Welche Übersetzung wurde von einem menschlichen Übersetzer angefertigt?

von Peter Winslow, veröffentlicht am 09.01.2018

Hier mal zum Spaß ein Ratespiel, das vielleicht die Anfangszüge der Beweisführung enthält, dass die jüngsten maschinellen Übersetzungssysteme, neuronale Netzwerke, besser sind als bisher gedacht und/oder dass menschliche Übersetzer nicht ohne Weiteres so gut sind wie bisher angenommen. … Ich meine »besser« und »nicht ohne Weiteres so gut« in dem Sinne, dass neuronale Netzwerke vielleicht eines Tages nicht nur juristische Fachübersetzung übernehmen, sondern auch menschliche Übersetzer für den Großteil der regelmäßigen Übersetzungsaufträge ablösen könnten.

Nur eine der nachstehenden Übersetzungen ins Deutsche wurde von einem menschlichen Übersetzer angefertigt, die anderen zwei stammen von maschinellen Übersetzungssystemen (vor mindestens sechs Monaten). … Erkennen Sie, welche Übersetzung der menschliche Übersetzer angefertigt hat? Der Mensch ist Deutscher und deutscher Muttersprachler. Er ist Diplom-Übersetzer – sogar für die englische Sprache allgemein beeidigt und öffentlich bestellt – und gibt an, mehr als fünf Jahre Berufserfahrung als freiberuflicher Übersetzer zu haben.

  Ausgangstext

This policy defines the specific server roles required to implement the server program.

  Erste Übersetzung

Diese Richtlinie definiert die spezifischen Server-Rollen, die zur Umsetzung des Server-Programms erforderlich sind.

  Zweite Übersetzung

In dieser Richtlinie werden bestimmte Server-Tätigkeiten festgelegt, die erforderlich sind, um das Serverprogramm umzusetzen.

  Dritte Übersetzung

In dieser Politik werden die spezifischen Aufgaben im Bereich des Servers festgelegt, die zur Umsetzung des Programms für den Server erforderlich sind.

  Kurz zum Schluss

Keine dieser Übersetzungen könnte als einwandfreie juristische Fachübersetzung gelten; jede leidet an bestimmten Problemen – der problematischen Wortwahl, dem sehr englischen Satzbau, der Überwörtlichkeit, falscher grammatikalischer Äquivalenz und so weiter. Das heißt, sie leiden alle an elementaren Fehlern, die einen Korrektoranfall bei Fachkundigen auslösen. … Und somit enthält dieser Test, glaube ich, die Anfangszüge, aber nur die Anfangszüge, der oben genannten Beweisführung.

  An afterthought

Wenn neuronale Netzwerke in der Zukunft tatsächlich regelmäßige Übersetzungsaufträge übernehmen und menschliche Übersetzer ablösen, so könnte ein interessantes Problem eintreten: Es wäre denkbar, dass die neuronalen Netzwerke bessere Übersetzungen liefern könnten als allgemein beeidigte und öffentlich bestellte Übersetzer und Übersetzerinnen. Welche Folgen hätte das für die Übersetzungsbranche?

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27 Kommentare

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Der Kirchenrechtler Adalbert Erler hat das Wort geprägt, wonach jede Rechtskenntnis Kenntnis der zu regelnden Sachverhalte voraussetzt. Das gilt auch für Sachverhalte, die sich in der Welt der Computer abspielen. Einen grammatisch richtigen deutschen Satz wie "Ich kann das Bild nicht öffnen" hätte man 1980 als Ausdruck von Nonsens empfunden. Ein bisschen geht es mir noch heute so. Es ist deshalb misslich, dass sich die Sätze im Ratespiel von Mr Winslow Aussagen zu EDV-Sachverhalten enthalten. Wären es keine Übersetzungen, sondern originär auf Deutsch verfasste Sätze - ihr Sinn erschlösse sich mir dennoch nicht. Das erschwert die Entscheidung, welche der drei Übersetzungen automatisiert erfolgte.

