Drei Leitsätze der juristischen Fachübersetzung

von Peter Winslow, veröffentlicht am 26.02.2018

Am 23. Juni 1968 hat Giovanni Mardersteig, Meisterdrucker, Schriftgestalter und Typograph, anlässlich der Verleihung des Gutenberg-Preises der Stadt Mainz und der Gutenberg-Gesellschaft eine Rede gehalten, die er mit seiner Antwort auf die Frage, »wie sich ein Drucker zu einem ihm anvertrauten Buche verhalten soll«, wie folgt endet:

Als erstes diene dem Autor, suche die beste Lösung für die Wirkung seines Themas.

Als zweites diene dem Leser, mache ihm die Lektüre so angenehm und leicht wie möglich.

Als drittes gib dem Ganzen ein anziehendes Gewand, ohne zu eigenwillig zu sein.

Meines Erachtens gilt Entsprechendes für die Antwort auf die Frage, wie sich ein juristischer Fachübersetzer/eine juristische Fachübersetzerin zu einem ihm/ihr anvertrauten Übersetzungsauftrag verhalten soll:

Als erstes diene dem Verfasser/der Verfasserin des Ausgangstexts, suche in der Zielsprache die beste Entsprechung für die Wirkung seiner/ihrer Worte.

Unabhängig davon, ob der Kunde zugleich Verfasser(in) des Ausgangstexts ist, hat dieser Leitsatz zur Folge, dass dem Anliegen des Kunden erst dann gerecht, wenn bei der Übersetzung dem Ausgangstext Rechnung getragen wird: Der Kunde hat nämlich nichts davon, wenn die Übersetzung keine richtige und vollständige Wiedergabe des Ausgangstexts darstellt. Diese beiden Kriterien sind im Regelfall objektiv und sachlich zu ermitteln; sie sind zumindest zu einem bedeutenden Maße von persönlichen Meinungen und Wünschen unabhängig. Richtigkeit und Vollständigkeit könnten, müssen aber nicht notwendigerweise, mit dem persönlichen (oder gar parteiischen) Verständnis des Kunden übereinstimmen. Der Kunde ist nicht der Rattenfänger von Hameln, juristische Fachübersetzer und Fachübersetzerinnen nicht die Ratten und Kinder, die auf Anhieb nach seiner Pfeife tanzen.

Als zweites diene dem Leser/der Leserin, übersetze den Ausgangstext so sprachregisterkonform, wie der Ausgangstext dies zulässt.

Niemand will zum Beispiel einen Satz wie »the contract is automatically extended respectively by one year« als Übersetzung des Satzes »der Vertrag verlängert sich automatisch jeweils um ein Jahr« lesen müssen. Diese Art der Wortwörtlichkeit ist selten angebracht, weil kaum verständlich. Wenn sich eine Übersetzung so gut wie eine Ersti-Hausarbeit liest, so ist etwas schief gegangen. Eine etwaige Übersetzung wie »the agreement shall be automatically extended for successive one-year periods« ist im Regelfall einfach und gut.

Als drittes behalte die Formatierung des Ausgangstexts bei, wenn der Ausgangstext in elektronisch bearbeitbarer Form vorliegt, oder formatiere die Übersetzung sowohl in Anlehnung an die Formatierung des Ausgangstexts als auch in Übereinstimmung mit einem Inhouse-, Kunden-bzw. branchenüblichen Styleguide, wenn der Ausgangstext nicht in elektronisch bearbeitbarer Form vorliegt, behalte also das bereits vorhandene Gewand oder bastele ein neues aufgrund der erkennbaren Eigenschaften des alten, und zwar in Übereinstimmung mit anzuwendenden Inhouse-, Kunden- oder Branchen-Normen.

In der Regel ist es nicht Sache der juristischen Fachübersetzung, Arbeitsergebnisse anziehende Gewände zu geben. So formuliert hört es sich blöd an. Aber juristische Fachübersetzungen sollten so schön oder so hässlich sein wie der jeweilige Ausgangstext. Und die Schönheit dieses Texts ist Sache des Verfassers/der Verfasserin. … Eine Ausnahme bilden beglaubigte Übersetzungen, weil diese tatsächlich Arbeitsergebnisse von juristischen Fachübersetzern und Fachübersetzerinnen darstellen, die nicht mit dem Ausgangstext verwechselt werden dürfen. Diese Ausnahme darf man jedoch nicht »zu eigenwillig« gestalten.

