Terror, Amok, Massaker - zur kriminologischen Neubewertung des Anschlags in München 2016

von Prof. Dr. Henning Ernst Müller, veröffentlicht am 05.10.2017
Rechtsgebiete: StrafrechtKriminologie58|16193 Aufrufe

Zwei Anlässe gibt es für diesen Beitrag. Zum einen ist es das Attentat in Las Vegas, bei dem der Täter 58 Menschen tötete und einige hundert weitere verletzt hat. Eine in der Kriminalgeschichte der USA, die vergleichsweise reich ist an „Mass Shootings“, herausragend grausame und folgenreiche Tat. Zum anderen ist es die neuere Bewertung des Attentats im Münchener Olympia-Einkaufszentrum. Im Juli 2016 wurden dort neun junge Menschen erschossen.

Nicht viel verbindet die beiden Fälle, aber in beiden Fällen ist die kriminologische Einschätzung bislang unklar bzw. umstritten.

Glasperlenspiel?

Das wirft zunächst die Frage auf, warum wir überhaupt eine kriminologisch-phänomenologische Einstufung benötigen. Handelt es sich dabei nicht um ein Glasperlenspiel, um Schubladendenken, um fruchtloses Nachdenken und eine letztlich nicht nur hilflose sondern auch nutzlose und daher überflüssige Diskussion? Ist es angesichts der vielen Opfer und ihrer Schicksale nicht völlig egal, zu welchem Motiv in welche Klasse von Taten man uneindeutige Einzelfälle einordnet? Niemand wird davon wieder lebendig. Auch akute strafrechtliche Entscheidungen hängen nicht davon ab, denn die Täter sind tot, haben sich oft selbst getötet, bevor man sie festnehmen konnte oder wurden von der Polizei erschossen.

Wie Sie sich denken können, halte ich als Kriminologe das wissenschaftliche Nachdenken über und auch die Klassifizierung von solchen Straftaten für sinnvoll. Es ist ein wichtiges Ziel der Kriminologie, Straftatphänomene zu erfassen, dicht und objektiv zu beschreiben und zu klassifizieren, und dies ist wichtige Voraussetzung für Erwägungen zu Ursachen und – falls überhaupt möglich und sinnvoll – zur Prävention. Ähnlichkeiten und Unterschiede (in qualitativer wie quantitativer Hinsicht) festzustellen ist entscheidende Voraussetzung für „Fortschritte“ in der Kriminologie, die als interdisziplinäre Spezialwissenschaft besonders geeignet ist, die sozialen und die individualpsychologischen Hintergründe sowie die gesellschaftspolitischen Folgen solcher Delikte zu erfassen.

Schnell, schnell, schnell!

Aber die Kriminologie ist nicht allein mit ihrem Interesse an einer Klassifikation. Kaum gehen Nachrichten über ein solches Attentat um die Welt, werden auch schon Versuche der Klassifizierung angestellt, teilweise ohne jegliche nähere Informationen zu verarbeiten – oft reicht der Name (klingt er deutsch, amerikanisch oder irgendwie nahöstlich?) bzw. das Äußere (ist dieses irgendwie „südländisch“), um Schlussfolgerungen zu ziehen (sehr aufschlussreich dazu: Artikel von Graeme Wood). Die Medien, und dazu gehören inzwischen auch private Verbreiter von Nachrichten auf Twitter und Facebook, wollen die ersten sein, die die Motivschublade bezeichnen: islamistisch, rechtsextrem, ein Amoklauf. Es folgen kurz darauf die Ursachenvermutungen (die Bundeskanzlerin ist schuld, die Computerspiele, das Mobbing, die Nazi-Hassreden im Internet, eine psychische Störung oder Erkrankung) und kaum sind diese vermerkt (nach wie vor oft ohne jeden Hintergrund zu kennen), werden auch schon Politiker mit Präventionsvorschlägen vorstellig oder damit konfrontiert: Verbot von Computerspielen, Verschärfung von Waffengesetzen, Kontrolle des Internet, Grenzen dicht für muslimische Flüchtlinge, höhere Strafen für Vorbereitungshandlungen, bessere Polizeibewaffnung, Videoüberwachung, Metalldetektoren, alles, um irgendwie „Zeichen“ setzen, aber zugleich „cool bleiben, nicht von den Terroristen beeindrucken lassen“ etc.