Ich will mich dennoch daran wagen. Dass die dritte Übersetzung aus "this policy" mit Präposition "in dieser Politik" gemacht hat, erscheint mir, sollte derlei von einem Menschen stammen, armselig. Ich bin verleitet, den Glauben an den false friend beim Computer zu verorten. Aber vermutlich sind die Übersetzungsprogramme schon weiter und die Übersetzung 3 ist in Wahrheit kein Beispiel für eine automatisierte Übersetzung. Dann würde ich für Beispiel 1 plädieren. Das Beispiel 2 weicht ohne Not in einen Behördenstil aus - das würde ich für menschengemacht halten.  

Hallo Herr Bender,

vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich habe tatsächlich nicht an die EDV-Bezüge gedacht. Da haben Sie natürlich Recht. Hilft es, dass »server roles« mit jedem beliebig zu regelnden Bereich ausgetauscht werden könnte? Der Satz ist nämlich ein Standardsatz, den man in »policies« sehr häufig in dieser und ähnlicher Form vorfindet. 

Was Ihren Lösungsversuch angeht: Ich veröffentliche die Antwort noch nicht. Ich hoffe, es gibt noch ein paar weitere Lösungsversuche aus dem »Kommentariat«. Warten wir also erstmal ein paar Tage ab. I hope you understand.

Mit besten Grüßen
Peter Winslow

Mein erster Gedanke: Die zweite Übersetzung ist menschengemacht, die erste ist eine eher gute Maschinenübersetzung, die dritte eine eher schwache.

Der zweite Gedanke: Weil es hier als "Quiz" eingestellt ist, spricht doch einiges dafür, dass die dritte Übersetzung (mit der "Politik") vom menschlichen Übersetzer stammt und die beiden ersten Maschinenübersetzungen sind.

Beiläufig: In einem kleinen internationalen Internet-Forum habe ich zu meiner Überraschung festgestellt, dass die Maschinenübersetzungen Deutsch-Englisch und Englisch-Deutsch inzwischen ziemlich gut, also (insbes. verglichen mit dem Zustand vor einigen Jahren) grammatikalisch und inhaltlich weitgehend richtig sind. Bei anderen Sprachen hapert es hingegen immer noch deutlich (etwa: Portugiesisch-Deutsch).

Hallo Prof. Dr. Müller,

die Antwort gebe ich erst in ein paar Tage preis. Ich bitte um etwas Geduld.

Die neuronalen Netzwerke sind wirklich gut geworden. Sie imitieren sogar teilweise gute Prosa, insbesondere für Englisch/Deutsch und Deutsch/Englisch. Aber sie müssen trainiert werden und benötigen eine Menge an Materialen und Trainingsätze etc. Grob gilt: je besser das Trainingsmaterial, desto besser die Ergebnisse. Sehr grob gesagt, basieren die Netzwerke auf dem menschlichen Gehirn (so wird's mindestens behauptet); es werden, habe ich mir sagen lassen, durch künstliche Intelligenz-Software Assoziationen auf unterschiedlichen Ebenen gebildet und diese wirken dann miteinander zusammen, um in sehr kurzer Zeit die durch das Trainingsmaterial bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Ein unfassbares Ding. Diese Netzwerke sind so leistungsfähig wie noch nie, aber sie gehören immer noch zu der sogenannten »dumb AI« (so heißt es wirklich). ...Nun ja: In meinen extremeren Momenten erhoffe ich mir, eines Tages mit dieser dummen künstlichen Intelligenz klug zu werden.

Mit besten Grüßen
Peter Winslow

 

Der Witz ist, dass die KI durch Training nicht nur besser, sondern auch schlechter werden kann. Das sogar nur partiell. Der GAU - Durch Manipulation einer bisher äußerst zuverlässigen KI erzeugt diese (im Einzelfall) verfälschende Ergebnisse.