Das heißt: Juristische Fachübersetzer und Fachübersetzerinnen haben zwar einen gewissen Spielraum bei der Gestaltung beglaubigter Übersetzungen, aber dieser beschränkt sich lediglich auf fünf Elemente: die Schriftart, die Textausrichtung, die Silbentrennungseinstellungen, den Zeilenabstand und den Satzspiegel. Eine professionelle, käuflich erworbene Schriftart sollte bei beglaubigten Übersetzungen zum Einsatz kommen. Um es etwas übertrieben auszudrücken, kann keine professionelle Schriftart mit Arial, Calibri oder Times New Roman, den am häufigsten von Anwälten und Anwältinnen verwendeten Schriftarten, verwechselt werden. Beglaubigte Übersetzungen sind ja für den Druck bestimmt. Es schadet nichts, wenn sie entsprechend behandelt werden. Weil das am häufigsten verwendete Textverarbeitungsprogramm Microsoft Word ist, sollte die Textausrichtung mit einigen Ausnahmen, die jeweils im Einzelfall zu ermitteln sind, linksbündig sein; das Justification-Engine bei Word lässt in vielen Fällen viel zu wünschen übrig. Die Silbentrennung sollte eingeschaltet werden. Idealerweise sollte es nicht mehr als zwei aufeinander folgende Trennstriche geben. In der Praxis wird dies selten eingehalten, auch weil dies oft nur mit unverhältnismäßig viel Aufwand möglich ist. Aber man kann nach dem Ideal streben; denn man möchte schließlich so nah wie möglich am Ideal scheitern. Der Zeilenabstand sollte in der Regel zwischen 120 % und 140 % der Schriftgröße betragen – nur zwei Beispiele: bei einer Schriftgröße von etwa 10 pt beträgt der Zeilenabstand 12 pt (=10 × 1,2) bzw. 14 pt (= 10 × 1,4). Bei DIN-A4-Blättern ist ein schöner Satzspiegel für viele (aber nicht für alle) anwaltliche Arbeitsergebnisse der Goldene Schnitt; dieser Satzspiegel ist nicht nur die Empfehlung des weltbekannten Typographen Robert Bringhurst (siehe The Elements of Typographic Style). Auch Giovanni Mardersteig, der eingangs genannten Meisterdrucker, hat diesen Satzspiegel für manche Drucksachen in DIN-A4-Format gewählt. Sein Satzspiegel war zwar für den Buchdruck mit gegenüberliegenden Seiten bestimmt, aber man kann den Goldenen Schnitt ziemlich einfach auf einem DIN-A4-Blatt zum Zweck anwaltlicher Arbeitsergebnisse einrichten. Bei einer Variante betragen die Seitenränder oben 2,5 cm, unten, 4,5 cm, links 3,5 cm und rechts 3,5 cm oder aber, wenn man gleichgroße Seitenränder haben möchte, 3,5 cm oben, unten, links und rechts. Bei einer anderen Variante betragen die Seitenränder oben 2,5 cm, unten 3,92 cm links 4,68 cm und rechts 4,68 cm.

Um zu rekapitulieren: Wie soll sich ein juristischer Fachübersetzer/eine juristische Fachübersetzerin zu einem ihm/ihr anvertrauten Übersetzungsauftrag verhalten?

Als erstes diene dem Verfasser/der Verfasserin des Ausgangstexts, suche in der Zielsprache die beste Entsprechung für die Wirkung seiner/ihrer Worte.

Als zweites diene dem Leser/der Leserin, übersetze den Ausgangstext so sprachregisterkonform, wie der Ausgangstext dies zulässt.

Als drittes behalte die Formatierung des Ausgangstexts bei, wenn der Ausgangstext in elektronisch bearbeitbarer Form vorliegt, oder formatiere die Übersetzung sowohl in Anlehnung an die Formatierung des Ausgangstexts als auch in Übereinstimmung mit einem Inhouse-, Kunden-bzw. branchenüblichen Styleguide, wenn der Ausgangstext nicht in elektronisch bearbeitbarer Form vorliegt, behalte also das bereits vorhandene Gewand oder bastele ein neues aufgrund der erkennbaren Eigenschaften des alten, und zwar in Übereinstimmung mit anzuwendenden Inhouse-, Kunden- oder Branchen-Normen.

