Gutachten für Metall-Arbeitgeber: Streik derzeit unzulässig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 03.01.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|5299 Aufrufe

Das neue Jahr könnte für die Metall- und Elektrobranche mit harten Tarifauseinandersetzungen beginnen. Die Friedenspflicht in dieser deutschen Schlüsselindustrie ist mit dem 31. Dezember 2017 abgelaufen. Ab 8. Januar plant die IG Metall in allen Regionen befristete Arbeitsniederlegungen. Bisher wurden zwei Verhandlungsrunden in allen Regionen absolviert. Die nächsten Tarifgespräche sind für den 11. Januar angesetzt. Besonders umstritten ist die Forderung der IG Metall nach einem neuen, über das TzBfG hinausgehenden, Teilzeitanspruch. Die IG Metall verlangt von der Arbeitgeberseite eine tarifliche Regelung, nach der alle Beschäftigten mit längerer Arbeitszeit einen Rechtsanspruch erhalten, für bis zu zwei Jahre auf eine 28-Stunde-Woche zu wechseln. Der Betrieb soll ihnen dann die Vollzeitstelle offen halten. Einen Zuschuss von bis zu 200 Euro im Monat soll Betrieb dann jenen Arbeitnehmern zahlen, die nicht allein mehr Freizeit anstreben, sondern zu Hause Kinder oder pflegebedürftige Angehörige haben. Das Geld soll fließen, wenn jemand seine Arbeitszeit innerhalb eines Korridors von 28 bis 40 Stunden um mindestens 3,5 Stunden verkürzt. Ein von Gesamtmetall in Auftrag gegebenes Rechtsgutachtens des Münsteraner Arbeitsrechtler Clemens Höpfner, weckt nun Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer solchen Regelung, sollte sie wie gefordert in den Tarifvertrag aufgenommen werden. Höpfner moniert Medienberichten zufolge, dass die geforderte Regelung nur einem Teil der Beschäftigten, die aus familiären Gründen in Teilzeit arbeiten, einen Zuschuss verschafft. Dies benachteilige alle, die bereits in Teilzeit arbeiten. Denn sie hätten weder Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich noch auf Rückkehr in Vollzeit, wie ihn die 28-Stünder haben sollen. Hierin liege eine willkürliche Diskriminierung von Arbeitnehmern mit Betreuungspflichten, für die es keine sachliche Rechtfertigung gibt.

Dieser Befund ist brisant: Denn nach der sog. Rührei-Theorie des BAG führt die Kombination von rechtmäßigen und rechtswidrigen Tarifforderungen zur Gesamtrechtswidrigkeit eines eventuellen Streiks. Damit besteht für die IG Metall die Gefahr, sich hohen Schadensersatzforderungen der betroffenen Betriebe ausgesetzt zu sehen. Auch einstweiliger Rechtsschutz könnte erfolgreich beantragt werden. Um dem zu entgehen dürfte es sich für IG Metall anbieten, die Tarifforderung auszuweiten und für alle Teilzeitbeschäftigten einen Zuschussanspruch zu fordern. Die IG Metall hat diesen Schritt bereits anklingen lassen. Es könnte also gut sein, dass die Auseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie in den kommenden Wochen auch die Arbeitsgerichte beschäftigen wird.

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