Oft zu spät: Die kriminologische Analyse

Wenn die Kriminologie sich nach sorgfältiger Betrachtung meldet, ist die Tat für Medien, Politik und Öffentlichkeit meist schon (halb) vergessen, die übernächste Straftat ist in den Medien und muss kommentiert und klassifiziert werden, Wahlen sind abgehalten, neue Gesetze bereits in Kraft getreten. Die kluge kriminologische Analyse wird in Fachzeitschriften publiziert, von Kollegen gelesen und gelobt, aber sie wird ansonsten kaum wahrgenommen.

Und weil die Kriminologie meist spät kommt, sind die polizeilichen und politischen Einschätzungen schon festgelegt: Jeder, der sich jetzt in den Medien äußert, gerät (auch) in den politischen Meinungskampf, wird je nach Ergebnis seiner Analyse von den Befürwortern oder Kritikern der eingeschlagenen Regierungspolitik benutzt und setzt sich Anfeindungen der jeweiligen Gegenseite aus. Ja, auch Wissenschaftler werden schon frühzeitig befragt und begehen dann entweder denselben Fehler (Schlussfolgerungen aufgrund unsicherer Datenbasis) oder es wird ihre redliche Zurückhaltung in der Bewertung als fehlende Expertise missdeutet.

Natürlich haben auch Kriminologen oft schon ein bestimmtes Vorverständnis, eine rechtspolitische Grundhaltung, eine eher soziale, liberale oder konservative Meinung, sie gehören bestimmten wissenschaftlichen Kreisen, Zusammenhängen und Institutionen an, sind eher sozialwissenschaftlich, eher kritisch-kriminologisch oder eher psychologisch oder psychiatrisch orientiert. Und natürlich gibt es auch in der Kriminologie differierende Zugangsweisen, Methoden und Ansichten, die sich in den Veröffentlichungen wiederfinden. Das alles machte eine Bewertung (von innen oder außen) nicht einfacher.

Fall Olympiaeinkaufszentrum München 2016

Im Münchener Fall haben sich Polizei und bayerisches Innenministerium darauf festgelegt, der Täter sei nicht politisch-extremistisch motiviert gewesen, sein Motiv entstamme vielmehr seiner privaten, individualpsychologischen Befindlichkeit, die Ursache sei v.a. gravierendes Mobbing in der Schule, für das er sich habe rächen wollen:

„David S. war unter Gleichaltrigen weitgehend isoliert. Hierzu haben vermutlich psychische Auffälligkeiten beigetragen, aufgrund derer es ihm schwer fiel, sich zu integrieren. Über Jahre hinweg wurde er von Mitschülern „gemobbt“, dabei kam es auch zu körperlichen Misshandlungen. David S. entwickelte ersichtlich einen Hass auf Personen, die hinsichtlich Alter, Aussehen, Herkunft und Lebensstil den ihn mobbenden Jugendlichen ähnlich waren; dies waren vor allem Angehörige südosteuropäischer Bevölkerungsgruppen. Diese machte er für seinen von ihm empfundenen schulischen Misserfolg und das Mobbing verantwortlich. David S. schuf sich ein irrationales Weltbild. Darin befasste er sich beispielsweise mit der Vorstellung, dass die von ihm gehassten Personen mit einem Virus infiziert und deshalb ggf. zu vernichten seien. Aufgrund psychischer Störungen befand er sich wiederholt in psychiatrischer Behandlung. In seiner Freizeit spielte David S. exzessiv am Computer, insbesondere sog. Ego-Shooter Spiele. Er entwickelte Rachephantasien und beschäftigte sich intensiv mit dem Thema Amok. Insbesondere war er fasziniert von den Anschlägen, die Anders Breivik 2011 in Norwegen verübt hatte. Über einen längeren Zeitraum hinweg plante er dann den von ihm selbst verübten Amoklauf. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er bei dem Amoklauf die einzelnen Opfer gezielt ausgewählt hat. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Tat politisch motiviert war.“

(Quelle: Ermittlungen zum Münchner Amoklauf abgeschlossen, LKA 17.03.2017)

Von drei wissenschaftlichen Gutachtern kommen derzeit ganz andere Einschätzungen. Aus dem Bericht der SZ ("Darum war der Tattag kein Zufall" vom 3.10.2017):

