Das Dritte Kind

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 02.01.2018

Früher gingen die Menschen zum Pfarrer, wenn Kinder kamen. Jetzt gehen Väter und Mütter zum Steuerberater mit der Frage, wer denn wie viel Kindergeld bekommt? Die gesetzlichen Regelungen zum Familienleistungsausgleich sind aber für die klassische Familiensituation ‚Verheiratete Mutter und Vater, dazu Kinder, alle mit beiden Elternteil auch genetisch verwandt‘ gemacht. Doch die gesellschaftliche Realität ist mittlerweile eine andere. BFH-Urteile werden uns daher zunehmend Gelegenheit für soziologische bzw. sozialwissenschaftliche  Studien geben.

In dem bekannt gewordenen anhängigen Verfahren geht es um die Berücksichtigung des dritten Kindes in der Familie. Dieses ist mit Vater und Mutter verwandt. Vor dem BFH geht es um die Frage, ob der Vater 194 Euro (weil 1. Kind) oder 200 Euro pro Monat bekommt. Denn in dem Haushalt leben zwei weitere Kinder, die nur mit der Mutter, nicht aber mit dem Vater verwandt sind. Zählen diese beiden Kinder im Bezug auf den Kindergeldanspruch für den Vater mit oder nicht? Grund ist der progressive Tarif bei Kindern: Für das 1. und 2. Kind gibt es seit 1.1.2018 jeweils 194 Euro, für das 3. Kind 200 Euro und ab dem 4. und jedes weitere Kind 225 Euro.

Nach hier vertretener Auffassung folgt aus dem Sozialstaatsprinzip und dem im Einkommensteuerrecht geltenden objektiven Nettoprinzip, dass die beiden Kinder von einem anderen Vater mitzählen müssen. Schließlich wird er diesen nicht weniger auf den Teller legen können als bei seinem leiblichen Kind. Aus dem höheren Aufwand für die drei Kinder folgt auch ein höherer Anspruch auf Kindergeld.

Zurück zum Thema „Familienverhältnisse“ – diesmal literarisch.

Aus Matthias Claudius, Die Mutter bei der Wiege:

 „Schlaf, süßer Knabe, süß und mild!

Du, deines Vaters Ebenbild!

Das bist du; zwar dein Vater spricht,

Du habest seine Nase nicht.“

 Um wieviel netter klingt das gegenüber „mater semper certa est.

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