedigende) Richter schreibt, so denkt er auch. Als Richter unter Geltung des GG völlig ungeeignet!

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Naja, provokation an der Stelle finde ich ok - offenbar hat man ja (als völlig überlastete richterin) auch genug Zeit für solches. Schamützel - wenns ausufert entweder alles aus dienstlichen Gründen verschieben oder mit schlampiger Begründung die eine Etage höher alles ausbaden lassen

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Wie unser Richter in Luckenwalde will jetzt auch Erdogan neue Kleidungsvorschriften vor Gericht durchsetzen. Nach diesem Dresscode soll es "Kleidungsvorschriften wie in Guantanamo" geben (Tagesschau, 6.8.2017). Die Turkifizierung unserer Justiz schreitet (unter umgekehrten Vorzeichen) voran.

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Gast schrieb:

Wie unser Richter in Luckenwalde will jetzt auch Erdogan neue Kleidungsvorschriften vor Gericht durchsetzen. Nach diesem Dresscode soll es "Kleidungsvorschriften wie in Guantanamo" geben (Tagesschau, 6.8.2017). Die Turkifizierung unserer Justiz schreitet (unter umgekehrten Vorzeichen) voran.

Erdogan will doch nun bestimmte Kleidung für Angeklagte vorscheiben (Zitat):

Das T-Shirt eines Angeklagten mit dem Aufdruck "Hero" hat den türkischen Präsidenten Erdogan offensichtlich sehr verärgert. Kleidung "wie in Guantanamo" hatte er für "Putschisten" angekündigt - und nun angeordnet.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat eine Kleiderordnung für Angeklagte festgelegt, die im Zuge des gescheiterten Putschversuchs im vergangenen Jahr vor Gericht erscheinen müssen. Für die Verdächtigen werde es zwei Arten von brauner Kleidung geben, sagte er bei der Eröffnung eines Stadions in der östlichen Provinz Malatya.

Jene, die den Putsch mutmaßlich geplant hätten, sollten Overalls tragen. "Terroristen" würden in Jacken und Hosen vorgeführt. "Niemand kommt mehr so bekleidet, wie er will."

Das wäre dann eine Vorschrift für (als Positiv-Vorschrift) eine Bekleidung in der Türkei für Angeklagte in öffentlichen Strafverfahren, und wer auch noch etwas der Logik mächtig ist, der müßte doch auch den Unterschied noch erkennen, wenn es Vorschriften gegen (als Negativ-Vorschrift) eine Bekleidung in der BRD evtl. für Angeklagte in öffentlichen Strafverfahren dann gäbe.

Ich gehe davon aus, daß Sie das mit "Die Turkifizierung unserer Justiz schreitet (unter umgekehrten Vorzeichen) voran." gemeint hatten. Nur sind mir solche Vorhaben in der BRD für Angklagte vor Gericht in öffentlichen Strafverfahren bisher gar nicht bekannt, denn unserer hiesige Debatte dreht sich um Gerichtspersonen im allgemeinen und in Luckenwalde um eine Partei in einem Scheidungsverfahren im besonderen, das in der Regel auch noch nichtöffentlich ist.

Beim Essen im Gasthaus mögen zwar Kraut und Rüben und Rindswürste öfters gut gemischt werden auf Tellern und in Mägen, aber doch nicht genau so vor Gerichten in Verhandlungen m.E. bei ausgebildeten Richtern und Juristen, oder in einem Juristen-Blog.

Aber ich lerne immer noch etwas Neues dazu hier in diesem Beck-Blog, was auch das Differenzieren und Analysieren und das logische Denken noch angeht.

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Starkes Stück. Kopftuchverbot für Richter(innen) - da bin ich dabei. Aber für die Partei!? Da knirscht es aber mächtig im Gebälk des Grundgesetzes. Mindestens ausreichend für Befangenheit, hoffentlich auch für ein Disziplinarverfahren.

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Da ich aber schon in Verhandlungspausen im Gerichtssaal  Umarmungen von U-Häftlingen mit ein Kopftuch tragende weibliche Angehörige aus dem Zuschauerraum gesehen habe, ist daher auch dort generell und grundsätzlich noch die Sicherheitslage zu beachten. Aber das trifft nicht nur auf solche Zuschauer m/w zu, mit denen die U-Häftlinge im Gerichtssaal direkten, also auch persönlichen Kontakt haben.