„Das Datum ist der Jahrestag des Attentats des Rechtsterroristen Breivik, den S. als Vorbild gesehen hat. Anders als Amokläufer habe S. nicht an seiner eigenen Schule gemordet, er kannte keines seiner Opfer. Er wusste jedoch, dass am OEZ viele Menschen mit Migrationshintergrund anzutreffen sein würden. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass S. selbst iranische Eltern gehabt habe. Durch die Abwertung von Migranten habe er sich als "echter Deutscher" beweisen können. Individuelle und politische Motive müssten sich nicht ausschließen. "Rache und Politik, Aufmerksamkeit und Mission, Amok und Terror verschmelzen", schreibt Matthias Quent, Leiter des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena. "Eine persönliche, individualisierte Kränkungsideologie" mache gerade den Einsamen-Wolf-Terrorismus aus, den der Politikwissenschaftler Florian Hartleb in diesem Fall konstatiert. Die Ermittler hätten außer Acht gelassen, dass S. seine Tat lange Zeit und akribisch vorbereitet habe und dass er in seinen Augen München vor Überfremdung habe schützen wollen. Dass S. keine Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen pflegte, ist für Hartleb kein Beleg dafür, dass er kein Terrorist sei - so wie Innenminister Joachim Herrmann argumentiert. Vielmehr liege ein Fall eines Einzeltäters vor, der ohne Unterstützung einer Organisation handelt, ein Produkt der Selbstradikalisierung, ein "Einsamer Wolf" also. Dies sei ein "seltener, wenngleich immer häufiger vorkommender Sonderfall des Terrorismus". Dies qualifiziert die Tat bereits als Hassverbrechen. Das Kriterium der Zugehörigkeit zu einer extremistischen Gruppe sei ohnehin nicht mehr zeitgemäß, zeige ein stark antiquiertes Verständnis der Behörden, so Hartleb. Für Matthias Quent blenden die Behörden Vorurteile und Rassismus aus. Die Opfer von David S. "wurden nicht ermordet, weil möglicherweise ihnen ähnlich sehende Personen David S. gemobbt haben, sondern weil David S. einen pauschalisierenden Hass entwickelt hat auf alle Menschen mit aus seiner Sicht spezifischen Merkmalen". Was sei dies anderes als Rassismus - insbesondere aus Sicht der Betroffenen? Verstärkend kämen die Bezüge von David S. zum Rechtsextremismus hinzu. Dies qualifiziere die Tat bereits als ein Hassverbrechen und erfülle die Kriterien des polizeilichen Definitionssystems für rechte Straftaten. (…) Die Ermittlungsbehörden hingegen bleiben bei ihrer Einstufung, wie das Innenministerium auf Anfrage mitteilte: Dass S. nur Menschen mit Migrationshintergrund als Opfer ausgesucht habe, dürfte "dem persönlichen, aber verallgemeinerten Feindbild der ehemaligen Mobber geschuldet sein".“

Terror, Amok, Termok?

Der Kern der Auseinandersetzung liegt zum einen in der Rolle, die die Begriffe „Terrorismus“ und „Rassismus“ mittlerweile in der politischen Auseinandersetzung innehaben, zum anderen in der mittlerweile eingetretenen realen Verschiebung in diesem Phänomenbereich. Die Differenzierung zwischen (überwiegend) individualpsychologisch bzw. psychopathologisch zu erklärenden „Amok“-Taten einerseits und politisch-extremistisch zu deutenden „Terror“-Taten andererseits ist in einigen Fällen, darunter dem Münchener, nicht mehr klar zu treffen. Die Phänomengrenzen verwischen hier zu einem (möglichen) Zwischentypus „Termok“. Terrorismus war bis vor kurzer Zeit eindeutig als extremistisch gewalttätige Variante politischer Aktion zu werten, die mehrere Personen involvierte, die auf diesem Weg ihre gemeinsamen politischen Ziele befördern wollten. Die Taten waren zwar extrem, aber konnten in der Logik der entsprechenden Ideologie als strategisch oder taktisch sinnvoll und rational angesehen werden, zumindest in der Zielsetzung "Angst und Schrecken" zu verbreiten oder den Staat als schwach vorzuführen bzw. als "faschistisch" zu demaskieren. Die Amoktaten einzelner, mehrfach in Schulmassakern, aber auch in der Öffentlichkeit begangen, waren hingegen nicht ideologisch deutbar, sondern hatten Beweggründe, die man meist (retrospektiv) nur als Folge einer gestörten oder krankhaften Psyche deuten konnte, z.B. irrationale Rachegefühle, narzisstisch übertriebene Heldenbestrebungen.