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Herr Winslow, vielen Dank für diesen Beitrag. Das ist sicher ein interessanter Test. In meiner täglichen Praxis teste ich auch ständig verschiedene Systeme mit den unterschiedlichsten, meistens jedoch erstaunlich guten Ergebnissen über teilweise recht voluminöse Texte hinweg.

Allerdings liegen die Maschinenübersetzungen sehr häufig auch vollkommen daneben. Wenn ich z.B. Genugtuung ins Englische übersetzen möchte, und dabei das Konzept des Schmerzensgelds nach Schweizer Recht gemeint ist, was bekomme ich dann von der Maschine? Genau, „satisfaction“ anstelle von „pain and suffering“. Oder wenn ich in Verträgen eingangs die Parteien festgelegt und den Käufer als „Buyer“ bezeichnet habe, was ich dann natürlich auch durchgehend so erwarte, kommt in der Maschinenübersetzung mal „Buyer“, mal „Purchaser“ und manchmal groß und manchmal klein geschrieben.

Solche Fehler können natürlich auch vom so genannten Humanübersetzer gemacht werden, auch wenn er Diesunddas-Certified und Jenes-Beeidigt ist, nur ist er dann für mich kein qualifizierter Übersetzer und kommt für eine Zusammenarbeit ohnehin nicht in Frage.

Wenn wir im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz, auf der die neuronale Maschinenübersetzung beruht, erst einmal den Zustand der Singularität erreicht haben, dann wird es Übersetzer der heutigen Berufsbeschreibung wohl nicht mehr geben.

Bis dahin aber sind wir juristische Fachübersetzer mit unserer einschlägigen Kompetenz gefragt, den maschinellen Output für unsere Auftraggeber - Anwaltskanzleien und deren Mandanten - so zu überarbeiten, dass sich unsere Kunden nach wie vor auf zuverlässige Rechtsübersetzungen verlassen können. Der Auftraggeber braucht sich also nicht selbst mit diesem Output zu befassen, das ist unser Fachgebiet, unsere Aufgabe. Diese Leistungen werden natürlich auch entsprechend günstiger als eine Übersetzung ohne maschinelle Hilfe angeboten, nämlich nur nach reinem Zeitaufwand. Und das nenne ich eine „Win-Win“-Situation!

Wo ist das juristische in dem Satz?

Das Beispiel ist für mich dann auch daneben, weil der Originalsatz unsinnig ist. Eigentlich sollte ein Server/EDV-Programm so gestaltet sein, damit es die gewünschten Aufgaben erledigen kann und nicht umgekehrt. Oder?

 

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Hallo Frau Manzin,

Richtlinien werden häufig – erfahrungsgemäß fast immer – durch die Rechtsabeitulung bzw. Rechtsanwälte geprüft. Wenn eine Richtlinie übersetzt werden muss, so erfolgt die Übersetzung in der Regel über die Rechtsabteilung bzw. die Rechtsanwälte, die diese geprüft haben. … Das ist das Juristische an dem Satz.

Dieser Satz ist schwierig, das gebe ich gerne zu. Aber es geht darum, ob das MÜ oder der Mensche den Satzbau und das sogenannte Sprachregister besser gestaltet hat (Antwort folgt in einem separaten Kommentar). Vielleicht ist das Beispiel daneben. Aber es reicht m.E. aus, um Anfangszüge in die eine oder andere Richtung zu tätigen.

Vielleicht war ich nicht klar genug: Der Satz ist übrehaupt nicht schwierig, sondern lediglich unsinnig. Daher ist jeder Übersetzungsversuch zum Scheitern verurteilt. In solchen Fällen frage ich immer den Kunden nach, BEVOR ich die Übersetzung liefere.

 

 

 

 

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Vielleicht war ich nicht klar genug: Der Satz ist übrehaupt nicht schwierig, sondern lediglich unsinnig. Daher ist jeder Übersetzungsversuch zum Scheitern verurteilt. In solchen Fällen frage ich immer den Kunden nach, BEVOR ich die Übersetzung liefere.

