BGH: Fahrlässige Tötung im Straßenverkehr - zu § 69, 69a StGB muss man schon was schreiben!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 20.12.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3601 Aufrufe

Da ist man schon sprachlos. Das LG verurteilt wegen fahrlässiger Tötung im Straßenverkehr. Es nimmt eine Fahrerlaubnisentziehung mit Sperrfristanordnung vor....aber begründet diese G A R    N I C H T. Da hatte die Verteidigung mit der Revision natürlich leichtes Spiel:

Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Trier vom 29. Mai 2017 im Ausspruch über die Maßregeln
gemäß §§ 69, 69a StGB mit den zugehörigen Feststellungen
aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an
eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung in zwei
tateinheitlichen Fällen in weiterer Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung
zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, ihr die
Fahrerlaubnis entzogen, den Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist von
drei Jahren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis verhängt. Die auf die Rüge der
Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat den aus
dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Die Entscheidung über die Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB hat keinen
Bestand, da sie entgegen der Vorschrift des § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO
nicht begründet worden ist und somit eine rechtliche Nachprüfung durch das
Revisionsgericht nicht ermöglicht.

Soll einem Täter wegen einer anderen Straftat, die nicht in dem Katalog
des § 69 Abs. 2 StGB enthalten ist, die Fahrerlaubnis entzogen werden, muss
der Tatrichter eine Gesamtwürdigung der Tatumstände und der Täterpersönlichkeit
vornehmen,
mit der die fehlende Eignung belegt wird, wobei der Umfang
der Darlegung vom Einzelfall abhängt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2000
3 StR 167/00, NStZ-RR 2000, 297, 298 mwN; zur Anordnung einer isolierten
Sperrfrist vgl. auch BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 487/14,
NStZ-RR 2015, 123 [Ls]). Zwar belegt das Führen eines Kraftfahrzeugs unter
dem deutlichen und zumindest mitunfallursächlichen Einfluss von Amphetaminen
in aller Regel eine erhebliche charakterliche Unzuverlässigkeit, die auch
die Ungeeignetheit des Täters zum Führen eines Kraftfahrzeugs nahe legt (vgl.
§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, § 69 Abs. 2 Nr. 1 StGB). Dies rechtfertigt jedoch ein Absehen
von jeglicher Begründung – wie hier – nicht. Es kommt hinzu, dass auch
das nicht unerhebliche Maß der verhängten Sperre von drei Jahren bei einem
Täter, der nach den Urteilsfeststellungen erstmals strafrechtlich in Erscheinung
getreten ist, einer Begründung bedurft hätte.

2. Da die besondere funktionelle Zuständigkeit der Schwurgerichtskammer
nicht mehr gegeben ist, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine

Strafkammer des Landgerichts zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 24. November
2015 – 3 StR 444/15, insoweit in NStZ-RR 2016, 81 f. nicht abgedruckt).

BGH, Beschluss vom 23.11.2017 - 4 StR 427/17

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