OLG Celle: Keine Holzmüller/Gelatine-Grundsätze bei Veräußerung der Profifußballabteilung eines Sportvereins („Hannover 96 II“)

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 25.01.2018

Das OLG Celle hat mit Beschluss vom 12. Dezember 2017 (20 W 20/17, BeckRS 2017, 138245) zur möglichen Erstreckung der aktienrechtlichen Holzmüller/Gelatine-Rechtsprechung auf die Mitgliederversammlung eines Vereins Stellung genommen.

Die Entscheidung betrifft den Streit zwischen Mitgliedern des Sportvereins Hannover 96 und dem Vereinspräsidenten Herrn Martin Kind über die Profifußballabteilung des Vereins. Betrieben wird diese von einer KGaA, an der als Komplementär, vermittelt durch eine Management GmbH, der Sportverein beteiligt ist. Die Struktur entspricht damit der sogenannten 50+1-Regel aus § 8 Abs. 2 der Satzung des Ligaverbands. Um Herrn Kind eine Mehrheitsbeteiligung an der Management GmbH zu ermöglichen, beschlossen Vorstand und Aufsichtsrat des Sportvereins, eine Ausnahme von der 50+1-Regel zu beantragen und die Mehrheit der vom Verein gehaltenen GmbH-Anteile an Herrn Kind zu veräußern. Die Mitgliederversammlung beschloss, der Vorstand dürfe dies nur unter bestimmten Bedingungen tun.

In seiner Entscheidung bejaht der Senat (wie bereits in einer früheren Eilentscheidung in derselben Sache) eine Alleinzuständigkeit des Vorstands auf Basis der Vereinssatzung (Entscheidungskompetenz des Vorstands über „alle ideellen, sportlichen, wirtschaftlichen und strategischen Belange“). Dies gelte auch vor dem Hintergrund der im Aktienrecht entwickelten Holzmüller/Gelatine-Grundsätze, nach denen bestimmte Grundlagenentscheidungen zwingend durch die Hauptversammlung zu treffen seien. Diese Grundsätze ließen sich nicht ohne Berücksichtigung der Unterschiede zwischen AG und Verein auf letzteren übertragen. Maßstab könne in Bezug auf den Verein keine wirtschaftliche Betrachtungsweise sein. Vielmehr sei entscheidend, ob Mitgliederrechte beeinträchtigt seien, weil durch die betreffende Entscheidung der Vereinszweck ausgehöhlt werde. Vorliegend spreche gegen eine Aushöhlung nicht zuletzt der Name des Vereins, der als „Sportverein“ (also nicht „Fußballverein“) weiter Bestand hätte. Über den Profifußball werde der Verein zwar wesentlich öffentlich wahrgenommen; der Bereich stelle aber nicht den satzungsmäßigen Vereinszweck dar. Auch bleibe die satzungsmäßige Kompetenzordnung unverändert.

Dem Antragssteller im vorliegenden Verfahren sei es als Einzelmitglied zudem verwehrt, einen Anspruch der Mitgliederversammlung auf Feststellung der Nichtigkeit und Unterlassung der Vollziehung der Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse geltend zu machen. Die Voraussetzungen einer hierfür auch im Verein möglichen actio pro socio seien nicht erfüllt.

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