Interessantes zu omnimodo facturus und invitatio ad offerendum: BGH zur Strafbarkeit bei der Bestellung von synthetischen Cannabinoiden bei einem ausländischen Online-Shop wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 02.01.2018

Der BGH hat sich in einer aktuellen Entscheidung tiefgründig mit der Frage beschäftigt, ob sich der Besteller von Betäubungsmitteln (im konkreten Fall die synthetischen Cannabinoide JWH-122 und UR-144) bei einem im Ausland ansässigen Online-Shop wegen Anstiftung zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar macht. Das ist deshalb diskutabel, weil der Lieferant durch sein Angebot im Internet schon seine Bereitschaft zur Lieferung von Betäubungsmitteln bekundet hat und damit möglicherweise als bereits fest Entschlossener nicht mehr angestiftet werden kann (sog. onmimodo facturus). So hat offensichtlich die Verteidigung im vorliegenden Fall argumentiert, allerdings erfolglos. Der BGH sieht dies nämlich anders: Auch derjenige, der im Internet, z.B. über einen Online-Shop, aus dem Ausland heraus die Lieferung von Betäubungsmitteln in das Inland andiene, könne noch angestiftet werden, da die Internetpräsentation lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots, eine sog. invitatio ad offerendum darstelle (BGH, Urt. v. 25.10.2017, 1 StR 146/17 = BeckRS 2017, 135998). Im Einzelnen führt der 1. Strafsenat des BGH hierzu aus:

„Die Urteilsfeststellungen belegen, dass der Angeklagte seine Lieferanten im Sinne des § 26 StGB zu den einzelnen Einfuhren bestimmt hat.

Der Angeklagte hat vorsätzlich die in China ansässigen und vor seiner Bestellung noch nicht fest zu den konkreten Taten entschlossenen Lieferanten veranlasst, die Betäubungsmittel nach Deutschland an seine Wohnanschrift zu versenden. Die chinesischen Lieferanten waren nur allgemein bereit, Betäubungsmittel aus ihrem Sortiment zu versenden und in die Bundesrepublik Deutschland einzuführen. Weder die Art des Betäubungsmittels oder dessen Menge noch dessen Empfänger noch der Lieferort standen fest. Der Tatentschluss der chinesischen Lieferanten zu den konkreten Taten wurde erst durch die Einflussnahme des Angeklagten, nämlich dessen Bestellung einer konkreten Menge eines konkret ausgewählten Betäubungsmittels, geweckt, und zwar zur Einfuhr von jeweils 100 Gramm der synthetischen Cannabinoide (JWH-122 zu einem Preis von 346,05 € und UR-144 zu einem Preis von 300 €) jeweils an die Wohnanschrift des Angeklagten in Deutschland. Dies belegt insbesondere der Bestellvorgang zu UR-144, bei dem es zu Preisverhandlungen zwischen dem chinesischen Lieferanten und dem Angeklagten kam, dem der ursprünglich vom Lieferanten geforderte Preis von 1.000 € zu hoch war, worauf sie sich auf 300 € einigten.

Die Bestellungen des Angeklagten stellten jeweils lediglich ein Angebot zum Kauf von jeweils 100 Gramm JWH-122 bzw. UR-144 dar, das von den chinesischen Lieferanten angenommen wurde und in den Versand eines Drogenpäckchens nach Deutschland mündete. Die Internetpräsentationen der im Ausland ansässigen Drogenhändler sind lediglich Aufforderungen zur Abgabe eines Angebots, eine sog. invitatio ad offerendum. Für den Besteller war in jedem Fall ungewiss, ob, wann und in welchem Umfang die Betreiber des Internetshops die Bestellung annehmen und ausführen würden.

Richtet sich ein Angebot nicht an eine bestimmte Person, sondern an die Allgemeinheit – wie es bei der Darstellung der möglichen Leistungen und Waren in einem Online-Shop der Fall ist –, handelt es sich oft mangels Willens zu vertraglicher Bindung nur um eine Aufforderung zur Abgabe von Vertragsanträgen, deren Sinn es ist, den potentiellen Vertragspartner über das eigene Waren- oder Leistungsangebot zu informieren, die grundsätzliche Vertragsbereitschaft zum Ausdruck zu bringen und vor einem verbindlichen Vertragsschluss die eigene Leistungsfähigkeit und die Zahlungsfähigkeit des möglichen Vertragspartners zu überprüfen (Erman/Armbrüster, BGB, 15. Aufl., § 145 Rn. 4). Der Online-Shop, der sich an einen unbekannten Personenkreis wendet, stellt lediglich die Waren und Preise dar, damit der Interessent aus dem Warensortiment aussuchen und seinerseits ein Kaufangebot abgeben kann; bei der Präsentation von Waren über das Internet können die Anzahl möglicher Bestellungen und die wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweiligen Bestellers nicht abgeschätzt werden (zu Online-Shops als invitatio ad offerendum vgl. auch BGH, Urteil vom 16. Oktober 2012 – X ZR 37/12, BGHZ 195,126 ff.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. Mai 2016 – I-16 U 72/15, NJW-RR 2016, 1073 ff.).“

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