Innerhalb dieser Differenzierung haben sich Polizei und Innenminister im Münchener Fall auf die Seite „Amok“ gestellt: Es gab hier keine Gruppe, in deren Namen der Täter auftrat, es gab nicht einmal (wie bei Breivik) ein rechtsextremes Pamphlet, mit dem er seine Taten rationalisierte. Die Gesinnung des Münchener Täters wurde daher als nebensächlich angesehen, da andere Indizien eher auf persönliche Rachegefühle hindeuteten. Das scheint auch einer gewissen Zurückhaltung in Bayern zu entsprechen, rechtsextremistische Taten als solche zu identifizieren (beginnend mit dem Wiesn-Anschlag 1980).

Termok

In Termok-Fällen ist aber die Differenzierung nicht mehr klar zu leisten: Die beiden Phänomene bewegen sich aufeinander zu, es gibt irrationale und zugleich politische Taten von Einzeltätern: Der psychisch unter Druck Geratene sucht sich eine Ideologie (oder nimmt die schon zuvor gehegte) und verbindet somit seine persönliche Kränkung mit der Politik. Er begreift z.B. seine Widersacher als Teil einer (durch Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung) umgrenzten Gruppe („die“ Flüchtlinge, „die“ Muslime, „die“ Ungläubigen, „die“ Schwulen, "die" mächtigen Industriellen etc.), der er – im „negativen" Sinne – sein persönliches Leid anlastet und an der er Rache nimmt. Oder – im „positiven“ Sinne – von der er seine „Heimat“ befreien will, weil diese Gruppen aus seiner Sicht minderwertig sind, unrein oder bedrohlich. Wer durch sein Massaker zum „Helden“ oder „Märtyrer“ werden will, hat dadurch – soweit eine passende Religion oder Ideologie ihm diesen Heldenstatus nach einem Terrorakt zu verleihen verspricht, ein Interesse daran, sich als politischer bzw. religiöser Attentäter zu präsentieren. Für die Nachwelt ist es dann nahezu unmöglich zu bestimmen, was innerpsychisch eigentlich den Ausschlag gab.

Heldenstatus versprechen etwa jihadistische Terrorgruppen, aber auch rechts- und linksextreme Ideologien. Deshalb machen die eigentlich auf dem politischen Sektor zu verankernden terroristischen Richtungen auch dem potentiellen Amoktäter ein „Angebot“, nämlich das der Rationalisierung und damit Veredelung seiner Tat. Das ist möglicherweise ein Hintergrund, auf dem auch „einsame Wölfe“ sich ideologisch oder religiös radikalisieren und ihre Taten politisieren. Durch die informationelle Vernetzung ist eine Radikalisierung heute nicht mehr unbedingt auf direkte Kontakte in Gruppen angewiesen, sondern kann auch allein am Computer zuhause stattfinden.
Der IS hat das erkannt und provoziert selbst (möglicherweise) einsame Wölfe zu islamistischen Anschlägen, ohne dass diese Personen organisatorisch oder logistisch in den IS eingebunden sind Bei einigen der vom IS reklamierten und von den meisten Beobachtern eindeutig als islamistisch-jihadistisch angesehenen Taten könnte daher auch die Schablone „Amok“ passen.

Fazit

Sich widersprechende Deutungen können Resultat sein von verschiedenen Zugängen zum selben Fall, der sich einer eindeutigen Zuordnung entzieht, weil er phänomenologisch auf der Grenze zwischen Terror und Amok liegt. Die bisherige klare Zweiteilung entspricht zumindest in solchen Fällen nicht mehr der Realität.

Update (6.10.2017):
Die drei Gutachter kommen ansatzweise zu ähnlichen Ergebnissen wie mein obiger Beitrag anklingen lässt. Sie sind im Netz verfügbar. 
 

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58 Kommentare

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"2 bis 3 Prozent, die bei Amoktaten Probleme machen" - das dürfte weitaus zu hoch gegriffen sein. Von der Popularität solcher Taten sollte man nicht auf ihre Häufigkeit schließen. Diese ist äußerst gering. Ein Suizid ist in der betreffenden Altersgruppe 300mal häufiger bei männlichen Jugendlichen/jungen Erwachsenen  (berechnet im Jahr 2009).

Soweit einige der oben von GR genannten Artikel aus den Jahren 2009/2010 stammen, klingen sie für Deutschland etwas alarmistisch. Denn seither hat sich die Lage in Deutschland insofern deutlich "beruhigt", das letzte Massaker in einer Schule fand 2009 statt, also vor acht Jahren. D.h. eine ganze Schülergeneration (ca. 5 Millionen Schüler) ist  durch den Sekundarbereich gegangen, ohne ein einziges Massaker verübt zu haben. Der letzte Fall, der halbwegs in diese Kategorie zu passen scheint, ist der hier diskutierte Fall in München, dessen Einordnung als "Amokfall" eben gerade bestritten wird.

