Wenn der Papa den Sohn schützt...

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.08.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|2261 Aufrufe

...dann ist das schon o.k. Jedenfalls dann, wenn dem Papa beim Freispruch seine Kosten nicht übernommen werden sollen. Worum geht es also? Der Betroffene (Vater) hatte einen Bußgeldbescheid bekommen - Täter war aber sein Sohn. Natürlich liefert er den nicht ans Messer, sondern wartet bis zum HVT. Hier wird der Vater dann freigesprochen. Die Kosten und auch die notwendigen Auslagen trägt in einem solchen Falle natürlich die Staatskasse (vgl. §§ 46 OWiG, 467 StPO)....es sei denn, von der Übernahme der notwendigen Auslagen kann nach § 109a Abs. 2 OWiG abgesehen werden. Diese Norm lautet:

Soweit dem Betroffenen Auslagen entstanden sind, die er durch ein rechtzeitiges Vorbringen entlastender Umstände hätte vermeiden können, kann davon abgesehen werden, diese der Staatskasse aufzuerlegen.

Der Beschlusstext des LG dazu:

hat die Kammer für Bußgeldsachen des Landgerichts auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwalt gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts Krefeld vom 27.03.2017 - Az: 25 OWi 4/17 - durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht, den Richter am Landgericht und die Richterin am Landgericht am 07.06.2017 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Staatskasse (§ 473 Abs. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe: 
Die zulässige sofortige Beschwerde führt nicht zum Erfolg. Die Kostenentscheidung des Amtsgerichts ist nicht zu beanstanden. Die fakultative Ausnahmeregelung des § 109 a Abs. 2 OWiG greift vorliegend nicht. Zwar hat der Betroffene erst im Rahmen der Hauptverhandlung angegeben, dass nicht er, sondern sein Sohn das betreffende Fahrzeug geführt habe. Hierbei handelt es sich um einen entlastenden Umstand im Sinne der genannten Norm. Auch war dem Betroffenen der Umstand schon vorher bekannt. Ferner wären durch die rechtzeitige Mitteilung Auslagen vermieden worden. Dennoch sieht die Kammer keine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Amtsgericht. Sie tritt vielmehr der Auffassung des LG Zweibrücken (Beschluss vom 10. Mai 2007 — Qs 51/07 —, juris) bei. Normzweck von § 109a Abs. 2 OWiG ist die Vorbeugung von Missbräuchen. Er kann daher nur dann zur Anwendung kommen, in denen das zurückgehaltene Vorbringen des Betroffenen als missbräuchlich oder unlauter anzusehen ist. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Das Schützen eines nahen Angehörigen ist als billigenswerter Grund für die Zurückhaltung eines entlastenden Umstandes anerkannt (vgl. etwa LG Zweibrücken aaO.; BVerfG NJW 2013, 3569; OLG Köln ZfS 1995, 350; LG Berlin VRS 122, 37; KK-OWiG/Heidrich OWiG § 109a Rn. 13). Der Betroffene hat hier also in zulässiger Weise seinen Sohn vor Verfolgung geschützt. Dieses billigenswerte Verhalten wird nicht dadurch missbräuchlich, dass im Laufe des Verfahrens Verfolgungsverjährung in Bezug auf seinen Sohn eingetreten sein mag.

Davon abgesehen ist vorliegend zu beachten, dass es sich bei der genannten Norm um eine Ermessensvorschrift handelt. Im Zuge dessen kann das Gericht bei der zu treffenden Kostenentscheidung jedoch auch andere Umstände berücksichtigen, etwa auch, dass die Ordnungsbehörde bei Befolgung der ihr grundsätzlich obliegenden Ermittlungspflicht nach §§ 46 OWiG, 160 StPO ohne weiteres selbst zu dem entlastenden Umstand gelangt wäre, dessen verspätete Offenbarung dem Betroffenen vorgeworfen wird. So liegt der Fall hier. Der Betroffene ist am 01.07.1962 geboren. Dies war der Ordnungsbehörde bekannt. Auf dem als Beweismittel verwendeten Radarbild ist jedoch eine Person zu erkennen, hinsichtlich derer sich zumindest der starke Verdacht aufdrängt, dass sie deutlich jünger als 53 Jahre ist und es sich damit nicht um den Betroffenen handeln kann. Es hätte also unmittelbar nahegelegen, weitere Ermittlungen zur Fahrereigenschaft durchzuführen.

LG Krefeld, Beschl. v. 07.06.2017 - 30 Qs-14 Js-OWi 1067/16-13/17 (gefunden bei www.burhoff.de)

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