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4 Kommentare

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Ich freue mich sehr, bei Ihnen zu lesen, dass Typographie und ihr mindestens fünfhundert Jahre altes Wissen noch nicht ganz tot sind. Aber sie leiden derzeit an einer Vergiftung - durch Überflutung mit digitalen Chaos.

Mit der Auswahl der Schriftgröße für das DINA4-Format kann ich Ihnen nur bedingt zustimmen. Eine 10pt-Schrift kommt nur in einem Text mit zwei Spalten in Betracht. Nach meinem visuellen Geschmack ist 10pt dafür dennoch etwas zu klein. Vielleicht für sich allein gerade noch grenzwertig - in zwei Spalten. Nur die Fußnoten, die entsprechend kleiner sein müssen, geraten dann viel zu klein. 11pt finde ich besser. Die NJW vom Beck-Verlag benutzt m.E. 11pt. Aber - ich räume gerne ein, das Format der Beck-Zeitschriften ist etwas größer als DIN A4.

Manche, die sich mit Typographie noch nie beschäftigt haben, könnten meinen: was für eine Korinthenkackerei, ist doch egal, ob 10 oder 11pt. Aber sie irren. Da liegen Welten zwischen, wenn es darum geht, die Augen der Leser möglichst wenig zu belasten. Aus der Schriftgröße errechnet sich auch vieles andere, z.B. Zeilenlänge, die nicht mehr als 80 Zeichen einschließlich der Leerzeichen haben sollte, und der Zeilenabstand, der in juristischen Ausarbeitungen in der Regel 1,5 ist.

Im Grunde ist diese Differenz von 1pt in der Schriftgröße eines der großen Probleme digitaler Aufbereitung von gedruckten Texten. Als Texte noch mit der guten alten Schreibmaschine geschrieben wurden, gab es keine so großen Unterschiede in der Topographie zwischen den juristischen Kanzleien wie heute, obwohl sie verschiedene Schreibmaschinen benutzt hatten. Heute benutzen so gut wie alle das ominöse MS-Word, weil die Software-Lieferanten das im Paket haben. Und dennoch diese Unterschiede.

Die Standardschrift von Schreibmaschinen war in der Regel echte 12pt groß. Darauf konnte man sich bei guten Schreibmaschinen auch verlassen. Wenn die heutigen Digitalschriften mit 12pt angegeben bzw. eingestellt werden - vor allem in MS-Word, dann stimmt das nur selten. Nicht selten ergibt das tatsächlich eine Schrift von bis zu 11pt oder 13pt. Wenn dann noch der linke Rand so eingestellt ist wie in der Adresse, damit sie zum Versenden in das Adressfenster des Umschlags passt (und ein Teil des Textes beim Abheften in Akten im Aktenbund verschwindet), der rechte Rand dann noch (in etwa) gleich groß ist, dann erhält man eine Zeile mit einer um mehr als das Doppelte überschrittenen Länge. So einen Text kann niemand lesen ohne sich dabei zu quälen.

Ich will damit nicht sagen, dass MS-Word gänzlich ungeeignet sei, um einigermaßen brauchbare Druckergebnisse, egal ob auf Papier oder im Display, zu erhalten - allerdings mit viel Aufwand. Die Möglichkeiten von MS-Word sind doch sehr begrenzt. Für zweispaltige Texte ist MS-Word jedenfalls nicht zu gebrauchen. Bedauerlicherweise ist das aber vielen egal, so auch z.B. dem Bundestag und seinen Ausschüssen. Zum einen, weil sie sich in die nur schwer zu lösende Abhängigkeit von MS-Word begeben haben, zum anderen, weil es ihnen offensichtlich egal ist, ob jemand ihre Text-Produkte liest und er sich dabei quälen muss oder nicht.

 

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Hallo Herr Kolos,

vielen Dank für Ihren Kommentar.

In der Tat glaube ich, dass die Typografie auch bei anwaltlichen Arbeitsergebnissen angebracht ist -- ja, ich glaube, dass anwaltliche Arbeitsergebnisse die Typographie dringend notwendig haben, obgleich typographische Überlegungen bei diesen Arbeitsergebnissen allzu häufig nur rudimentär Niederschlag finden. 