Also nach dem Artikel der SZ zu der Vorstellung der Gutachten

(google: "Erstaunliche Einigkeit über David S.") war die eingangs insinuierte "auf dem rechten Auge blind"-These wohl nicht so ganz richtig, jedenfalls soweit sie sich auf die Ermittlungsarbeit und nicht die anschließende Bewertung der Tat als "PMK" bezieht, vielmehr soll einer der Gutachter gesagt haben:

"Nach Durchsicht der gesamten Ermittlungsakte ergäben sich keine Hinweise, dass die Polizei die rassistische Komponente der Mordserie unwillig oder auch nicht gründlich untersucht habe. "Sehr professionell. Keinesfalls ein verengter Ermittlungsansatz", so Kopke."

Wie objektiv der Gutachter Quendt war, geht aus dieser Äußerung hervor:

"Wenn der Täter eine so klare Botschaft der Diskriminierung ausdrücken wolle, müsse die Gesellschaft dagegenhalten, diese Ursachen klar benennen und damit eine Botschaft der Solidarität mit den Opfern aussenden, fordert Quent."
Es gab ja mal eine Diskussion auch hier im blog, ob medizinische Gutachter von Richtern "Signale" erhalten, wie das Gutachtensergebnis aussehen soll. Hier hat offenbar ein Gutachter gar kein solches Signal gebraucht, sondern ist gleich mit einer bestimmten EInstellung an seine Aufgabe herangegangen und hat dann das selbst und vom Auftraggeber gewünschte Ergebnis gefunden.

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller,

der obige Kommentar (Gast kommentiert am Di, 2017-10-10 13:52) ist nun der letzte Trigger für mich, aber nicht schon der alleinige Grund, auf folgenden Sachverhalt hinzuweisen:

a) Im "Gutachten" von Florian Hartlieb steht schon gleich am Anfang folgender Satz: "Das folgende Gutachten will das dominierende Narrativ eines Amoklaufs kritisch hinterfragen."

Also deutet dieser Satz doch sofort auf eine bestimmte Richtung seines Gutachtens bereits hin! Eine Neutralität in einem Gutachten aber sieht m.E. anders aus! Er will also sein eigenes "Narrativ" nun dagegen stellen!

b) In Ihrem Beitrag, Herr Prof. Dr. Müller, steht folgender Satz: "Das scheint auch einer gewissen Zurückhaltung in Bayern zu entsprechen, rechtsextremistische Taten als solche zu identifizieren (beginnend mit dem Wiesn-Anschlag 1980)."

Und in Ihrem Kommentar (am Fr, 2017-10-06 15:21) dieser Satz: "Die Tatsache, dass wir  - aufgrund der politisch unverantwortlichen Festlegung, es handele sich um einen "verwirrten" Einzeltäter - immer noch nicht genau wissen, was und wer hinter dem Anschlag von 1980 steckte und die Tatsache, dass jahrelang Polizeibeamte im Falle des NSU-Terrors ihre rechten Augen zugekniffen haben (oder zukneifen sollten), bringen mich jedenfalls zu der Ansicht, dass auch eine neue Diskussion um den Münchener  Anschlag von 2016 (meinetwegen mit medialem "tamtam" betrieben) nicht ganz falsch ist."

(Die Hervorhebung durch Fettung in Ihrem letzten Zitat erfolgte durch mich.)

Mir stellte sich beim Lesen da aber gleich schon auch die Frage, ob der Herr Prof. Dr. Müller etwa auch ein eigenes "Narrativ" vermitteln möchte, das man als ein Leser aber ebenfalls mal nun noch "kritisch hinterfragen" könnte, und das wäre das gefettete "Narrativ".

Besten Gruß

GR

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Sehr geehrter GR,

dies ist ein Blog, der Diskussionen zulässt. Der Blogautor ist kein neutraler Mensch. Ich habe meine Meinung offen geäußert, dass ich eine Diskussion über den München-Fall durchaus für angemessen halte, insbesondere weil in früheren Fällen eine solche Diskussion ausblieb. Ich habe keine Ergebnisse verkündet, sondern einen Vorschlag zur Diskussion gestellt. Kriminologie ist eine Wissenschaft, die auch politische Vorverständnisse und Folgen hat (die Passage in meinem Beitrag hätten Sie gern auch fetten dürfen).  Soll man denn Ihrer Ansicht nach seine Meinung intransparent und hinter vorgehaltener Hand äußern? Soll man anderen Autoren (zumal sie behördlich oder von der Polizei sind) unkritisch zustimmen? 