Daher ist auch der § 176 GVG nicht völlig außer Acht zu lassen, denn niemand kann die weitere Entwicklung der Sicherheitslage in der BRD schon jetzt für die Zukunft voraussehen.

Die "Sicherheitslage" spielte für unseren Richter in Luckenwalde überhaupt keine Rolle! Das wäre also eine ganz andere Baustelle. Es ist auch völlig unklar, was ein Kopftuch überhaupt mehr mit der "Sicherheitslage" zu tun haben soll, als die bekannten westeuropäischen Kleidungsstücke von Hermes, Versace oder Victoria's Secret. Sie können offenbar ganz einfach nicht anders, als rein diskriminierend zu denken und die objektive Logik fahren zu lassen.

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Einen Teil meiner Antworten hatten Sie erhalten. Das dürfte doch objektiv reichen.

Wenn es Ihnen subjektiv aber nicht reicht, können Sie es mir per PN noch mitteilen und dann werde ich es Ihnen weiter erklären, warum meine Argumente logisch sind und was hier diskriminierend ist. Ende.

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Gast schrieb:

Die "Sicherheitslage" spielte für unseren Richter in Luckenwalde überhaupt keine Rolle! Das wäre also eine ganz andere Baustelle. Es ist auch völlig unklar, was ein Kopftuch überhaupt mehr mit der "Sicherheitslage" zu tun haben soll, als die bekannten westeuropäischen Kleidungsstücke von Hermes, Versace oder Victoria's Secret. Sie können offenbar ganz einfach nicht anders, als rein diskriminierend zu denken und die objektive Logik fahren zu lassen.

Da Sie aber vermutlich doch mit objektiver und subjektiver Logik evtl. auch jetzt noch nach Lage der Dinge Probleme haben könnten, ein muslimisches Kopftuch zählt auch noch in den Gerichtsgebäuden zu den sichtbar getragenen Kleidungsstücken aus religiösen Gründen, Ihre "bekannten westeuropäischen Kleidungsstücke von Hermes, Versace oder Victoria's Secret" dagegen doch wohl eher nicht.

Jedenfalls meines Wissens nicht bei den wirklichen Damen, die es noch wissen, wie man sich auch in westeuropäischen Gerichten zu benehmen weiß, die keine Kontaktzone oder Laufsteg auch für solche Darbietungen der von Ihnen genannten Kleidungsstücke darstellen.

Gast schrieb:

Dafür, dass die Frau in U-Haft sitzt, liegen keine Anhaltspunkte vor.

Worum es a) gar nicht ging und b) die ganze Scheidungsgeschichte offenbar ja auch nicht wirklich bekannt ist.

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Da ich aber schon in Verhandlungspausen im Gerichtssaal  Umarmungen von U-Häftlingen mit ein Kopftuch tragende weibliche Angehörige aus dem Zuschauerraum gesehen habe, ist daher auch dort generell und grundsätzlich noch die Sicherheitslage zu beachten.

(Hervorhebung durch den Unterzeichner)

Darauf hatte ich mich bezogen.

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Gast schrieb:

Da ich aber schon in Verhandlungspausen im Gerichtssaal  Umarmungen von U-Häftlingen mit ein Kopftuch tragende weibliche Angehörige aus dem Zuschauerraum gesehen habe, ist daher auch dort generell und grundsätzlich noch die Sicherheitslage zu beachten.

(Hervorhebung durch den Unterzeichner)

Darauf hatte ich mich bezogen.

Und ich hatte niemals behauptet oder auch nur insinuiert, die Dame aus dem Scheidungsverfahren wäre ein U-Häftling gewesen. Noch Fragen?

Der Satz "Insoweit vor diesem Hintergrund steht es den Beteiligten frei, insbesondere der anwaltlich vertretenen Antragstellerin, auf ihre Teilnahme und Anhörung zu verzichten und hiermit die Bevollmächtigte zu beauftragen." ist reichlich unsinnig. Ansonsten ist an der Verfügung nichts zu beanstanden.

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