Streit um Kopfgeld auf Mitarbeiter vor Gericht beigelegt

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 26.01.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3113 Aufrufe

Vor dem Arbeitsgericht in Braunschweig wurde jüngst ein höchst ungewöhnlicher Rechtsstreit verhandelt. Ort des Geschehens ist das altehrwürdige Hofbrauhaus Wolters in Braunschweig. Der dortige Betriebsrat wollte erreichen, dass die Geschäftsführung von Niedersachsens größter Privatbrauerei ein sogenanntes „Kopfgeld“ zurücknimmt. Angestrebt werde ein gerichtliches Verbot, sagte Manfred Tessmann, Chef der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten in Braunschweig, dem NDR. Zwei der drei Gesellschafter, die allesamt auch die Geschäftsführung bilden, hatten kurz vor Weihnachten 2.000 Euro für diejenigen ausgelobt, die Kritiker aus dem Mitarbeiterkreis nennen. Bei einer Betriebsversammlung mit rund 100 Mitarbeitern im Dezember 2017 hatte der Betriebsrat wie üblich anonyme Kritik aus dem sogenannten Kummerkasten vorgelesen. U.a. sollen sie Beschwerden folgende Inhalte gehabt haben: „X verpisst sich, wenn Arbeit auf ihn zukommt.“ „Y kann nicht bis drei zählen.“ „Z schwätzt nur dumm rum.“ Aus Sicht von Wolters-Geschäftsführer Peter Lehna handelt es sich jedoch um Schmähschriften. Es gehe nicht darum, den Mitarbeitern einen Maulkorb zu verpassen. Kritik, auch anonym vorgetragen, wolle man nicht unterdrücken, so Lehna weiter. Hier seien aber Kollegen persönlich beleidigt und diskriminiert worden. Darum werde man auch Anzeige gegen Unbekannt stellen. In einer schriftlichen Stellungnahme betont Lehna: „Aus Sicht der Geschäftsleitung besteht kein Konflikt zwischen ihr und dem Betriebsrat.“ Die Geschäftsleitung werde den Betriebsrat niemals in seinen Rechten einschränken. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten sprach dagegen von berechtigter, scharf formulierter Kritik. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge sieht deren Regionsgeschäftsführer Tessmann im Vorgehen der Geschäftsleitung eine große Gefahr. Die Belohnung zur Ergreifung des Anonymus sei nicht das probate Mittel, „weil sich möglicherweise niemand mehr traut, Kritik zu üben". Kritik sei - auch wenn sie scharf formuliert sei - von der Meinungsfreiheit geschützt.

Nun jedoch lenkt die Brauerei ein. Wie u.a. die „Hannoversche Allgemeine“ berichtet, hat die Geschäftsführung die Prämie zurückgezogen. Unternehmensleitung und Betriebsrat hätten sich darauf vor dem Arbeitsgericht Braunschweig geeinigt. Der Betriebsrat sicherte im Gegenzug zu, solche Vorfälle künftig zu vermeiden. „Wir mussten eine konstruktive Lösung finden, die den Betriebsfrieden wiederherstellt“, wird der Geschäftsführer zitiert. Aufgeben will er aber nicht: Er hofft weiterhin auf Hinweise und prüft eine Strafanzeige gegen die unbekannten Verfasser.

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