VG Düsseldorf: Sonntagsarbeit bei Amazon rechtswidrig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 27.01.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3079 Aufrufe

Der Monat Dezember stellt den Online-Versandhändler Amazon alljährlich vor große Herausforderungen. Der signifikante Anstieg an Bestellungen vor Weihnachten ist im Rahmen der regulären Arbeitszeiten kaum zu bewältigen. Vor diesem Hintergrund hat Amazon in der Vergangenheit mehrfach für verschiedene Standorte eine Ausnahme vom Verbot der Sonntagsarbeit beantragt. Gegen solche behördlichen Ausnahmeentscheidungen zugunsten von Amazon geht die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gerichtlich vor. An dieser Stelle ist bereits über eine Entscheidung des VG Kassel für den Standort Bad Hersfeld berichtet worden, die der Genehmigung von Sonntagsarbeit enge Grenzen gesetzt hat (Beitrag vom 29.5.2017). In einem weiteren Verfahren vor dem VG Düsseldorf ging es jetzt um den Logistik-Standort Rheinberg, der im letzten Jahr übrigens auch einer der Schauplätze von Streiks gegen Amazon war.  

Die Amazon in Rheinberg von der Bezirksregierung Düsseldorf erteilte Bewilligung, Arbeitnehmer an den Adventssonntagen des 13. und 20. Dezember 2015 ausnahmsweise zu beschäftigen, war – wie das VG Düsseldorf (Urteil vom 15.1.2018 Aktenzeichen: 29 K 8347/15) jetzt entschieden hat - rechtswidrig und verletzte ver.di in ihrem Grundrecht auf Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit. Für das Gericht war nicht erkennbar, dass Amazon ohne Bewilligung der Sonntagsarbeit ein so großer Schaden entstanden wäre, dass dieser das Interesse am Erhalt der Sonntagsruhe hätte überwiegen können. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt, es sei zweifelhaft, ob das üblicherweise auftragsstarke Weihnachtsgeschäft eine vom Normalzustand abweichende Sondersituation darstelle, die Sonntagsarbeit ausnahmsweise rechtfertigen könne. Jedenfalls habe Amazon nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass ihr ohne die Sonntagsarbeit ein unverhältnismäßiger Schaden drohe, der mit anderen zumutbaren Mitteln nicht hätte verhindert oder gemildert werden können. Vielmehr habe Amazon durch das Festhalten an eng bemessenen Lieferfristen und die Abgabe eines „Same-Day-Delivery“-Versprechens auch im Weihnachtsgeschäft die Erwartungshaltung ihrer Kunden und den dadurch entstandenen Lieferdruck selbst herbeigeführt. Sie habe es damit versäumt, dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe durch eine entsprechende Ausgestaltung ihres Geschäftsmodells in der Vorweihnachtszeit hinreichend Rechnung zu tragen.

Ver.di äußerte sich hocherfreut: „Das Verwaltungsgericht hat den Sonntagsschutz gestärkt. Das ist ein gutes Signal für die Beschäftigten und den verfassungsrechtlich garantierten Sonntagsschutz. Amazons Anträge auf Sonntagsarbeit an verschiedenen Standorten zeigen, wie sehr das Unternehmen durch die Streiks für einen Tarifvertrag unter Druck steht“, sagte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

Amazon Deutschland erklärte hingegen, das Unternehmen „bedauert die Entscheidung des Gerichts“. Amazon behalte sich die Prüfung vor, sobald das Gericht das schriftliche Urteil erlassen habe, erklärte eine Sprecherin.

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