 

 

 

 

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Hallo, Herr Winslow,

gebe zu, dass mir nicht ganz klar ist, was die Übersetzung eines einzigen, zusammenhangslosen Satzes belegen soll. Wenn wir etwas für od. gg. die MT beweisen wollen, braucht es zumindest einen inhaltlich konsistenten, einwandfreien Text, so dass man sagen kann, dass ein Mensch diesen voll erfassen kann. Dann kann man vergleichen, was das menschl. Gehirn u. eine Maschine daraus machen. Hierbei sagen « Maschine » u. « Mensch » aber zuerst nicht viel aus. Denn es kommt darauf an, wie gut der Mensch in dem betr. Fachgebiet bzw. wie gut die Maschine ist und mit was Letztere gefüttert wurde.

Was den reinen Inhalt betrifft, gebe ich Marisa Manzin, die direkt vor mir schrieb, Recht. Grundsätzlich bleibt (bisher) ein Vorsprung des Menschen bestehen: Er kann bei Wissenslücken bzw. Nichtverstehen Nachforschungen anstellen, eine Maschine nicht; diese übersetzt aus dem vorhandenen Fundus im Speicher heraus und das war’s. Das bedeutet im Hinblick auf die Wirtschftlichkeit, dass man auch die Zeit u. Kosten für die Nachbearbeitung einrechnen muss. Unter diesem Gesichtspunkt wird die Maschine wohl häufigst der Verlierer bleiben.

Gruß

Wolfgang HULLMANN
- beeidigter Übersetzer (Belgien) -

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Hallo Herr Hullmann,

ich glaube, Sie haben meinen Beitrag leicht missverstanden. Ich habe nicht behauptet, dass dieses Ratespiel irgendwas belegen sollte. Ich habe behauptet, dass das Ratespiel »vielleicht die Anfangszüge der Beweisführung enhält« – nicht, dass dieses Ratespiel eine oder gar die Beweisführung für etwas ist oder darstellen sollte. Der Unterschied ist gewaltig.

Aufgrund meiner Arbeit – ich leite eine Übersetzungsabetilung – sehe ich sehr viele Übersetzungen von Menschen. In sehr wenigen Fällen stellen Menschen Nachforschungen an, wenn sie etwas nicht verstehen oder etwas nicht wissen. Die meisten übersetzen einfach vor sich hin. Nur ein von vielen Beispielen: Erfahrungsgemäß kennt mancher Übersetzer den Unterschied zwischen »zum« und »am« 14. Januar 2018 nicht (im Jahr 2017 haben wir sogar ein paar Übersetzer mit angeblich 20 Jahren Berufserfahrung getestet, und diese haben den Unterschied nicht gekannt). Sie wissen nicht einmal, dass sie den Unterschied nicht kennen, und kommen daher nicht auf die Idee, diesen nachforschen zu müssen. Die Qualität lässt aus diesem Grund häufig viel zu wünschen übrig und die von diesen Übersetzern angefertigten Übersetzungen müssen eh nachgearbeitet – in manchen Fällen gar neu übersetzt – werden. Bei einer Maschine weiß man von vornherein, dass die Nachbearbeitung notwendig ist. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass man nicht auf Menschen warten müssen. Man kriegt die Ergebnisse innerhalb von Sekunden. … Im Grunde genommen stimme ich Ihnen also zu, Menschen sind tatsächlich Maschinen in vielen möglichen Punkten überlegen. Diese Überlegenheit kommt erfahrungsgemäß nicht dann zum Tragen, wann es zählt. Vielleicht bin ich aber nur Pessimist mit schlechten Erfahrungen. Ich bin nicht bereit, diese Möglichkeit ohne Weiteres auszuschließen.

Mit besten Grüßen
Peter Winslow

Werter Kollege,

Sie schreiben: "Aufgrund meiner Arbeit – ich leite eine Übersetzungsabetilung – sehe ich sehr viele Übersetzungen von Menschen. In sehr wenigen Fällen stellen Menschen Nachforschungen an, wenn sie etwas nicht verstehen oder etwas nicht wissen. "

Vielleicht haben Sie einfach nur kein Glück bei der Auswahl Ihrer Subunternehmer?

