Keine einstweiligen Verfügungen gegen Streik in der Metall- und Elektroindustrie

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 02.02.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|3874 Aufrufe

Mittlerweile liegen erste arbeitsgerichtlichen Entscheidungen zu den Streikmaßnahmen der IG Metall in den aktuellen Tarifauseinandersetzungen in der Metall- und Elektroindustrie vor:

Das ArbG Krefeld hat durch Urteil vom 31.1.2018 (1 Ga 1/18, PM vom 31.1.2018), den für den 1.2.2018 um 06:00 Uhr in einem metallverarbeitenden Betrieb in Viersen aus dem Bereich der Automobilzulieferung angekündigten Streik nicht untersagt. Den entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat es zurückgewiesen. Das Gericht hat bei der Urteilsverkündung erläutert, dass die hohen Anforderungen, die für die endgültige Untersagung eines Streiks aufgrund des für Arbeitskämpfe bestehenden Grundrechtsschutzes erfüllt sein müssten, nicht eingehalten seien. Ein Verfügungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht worden. Ob und aus welchem Grund die Zahlung einer Zulage für Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit befristet für maximal zwei Jahre auf bis zu 28 Stunden reduzieren, andere Teilzeitbeschäftigte diskriminiert, die bereits unbefristet in Teilzeit arbeiten und keine Zulage bekommen, setze eine Angemessenheitsprüfung im Einzelfall voraus. Rechtswidrig wäre die Zulage nur dann, wenn sie keinem schutzwürdigen Interesse, z. B. der Vermeidung von Fachkräftemangel oder der Erleichterung von Betreuung von Kindern, dienen würde. Im Rahmen des vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahrens sei dies nicht mit der für eine Untersagung eines Streiks erforderlichen Eindeutigkeit dargelegt worden. Zudem sei ein Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden. Ob ein Tagesstreik als Vorstufe zu einem Erzwingungsstreik zulässig ist, habe jedenfalls deshalb keiner Entscheidung bedurft, weil aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen des Streiks für das klagende Unternehmen nicht offensichtlich sei, dass ein 24 Stunden andauernder Streik zu einer unzumutbaren Belastung führen würde.

Auf dieser Linie liegt auch ArbG Nürnberg (Beschluss vom 31.1.2018 - 5 GA 24/18) Die entscheidende Passage in den Entscheidungsgründen lautet wie folgt:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können Arbeitskämpfe nur zur Durchsetzung tarifvertraglich regelbarer Ziele geführt werden. Dies bedeutet, dass der Tarifvertrag, der kampfweise durchgesetzt werden soll, einen rechtmäßigen Inhalt haben muss. Ein auf eine gesetzwidrige tarifliche Regelung gerichteter Arbeitskampf ist nicht erlaubt (BAG v. 10.12.2002 – 1 AZR 96/02NZA 2003, 734, m.w.N.). Auf rechtswidrige tarifliche Regelungen in diesem Sinne sind die Forderungen der IG Metall Bayern jedoch nicht gerichtet. Dies gilt jedenfalls, soweit unter Zugrundelegung des summarischen Prüfungs-maßstabs im Eilverfahren lediglich eine offensichtliche Unwirksamkeit zu berücksichtigen wäre.

Aus den Forderungen in Ziffer 2 folgt zunächst – was zwischen den Parteien auch unstreitig ist – eine Ungleichbehandlung der Personengruppen, welche weniger als 28 Wochenstunden und welche 28 oder mehr Wochenstunden arbeiten. An einer sachlichen Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung mangelt es jedoch zumindest nicht in offensichtlicher Art und Weise. Zuzugeben ist der Verfügungsklägerin, dass – jedenfalls wenn mehr Beschäftigte ihre Arbeitszeit auf 28 Wochenstunden reduzieren als Beschäftigte unter 28 Stunden auf dieses Volumen aufstocken – das gegebene Arbeitszeitvolumen auf mehr Köpfe verteilt werden muss und insoweit gerade ein neuer Fachkräftebedarf entsteht. Dies schließt jedoch nicht aus, dass die positiven Effekte der Maßnahme im Hinblick auf die Fachkräftegewinnung überwiegen und im Ergebnis mehr Fachkräfte zur Verfügung stehen. Weiterhin ist festzustellen, dass sowohl die Verfügungsklägerin als auch die Verfügungsbeklagten hinsichtlich Ziffern 2.1 und 2.2 familienpolitische und gesundheitsbezogene Aspekte geltend machen – erstere als unzulässiges Unterscheidungsmerkmal, letztere als sachlichen Rechtfertigungsgrund. Welcher Ansicht insoweit der Vorzug zu geben ist, kann aber jedenfalls im Rahmen der summarischen Prüfung des Eilverfahrens nicht ermittelt werden, sodass jedenfalls von keiner offensichtlichen Rechtswidrigkeit auszugehen ist.“

Begründet war der Antrag nach Ansicht des ArbG Nürnberg allerdings insoweit, als er auf die Untersagung einer Blockade des Zugangs zum Betrieb der Verfügungsklägerin gerichtet war. Das betrifft aber die besonderen Umstände der konkreten Streikmaßnahme und ist insoweit von geringerem Interesse.

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1 Kommentar

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Kein gutes Zeugnis für das Gefälligkeitsgutachten des Herrn Höpfner.

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