Ich hätte ein Gutachten sicherlich anders formuliert und wäre nicht gleich mit dem Ergebnis vorgeprescht. Aber dieser Blog hier ist keine wissenschaftliche Gutachtentätigkeit, in diesem Forum gewollt sind auch meinungsstarke Äußerungen/Kritiken des jeweiligen Autors. Und Sie können sogar Ihre sachlichen Gegenargumente on topic posten.

Mit freundlichen Grüßen

Henning Ernst Müller

PS: Als Reaktion auf Kritik (s.u.) verändert. Sorry, ich wollte niemandem irgendetwas unterstellen.

Henning Ernst Müller schrieb:

a) Wahrscheinlich wähle ich nicht dieselbe Partei wie Sie. 

b) Ich hätte ein Gutachten sicherlich anders formuliert und wäre nicht gleich mit dem Ergebnis vorgeprescht. 

c) Und Sie können sogar Ihre sachlichen Gegenargumente on topic posten.

Mit freundlichen Grüßen

Henning Ernst Müller

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Müller,

lassen Sie mich mal so antworten:

zu a) An solchen Spekulationen zu einer Partei-Affinität von Diskutanten werde ich mich hier jedenfalls nicht beteiligen. Warum Sie das aber jetzt machen und aufgrund welcher Basis, hat sich mir jedenfalls nicht erschlossen. Sie betreten damit nun ein sehr schmales Brett bei dieser "Motiv-Suche".

zu b) Danke für diese Klarstellung, Sie wurden ja auch bereits mit einigen Gutachten schon betraut, auch m.W. von einer Partei-Landtagsfraktion am 13.01.2017, das war z.B. die FDP-NRW-Fraktion im Fall des Anis Amri. Sie hatten das auch so in Ihrem Gutachten ja genau  und völlig korrekt geschrieben.

zu c) Genau so halte ich es ja auch, allerdings fehlt mir ja die Möglichkeit, hier eigene topics zu beginnen, und / oder auch noch zu beenden, das ist ja auch noch ein Faktum, was ich aber nur mal btw. feststelle, das ist eben hier so. (Auch nur zur Information btw.: Bei der Tagesschau war das früher noch für jeden angemeldeten user möglich gewesen, ein Thema zu beginnen, das nach einer vorher dann auch angekündigten Zeit (aber auch meistens nur) beendet wurde, auch bei der Sueddeutschen Zeitung in allen deren, auch den politischen Foren gab es das noch so ähnlich.)

Das alles waren aber m.E. schon große Beiträge dieser beiden Medien zu einem demokratischen Diskurs gewesen, bei dem auch Transparenz ja noch gefordert ist und auch Meinungsvielfalt erlaubt sein muß, und auch reine Korrektive möglich sein müssen, wenn Tendenzen anscheinend vorherrschen.

Um ein rein juristisches Blog scheint es sich hier aber auch nicht zu handeln, siehe auch noch die beiden Punkte a) und b) von oben.

Mit freundlichen Grüßen zurück

Günter Rudolphi (GR)

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Wenn Sie, Herr Prof. Dr. Müller, auch als ein Kriminologe wirklich an Motiven interessiert gewesen wären von anderen Diskutanten, abseits von so einfachen und auch noch spekulativen Vermutungen zu Partei-Affinitäten, dann wären m.E. die PN ja auch eine Möglichkeit noch dazu gewesen, mal nebenbei bemerkt.

Das Dunkelfeld ist ja auch m.E. immer noch sehr interessant bei der PKS.

MfG

GR

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In der SZ erscheint heute ein Artikel zu einem "Gegengutachten" der Kriminologin Bannenberg, die die Tat als Amoktat einordnet.

"Der große Streit über das Motiv von David S."

Insgesamt recht gute Darstellung der wesentlichen Argumente, aber am Ende raunt der Autor Ronen Steinke dann, dass die Kurzfassung des Gutachtens Bannenberg in der Kriminalistik 7/2018 erscheinen werde, die aber doch nicht von unabhängigen Wissenschaftlern, sondern  von BKA- und LKA_"Chefs" herausgegeben werde. Dass Hartleb sein Gutachten und seine "Lone-Wolf" -These bereits in der Kriminalistik 12/2017 ausbreiten durfte hat Steinke leider übersehen oder zu recherchieren vergessen.....

 
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