Davon abgesehen stimme ich den Kollegen Noeninger, Hullmann und Manzin vollumfänglich zu.

Kollegiale Grüße

Gabi François

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Hallo Frau François,

bei Ihrem Teilzitat von mir ist wichtig, dass ich ein Beispiel angeführt habe. Die Geschichte mit den »Testkandidanten« (ein führchterliches Wort, oder?) stimmt wirklich. Wenn ich mich nicht auf die Arbeitsergebnisse und Erfahrung unserer älteren Kollegen und Kollegeninnen verlassen kann, ist es richtig, in diesem Fall von der Annahme auszugehen, dass ich einfach kein Glück bei der Auswahl der Subunternehmer habe? Irgendwie muss man, glaube ich, den älteren Kollegen und Kolleginnen einfache Wendungen, Phrasen und Ähnliches zutrauen dürfen, ohne dass ein Unglück bei mir festgestellt werden muss, oder? Eine ernsthafte Frage.

Mit besten Grüßen
Peter Winslow

peter_winslow schrieb:
 Wenn ich mich nicht auf die Arbeitsergebnisse und Erfahrung unserer älteren Kollegen und Kollegeninnen verlassen kann, ist es richtig, in diesem Fall von der Annahme auszugehen, dass ich einfach kein Glück bei der Auswahl der Subunternehmer habe? Irgendwie muss man, glaube ich, den älteren Kollegen und Kolleginnen einfache Wendungen, Phrasen und Ähnliches zutrauen dürfen, ohne dass ein Unglück bei mir festgestellt werden muss, oder? Eine ernsthafte Frage.

Zum einen ist Alter nicht zwingend eine Garantie für Qualität.

Zum anderen hängt die Qualität möglicherweise auch vom Preis ab:

"We offer three kinds of services: good - cheap - fast. You can pick any two. Good service cheap won't be fast. Good service fast won't be cheap. Fast service cheap won't be good."

 

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Die Antwort auf das Ratespiel

Zunächst bedanke ich mich bei allen Kommentatoren, die einen Lösungsversuch gewagt haben. 

Die von einem Menschen angefertigte Übersetzung ist die zweite Übersetzung – samt überwörtlicher Grammatik, des Behördenstils und so weiter. 

Werter Kollege,

bitte, verzeihen Sie, wenn ich widerspreche, aber Lösung 2 ist alles andere als Behördendeutsch. Dann (und mit der korrekten IT-Terminologie) müsste der Satz nämlich wie folgt lauten:

"In dieser Richtlinie werden bestimmte, zur Implementierung des Serverprogramms erforderliche Server-Tätigkeiten festgelegt."

Kollegiale Grüße

Gabi François

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peter_winslow schrieb:
 Der »Behördendeutsch«-Kommentar bezieht sich auf diesen Kommentar: https://community.beck.de/2018/01/09/welche-uebersetzung-wurde-von-einem...

Werter Kollege,

entweder sind Sie der Meinung des von Ihnen zitierten Autors, dann wäre eine Erklärung angebracht, inwiefern das zweite Übersetzungsbeispiel Behördendeutsch beinhalten. Oder Sie sind es nicht, dann wäre es angebracht, sich davon zu distanzieren bzw. das richtigzustellen.

Oder was verstehe ich jetzt nicht.

Kollegiale Grüße

Gabi François

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Die Einschätzung als Behördenstil kam von mir. Der menschliche Übersetzer war wohl der Irrmeinung, wenn er einen englischen Satz liest, der im Aktiv steht und in dem eine Tätigkeit mit einem Verb beschrieben wird, dann klingt es "deutscher", wenn man aus Aktiv Passiv und aus dem Verb ein Substantiv macht. Die Amtsstube, in der man so denkt, sehe ich förmlich vor mir. Da sitzen Geister, die von Sätzen beseelt werden wie dem, den ich vor einem Vierteljahrhundert als Rechtsreferendar einmal in einer Behördenakte las: "Die Mästung des Hundes erfolgte durch die tägliche Fütterung durch den Halter durch [sic!] fettes Eisbein." Zu schreiben "Der Halter mästete seinen Hund, indem er ihn täglich mit fettem Eisbein fütterte" wäre ja auch zu viel verlangt.

