Keine Ausbildungskostenumlage für Solo-Selbständige

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 06.02.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3119 Aufrufe

Verschiedene Tarifverträge verpflichten alle Unternehmer in ihrem Geltungsbereich zur Zahlung einer Ausbildungskostenumlage. Damit sollen die ausbildenden Betriebe finanziell entlastet und die Kosten der Ausbildung auch von denjenigen Unternehmen mitgetragen werden, die selbst nicht ausbilden. Rechtstechnisch wird dieses sozialpolitisch ja durchaus erwägenswerte Ziel durch die Allgemeinverbindlicherklärung der Tarifverträge (§ 5 TVG) unterstützt.

Als problematisch erweist sich die Umlageverpflichtung aber gegenüber denjenigen - im Handwerk durchaus verbreiteten - Unternehmern, die ohne jeden Arbeitnehmer als Solo-Selbständige tätig sind. Denn Tarifverträge ordnen den Inhalt von Arbeitsverhältnissen (sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen), § 1 Abs. 1 TVG. Selbständige ohne Arbeitnehmer aber sind keine Vertragspartner eines Arbeitsverhältnisses und damit an sich nicht Normunterworfene eines Tarifvertrages. In der Literatur ist die Zulässigkeit derartiger Tarifvertragsklauseln folgerichtig umstritten (ihre Zulässigkeit bejahend Bayreuther/Deinert RdA 2015, 129 ff.; dagegen Vetter NZA-RR 2017, 281 ff.).

Bereits im vergangenen Jahr hatte das BAG über die Umlage im Baugewerbe zu entscheiden. Es hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Amtsgericht Bad Freienwalde an der Oder verwiesen (BAG, Beschl. vom 1.8.2017 - 9 AZB 45/17, NZA 2017, 1143). Damit war freilich keine Entscheidung in der Sache verbunden.

Etwas versteckt in einer aktuellen Pressemitteilung findet sich jetzt die Entscheidung des 10. Senats zur Ausbildungskostenausgleichskasse des Schornsteinfegerhandwerks. Nach längeren Ausführungen zu prozessualen Fragen und zur Tarifzuständigkeit heißt es ganz am Ende:

Die Revision des Beklagten in der Sache - 10 AZR 279/16 -, der keine Arbeitnehmer beschäftigt, hatte vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. § 7 Abs. 2 Satz 2 TV AKS 2012 ist unwirksam, soweit Betriebe ohne Arbeitnehmer Beiträge an die AKS zahlen müssen. Durch diese Regelung haben die Tarifvertragsparteien ihre tarifliche Regelungsmacht überschritten.

Von Solo-Selbständigen dürfen also durch Tarifvertrag keine Ausbildungskostenumlagen erhoben werden.

BAG, Urt. vom 31.1.2018 - 10 AZR 279/16, Pressemitteilung hier

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen