Ermäßigte Besteuerung von Abfindungen bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsvertrags

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 09.08.2017

Ein städtischer Angestellter hatte mit seiner Arbeitgeberin einen Auflösungsvertrag geschlossen.

Das Finanzamt versagte die ermäßigte Besteuerung der Abfindung. Es sei nicht erkennbar, dass er bei Abschluss des Abfindungsvertrages unter einem erheblichen wirtschaftlichen, rechtlichen oder tatsächlichen Druck gestanden habe. Der Kläger gab demgegenüber an, dass eine Konfliktlage bestanden habe, weil er sich seit mehreren Jahren um eine Höhergruppierung bemüht und diesbezüglich mit Klage gedroht habe. Er habe ein Interesse daran gehabt, nicht noch ein weiteres Jahr bis zum regulären Renteneintritt unter dieser Drucksituation arbeiten zu müssen. Die Arbeitgeberin habe im Rahmen eines für sie geltenden Haushaltssicherungskonzepts zahlreiche Maßnahmen zur Sanierung des Haushalts beschlossen, wozu auch Vereinbarungen über den vorzeitigen Ruhestandsantritt von Stelleninhabern rentennaher Jahrgänge gehört hätten.

Das FG Münster (Urteil v. 17.03.2017 - 1 K 3037/14 E, Rev. BFH IX R 16/17) sah die Voraussetzungen des § 24 Nr. 1 Bst. a) EStG als erfüllt an. Der Arbeitnehmer jabe durch den Abschluss des Auflösungsvertrages einen Schaden in Form des Wegfalls seines zukünftigen Arbeitslohns erlitten. Die Abfindung sei unmittelbar zum Ausgleich dieses Schadens bestimmt gewesen. Der Steuerermäßigung stehe nicht entgegen, dass der Kläger auf seine Arbeitgeberin zugegangen war und den Abschluss des Auflösungsvertrags eingefordert hatte. Für die von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geforderte Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten reiche es bereits aus, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine gegensätzliche Interessenlage bestand, die die Parteien im Konsens lösen. In einer solchen Lage hätten sich der Kläger und seine Arbeitgeberin aufgrund der Streitigkeiten über die Höhergruppierung befunden. Auf das Gewicht und den Zeitpunkt der jeweiligen Verursachungsbeiträge komme es dabei nicht entscheidend an, solange beide Vertragsparteien zu der Entstehung des Konflikts beigetragen hätten. Anders hätte der Fall gelegen, wenn der Kläger ohne Auflage des Programms zur Personalreduzierung die vorzeitige Auflösung seines Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung begehrt und vorangetrieben hätte.

Die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision ist am Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IX R 16/17 anhängig.

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