Buchhalter/in darf keine Umsatzsteuervoranmeldungen erstellen

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 24.08.2017
Werbung für "Sisi-Ticket" [Foto: C. Koss, Wien, 31. Dez. 2015]

"Nur Friseure können, was Friseure können", warben die Angehörigen des haareschneidenden Berufs für Kundschaft. Wer jemals selber vor dem Spiegel saß und sich selber die Haare schnitt, weiß das. Aber jeder darf einem anderen die Haare schneiden - auch in Deutschland, auch gewerbsmäßig.

Bei Rechtsangelegenheiten, einschließlich dem Steuerrecht, ist das grundsätzlich anders. Das weiß jetzt auch eine wohl in Sachsen tätige Buchhalterin. Sie ist ausgebildete Bürokauffrau und Steuerfachgehilfin. Sie hatte sich zur Diplom-Kauffrau weiterqualifiziert und betreibt ein Buchführungsbüro, in dem sie Leistungen nach § 6 Nr. 3 und 4 Steuerberatungsgesetz erbringt. Zur Auseinandersetzung mit dem sächsischen Finanzamt kam es nach einer Umsatzsteuersonderprüfung. Dieses wies die Buchhalterin als Bevollmächtigte eines gewerblichen Unternehmens zurück, weil sie durch die Erstellung der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen unzulässigerweise geschäftsmäßig Hilfeleistung in steuerlichen Angelegenheiten betrieben habe. Alle Verfahrenshandlung, die sie trotz Zurückweisung künftig für ihren Kunden vornehme, blieben ohne rechtliche Wirkung.

Der BFH (Urteil v. 07.06.2017 - II R 22/15) folgte der Auffassung  des Finanzamts und dem bereits folgend die erste Instanz  (Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 23.07.2014 - 2-K-580/14). Die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen sei keine mechanische Tätigkeit, auch wenn das Buchführungsprogramm hierbei unterstütze. Die Ausnahmevorschriften des § 6 Nr. 3 und 4 StBerG würden somit nicht greifen.

Das beklagte Sächsische Finanzamt hatte nach hier vertretener Auffassung Recht: spätestens bei der Umsatzsteuersonderprüfung sollte ein Berater aus den rechts- und steuerberatenden Berufen beigezogen werden. Damit wird nicht in Abrede gestellt, dass es ein/e Buchhalter/in nicht auch könnte. Bei Rechtsanwält/inn/en, Steuerberater/inn/en oder Wirtschaftsprüfer/inn/en kann der/die Steuerpflichtige aber darauf vertrauen, dass es ein Berufsangehöriger können muss - und wenn nicht, eine Berufshaftpflichtversicherung hat, die den Mandanten schadlos stellt.

Doch der Verfasser sieht einen großen Widerspruch in der Rechtsberatungsbefugnis im und um das Steuerrecht: eine Lohnabrechnung samt Lohnsteueranmeldung und Anmeldung bei den Sozialversicherungsträgern darf jede/r machen, die sich entsprechende Kompetenzen angeeignet hat (keine Vorbehaltsaufgabe - so auch vom BFH, Urteil v. 07.06.2017 - II R 22/15, Rz. 17, m.w.N. anerkannt). Eine Lohnabrechnung ist aber ungleich komplexer als eine Umsatzsteuervoranmeldung. Denn hier spielen Arbeits-, Sozialversicherungs- und Zivilrecht ineinander. Konkret: auch ein Steuerberater darf keinen Arbeits- oder Dienstleistungsvertrag für einen anderen aufsetzen, aber er muss - neben anderem - beurteilen, ob und inwieweit dieser der Beitragspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterliegt.

Ansicht des Verfassers:

  • Die Begrenzung von Beratungsleistungen auf bestimmte Berufsgruppen hat eine Schutzfunktion, Beispiel: Nachweis von Qualifikation durch Berufsexamina und Berufshaftpflichtversicherung.
  • Die Rechtsprechung sollte aber überprüfen, ob die Grenzen des Zulässigen nicht falsch gezogen sind.

Damit zurück zum Thema Haarschnitt.

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