ePrivacy-Verordnung: Wann kommen die mageren Jahre?

von Dr. Stefan Hanloser, veröffentlicht am 03.12.2017
Rechtsgebiete: ePrivacy|5338 Aufrufe

Früher wurde es Entscheidern leichter gemacht, disruptiven Ereignissen vorzukehren. Dem Pharao war klar bedeutet worden, dass in sieben Jahren magere Zeiten sein Land aufzehren würden.  Ein zeitliches Katz-und-Maus-Spiel blieb ihm erspart; die Planbarkeit war gewährleistet mit dem bekannt glücklichen Ausgang.  Wenn man den Stimmen zur künftigen ePrivacy-Verordnung (eP-VO) Glauben schenkt, stehen dem freien Internet – außerhalb der geschlossenen Ökosysteme der Big Player – ebenso magere Jahre bevor, die die Informations- und Unterhaltungsfülle, wie wir sie heute kennen, vergessen lassen werden.  Die diffuse Zeitschiene, auf der die eP-VO voranschreitet, erschwert den betroffenen Akteuren eine effektive Vorbereitung auf die bevorstehenden Umwälzungen.

Zeitliche Planungssicherheit bot der ambitionierte Aufschlag der Europäischen Kommission Anfang des Jahres: Sie wollte die eP-VO im Entwurf v. 10.1.2017 synchron mit der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) am 25.5.2018 ohne Übergangsfrist in Kraft treten lassen.  Die zeitliche Verkopplung von eP-VO und DS-GVO war schlüssig, schafft die eP-VO doch bereichsspezifisches Datenschutzrecht für elektronische Kommunikationsdienste (Art. 5 - 7) und endgerätbezogene Datenverarbeitungen (Art. 8 - 10).  Eine hinkende DS-GVO ohne eP-VO wäre vermieden worden; die §§ 12 ff. TMG hätten unter der DS-GVO nicht fortgegolten.

Der federführende LIBE-Ausschuss des Europäischen Parlaments verabschiedete sich im Herbst von einem festen Starttermin.  Der heftige Widerstand gegen die eP-VO aus den eigenen Parlamentsreihen mit 827 Änderungsanträgen mag der Berichterstatterin ein Omen für langwierige Trilogverhandlungen gewesen sein; eine dynamische Verweisung auf ein unbekanntes zukünftiges Inkrafttreten der eP-VO war so gesehen pragmatisch und konsequent.  Der LIBE-Bericht v. 20.10.2017 schlägt entsprechend vor, die eP-VO mit einer einjährigen Übergangsfrist ab Inkrafttreten gelten zu lassen, also 385 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt – das wäre rein rechnerisch frühestens Anfang 2019.  Doch vor einem Inkrafttreten der eP-VO steht ein erfolgreicher Trilog und davor ein gemeinsamer Standpunkt des Ministerrats.  Der Fortschrittsbericht der estnischen Ratspräsidentschaft v. 17.11.2017 deutet eher auf Dissens hin: „important work still lies ahead of us on [a] majority of the topics”.  Man darf auf die Ergebnisse der Ratsarbeitsgruppensitzung Mitte Dezember und das Übergabedokument an die kommende bulgarische Ratspräsidentschaft gespannt sein.

Die Zeitschiene wird noch diffuser, wenn man Sekundärquellen einbezieht:  So soll auf der Fachveranstaltung des Bundeswirtschaftsministeriums mit beteiligten Kreisen am 21.11.2017 eine zweijährige Übergangsfrist analog DS-GVO diskutiert worden sein – dann wären wir schon im Jahr 2020.  Wenige Tage später bekräftigte die Kommission mit renommierter Stimme ihre Absicht, DS-GVO und eP-VO gemeinsam am 25.5.2018 in Geltung zu setzen – das wäre schon in einem halben Jahr.

Und was bedeutet dieser zeitliche Hickhack für die betroffenen Akteure und ihre Entscheider: Sie müssen aus den vielfältigen Diskussionsströmungen zur eP-VO den Trend ableiten, der die finale Version der eP-VO vermutlich prägt, und in agilen Prozessen ihre Vorbereitungsmaßnahmen fortlaufend an den Trendverlauf anpassen.  Solange keine großzügigen Übergangsfristen sicher feststehen, wäre ein Zuwarten fahrlässig.

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