 

Sehr geehrter Herr Winslow,

hier noch einmal ordentlich. Ich war wohl schon in Gedanken woanders...

zum Glück sind wir (professionelle, vereidigte Übersetzer und Dolmetscher) noch lange davon entfernt durch Maschinen ersetzt zu werden. Die Maschine wird kaum unterscheiden können, ob es sich um Straf- oder Zivilrecht, um welche Rechtsordnung oder ob es sich um die Stadt Erlangen oder das Verb "erlangen" handelt unterscheiden können, oder gar ob der angebotene Satz unsinnig ist.

Ebenso wenig kann Legal Tech bisher Volljuristen ersetzen. 

Vor allem ist es sehr aus datenschutzrechtlichen Gründen sehr bedenklich Texte über DeepL oder andere MT online übersetzen zu lassen.

Mit freundlichem Gruß

N. Dalügge-Momme - 1. Vorsitzende des VVDÜ

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Sehr geehrte Frau Dalügge-Momme,

vielen Dank für Ihren Kommentar. Auch ich glaube, dass Maschinen nie so gut werden wie Menschen. Fakt ist jedoch, dass viele regelmäßige Übersetzungsaufgaben keiner »menschlichen Behandlung« bedürfen, auch im Bereich der juristischen Fachübersetzung (einfache Übersetzungen zur Gegenstandsermittelung, um nur ein Beispiel zu nennen). Meiner Meinung nach müssen Übersetzer und Übersetzerinnen zukünftig lernen, mit der Maschine zu leben und sich diese zu bedienen. Da MÜ-Systeme überraschend gut geworden sind, könnten wir Übersetzer und Übersetzerinnen diese zur Verbesserung unserer Arbeitsergebnisse einsetzen. Aber ...

Natürlich haben Sie auch Recht, dass im Bereich der juristischen Fachübersetzung der Datenschutz grundsätzlich dem Einsatz von DeepL und anderen online MÜ-Systemen entgegensteht. Inzwischen gibt es aber MÜ-Systeme, die man erwerben und auf eigenem Server installieren kann. Bei diesen Systemen sind die datenschutzrechtlichen Bedenken zum einen anderes und zum zweiten sehr kompliziert, und zwar für und gegen diese Systeme. Doch ist das ein Thema für einen anderen Tag ...

Mit besten Grüßen
Peter Winslow

 

Keine der Übersetzungen ist gelungen.

Der Satz fällt so, wie er hier steht, nicht in der Bereich der juristischen Fachübersetzungen. Der Satz ergibt für sich wenig Sinn. Ohne Kontext lässt er sich nicht mit absoluter Sicherheit übersetzen.

Wenn man einen beeidigten Urkundenübersetzer mit einem IT-Text betraut, weil man diesen Text für einen Rechtstreit braucht, dann sollte man sich noch einmal vergegenwärtigen, was die Beeidigung bedeutet. Sie ist nämlich nicht an Fachgebiete gekoppelt. Womit wir dann beim Auswahlverschulden wären ...

Außerdem stimme ich den Ausführungen von Frau N. Dalügge-Momme ausdrücklich zu.

Mit den besten Grüßen aus Marbach am Neckar

Birgit Bruder

 

 

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P.S.

Um konkret auf die Frage zu antworten: Ich tippe darauf, dass die dritte Variante von einem Humanübersetzer mit wenig IT-Erfahrung stammt, der versucht hat, alles aus dem Text herauszuholen, aber auch nicht mit dem Begriff "policy" vertraut ist.

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