Die gute Nachricht aus Bielefeld: Strafrichterinnen sind multitaskingfähig!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 12.01.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|2303 Aufrufe

Scherze über schon mit einer Aufgabe überlastete Männer und stets multitaskingfähige Frauen gibt es immer wieder. Diese Scherze haben nun glücklicherweise ein Ende. Tatsächlich ist jetzt gerichtlich zumindest für Bielefeld festgestellt: Eine Strafrichterin kann neben der Sitzung auch Kindesbetreuungsaufgaben wahrnehmen, ohne dass der Angeklagte besorgt sein muss, die Richterin sei befangen.

Auch der Umstand, dass sich während des Termins vom 29.08.2017 ein Schulkind - der 9-jährige Sohn der Richterin - im Beratungszimmer aufhielt und die Richterin die Tür zum Sitzungssaal geöffnet hielt, führt nicht zu ihrer Befangenheit Allerdings trifft es zu, dass dann, wenn der Richter der Sitzung nicht die volle Aufmerksamkeit widmet, sondern sich parallel privaten Aufgaben zuwendet, eine Befangenheit angenommen werden kann. Dies hat der BGH etwa für die private Handy-Nutzung während der Sitzung bejaht (vgl. BGH 2 StR 228/14). Dieser Fall unterscheidet sich aber von dem vorliegenden. Denn die Richterin war Im vom BGH entschiedenen Fall die Beisitzerin; sie nutzte das Handy während der laufenden Sitzung, Der hier vorliegende Fall ist eher damit zu vergleichen, dass das Handy auf Rufbereitschaft gestellt wird und gelegentlich aufs Handy geschaut wird. Denn wenn ein 9-jähriges Kind allein im Beratungszimmer spielt, weil an dem Tag die Kinderbetreuung nicht gewährleistet werden konnte, lenkt das als solches die Aufmerksamkeit der Richterin nicht ab. Dies wäre erst dann der Fall - ähnlich der Nutzung des Handys - wenn konkreter Betreuungsbedarf besteht. Dies war aber offensichtlich nicht der Fall. Die bloße beiläufige Überwachung des Sitzungszimmers führt aber nicht zu einer Reduzierung der Aufmerksamkeit in der Hauptverhandlung. 

AG Bielefeld, Beschluss vom 05.12.2017 - 39 Ds-6 Js 42/17-824/17, BeckRS 2017, 134347

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