Abschlussprüfung: zu wenig Personal und fehlende kritische Grundhaltung kosten

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 23.08.2017
"sicher is', dass nix sicher is ..." [K. Valentin] (gefunden in München, 19.08.2017, C.Koss)

Bereits 2015 war der Prüfer des Jahresabschlusses der Gesellschaft Miller Energy Resources Inc. für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 von der SEC bestraft worden. Die Gesellschaft mit Sitz in Knoxville hatte Öl- und Gasfelder in Alaska aus einer Insolvenzmasse gekauft und daraus einen Buchgewinn von USD Mio. 480 für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 verbucht. Der damalige Abschlussprüfer hatte sich auf ein fehlerhaftes Gutachten abgestützt, dieses aber nicht mit Einsatz eigener Spezialisten überprüft. Die Überbewertung der Öl- und Gasvorkommen sowie die Doppelerfassung von Anlagevermögen hätte dem Prüfer damals auffallen müssen. Weil er trotzdem ein uneingeschränktes Testat erteilte, wurde ihm neben einer Geldstrafe die Lizenz zum Prüfen börsennotierter Unternehmen entzogen (SEC Order, Aug. 6, 2015 - 33-9881).

Aber auch dem nachfolgenden Prüfer, diesmal die big-four-Gesellschaft, hätte diese Überbewertung auffallen müssen. Denn erster Prüfungsschritt ist die Prüfung der Saldenvorträge. Außerdem hätten die Abschlussprüfer im Zusammenhang mit der Prüfung der Geschäftsinhalteversicherung misstrauisch werden müssen, dass der Umfang des versicherten Anlagevermögens vom dem in der Buchhaltung erfassten Anlagevermögen abwich. Doch dafür blieb dem Prüfungsteam keine Zeit, weil es nach den Feststellungen der SEC unterbesetzt und nicht umfassend informiert worden war. Außerdem hatte der zuständige Abschlussprüfer eine mangelhafte Planung vorgegeben. Die kritischen Prüfungsziele seien falsch gesetzt worden.

Für die Abschlussprüfung nach deutschem Recht lassen sich aus diesen beiden Fällen folgende Erkenntnisse ziehen:

  1. Die "kritische Grundhaltung" (§ 43 Abs. 4 Satz 1 WPO) gehört nicht umsonst zu den allgemeinen Berufspflichten des Wirtschaftsprüfers.
  2. Das Prüfungsziel "Bewertung" (valuation) stellt regelmäßig die größten Herausforderungen an den Abschlussprüfer; und
  3. Die Bedeutung der Prüfungsplanung (vgl. IDW PS 240) sollte nicht unterschätzt werden.
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