Überblick: "Handyverstoß! Neu!"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.11.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|5896 Aufrufe

Na ja. Es ist vor ein paar Wochen durch die Tagespresse gegangen. § 23 Abs. 1a StVO wurde reformiert. Die Norm (nun in §§ 23 Abs. 1a und b enthalten) ist durchaus anspruchsvoll gelungen. Glück hat, wer sie sofort versteht. Ich habe hier einmal die Norm eingerückt und auch die passenden BKat-Nummern. 

(1a)

Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn
1.hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
2.entweder
a)nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
b)zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.
Geräte im Sinne des Satzes 1 sind auch Geräte der Unterhaltungselektronik oder Geräte zur Ortsbestimmung, insbesondere Mobiltelefone oder Autotelefone, Berührungsbildschirme, tragbare Flachrechner, Navigationsgeräte, Fernseher oder Abspielgeräte mit Videofunktion oder Audiorekorder. 3Handelt es sich bei dem Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, um ein auf dem Kopf getragenes visuelles Ausgabegerät, insbesondere eine Videobrille, darf dieses nicht benutzt werden. 4Verfügt das Gerät im Sinne des Satzes 1, auch in Verbindung mit Satz 2, über eine Sichtfeldprojektion, darf diese für fahrzeugbezogene, verkehrszeichenbezogene, fahrtbezogene oder fahrtbegleitende Informationen benutzt werden. 5Absatz 1c und § 1b des Straßenverkehrsgesetzes bleiben unberührt.

(1b)

Absatz 1a Satz 1 bis 3 gilt nicht für
1.ein stehendes Fahrzeug, im Falle eines Kraftfahrzeuges vorbehaltlich der Nummer 3 nur, wenn der Motor vollständig ausgeschaltet ist,
2.den bestimmungsgemäßen Betrieb einer atemalkoholgesteuerten Wegfahrsperre, soweit ein für den Betrieb bestimmtes Handteil aufgenommen und gehalten werden muss,
3.stehende Straßenbahnen oder Linienbusse an Haltestellen (Zeichen 224).

Das fahrzeugseitige automatische Abschalten des Motors im Verbrennungsbetrieb oder das Ruhen des elektrischen Antriebes ist kein Ausschalten des Motors in diesem Sinne. 3Absatz 1a Satz 1 Nummer 2 Buchstabe b gilt nicht für
1.die Benutzung eines Bildschirms oder einer Sichtfeldprojektion zur Bewältigung der Fahraufgabe des Rückwärtsfahrens oder Einparkens, soweit das Fahrzeug nur mit Schrittgeschwindigkeit bewegt wird, oder
2.die Benutzung elektronischer Geräte, die vorgeschriebene Spiegel ersetzen oder ergänzen.

Und der BKat wurde auch angepasst:

246  Elektronisches Gerät rechtswidrig benutzt
§ 23 Absatz 1a, § 49 Absatz 1 Nummer 22

246.1               beim Führen eines Fahrzeugs      100 €

246.2     – mit Gefährdung                                 150 €       Fahrverbot 1 Monat

246.3 – mit Sachbeschädigung                           200 €      Fahrverbot 1 Monat

246.4       beim Radfahren                                   55 €

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Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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1 Kommentar

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Tja, das kommt dabei heraus, wenn eine eindeutige und im Grunde sinnvolle Gesetzeslage nicht mehr zur immer komplizierter werden Welt passt. Dann wird eben auch das Gesetz nicht einfacher (soviel zur Steuererklärung auf dem Bierdeckel). Die Zeiten, wo Auto- und Radfahrer nur mit Mobiltelefonen herumspielten, sind ja schon länger vorbei. Und wenn ein Tablett genutzt wird, dass kein Mobiltelefon ist, hat man schon mal ein OWi-Verfahren, das eher den Anwalt als die Staatskasse reich macht (vgl. AG Offenburg, Urteil vom 6. Juni 2016, 3 OWi 208 Js 16375/15, ECLI:DE:AGOG:2016:0606.3OWI208JS16375.15.0A). Dabei ist das Ablenkungspotential gerade dieser Geräte immens.

Ich hatte hier Begegnungen mit Autofahrern, die mich beim Überholen auf zweistreifigen Straßen vom Lenkrad aus filmten (Blick hochkonzentriert auf den Bildschirm!!) und dabei den Gegenverkehr z.T. extrem gefährdeten (einmal sogar bis zum Notbremsen nur wenige Meter voreinander). Aber war's ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO, wenn's auch ein iPod-Touch gewesen sein könnte? Und mit den richtigen Dickschiffen aus dem StGB will die StA an solche Fälle nicht ran, wenn's nicht richtig kracht und dem verunglückten Fahrer das Tablet aus dem Fenster fällt, so dass man bei der Rettung nebenbei bewundern kann, wo die Aufmerksamkeit in den letzten Sekunden vor dem Unfall hin war.

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