Keineswegs wollte ich den Eindruch erwecken, ich bevorzuge die Schriftgröße 10 pt. Das tue ich tatsächlich nicht, und zwar aus den von Ihnen genannten Gründen. Die Zahl 10 ist einfach eine gerade Zahl und dient der Veranschaulichung des Zeilenabstands ziemlich gut. ... Meine Haltung zur Schriftgröße ändert sich mit dem Dokument, bei dem sie zum Einsatz kommen sollte, auch wenn ich persönlich, wie Sie, zu etwas größeren Schriftgrößen tendiere.

Schriftgrößen sind aber auch so eine Sache: Während viele Schriften heute noch aufgrund des Pica-Punkts gestaltet werden, sind viele aufgrund des Didot-Punkts gestaltet worden (Letzterer ist etwas größer als Ersterer); hinzu kommen viele weiteren Faktoren, die die optische Größe einer Schrift beeinflußen wie zum Beispiel Ober- und Unterlängen. Das hat zur Folge, dass manche Schriften optisch kleiner bzw. optisch größer wirken als andere (vergleichen Sie beispielsweise Times New Roman bei 10 pt gegenüber Palatino Linotype bei 10 pt.).

Was MS-Word angeht: Auch ich bin kein wirklicher Fan. Aber dieses Programm ist erfahrungsgemäß für mindestens 95 % aller tagtäglichen Schreibaufgaben geeignet. ... Sie meinen, zweispaltige Texte sind bei Word problematisch. Konkrete Beispiele würden mich interessieren. Könnten Sie mir vielleicht die Word-Einstellungen verraten? Als Übersetzer muss ich ja häufig sogenannte zweisprachige Übersetzungen anfertigen, wobei der Ausgangstext in der rechten, der Zieiltext in der linken Spalten steht. Wenn Sie etwas in der Art meinen, so könnte villeicht ein früherer Blogbeitrag von Interesse sein: Bei sogenannten zweisprachigen Übersetzungen. Wenn nicht, so würde ich mich für Ihren konkreten Fall interessieren. 

Mit besten Grüßen
Peter Winslow

 

 

 

Hallo Herr Winslow,

bei zweispaltigen Texten aus einem Fachbereich, die der Leser vor allem aus Fachzeitschriften kennen wird, ist ein sauberer, geradliniger Trennabstand üblich. Das erklärt sich daraus, denke ich, dass die zweispaltige Formatierung ausschließlich im Drucksatz ihren Ursprung hat. Das hat zur Konsequenz, dass dafür Blocksatz erforderlich ist. Dafür brauchten früher die Verlage einen professionellen Setzer - das war ein Meisterberuf. Heute erledigen das Satzprogramme. Diese Anforderungen können mit MS-Word nicht gemeistert werden. Selbst wenn man Zugriff auf den Quellcode hätte, das würde überhaupt nichts helfen.

Blocksatz erhält man nicht schon damit, dass man den Text im Block formatiert, was mit Word durchaus möglich ist. Vielmehr muss der Text gesetzt(!) werden. Word ist aber so programmiert, dass - wie wir das noch von der Schreibmaschine her kennen - alle Buchstaben einen gleich großen Abstand zueinander haben. Beim Setzen gilt es aber nicht, die physikalische Gleichmäßigkeit zu erzeugen, sondern die optische. Um das zu erreichen, müssen einige Buchstabenpaare enger und einige weiter zueinander gesetzt werden. Beim schlichten Formatieren im Block erhält man ein Ergebnis, das optisch einem Schweizer Käse gleicht. Wie Sie schon sehr zutreffend empfohlen haben, sollte man im Word auf die Block-Einstellung auf jeden Fall verzichten.

Man kann sich aber leider inzwischen nur sehr selten aussuchen, mit welchem Programm die eigenen Texte verarbeitet werden. Denn der Word-Virus steckt so gut wie überall. Selbst wenn man in der eigenen Kanzlei arbeitet und selbst (mit)entscheiden darf, mit welchem Textprogramm gearbeitet wird, ist man von dem Software-Lieferanten und der Qualifikation der Schreibkräfte nicht ganz unabhängig, die nur in Word geschult sind.

Sollten Sie auch und Ihre Kollegen diesen Zwängen unterliegen, dann bleibt Ihnen gewiss nichts anderes übrig, als zu versuchen, im Rahmen der Möglichkeiten von Word das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Ich gehe davon aus, dass Ihre Einstellungsempfehlungen dem auch entsprechen. Dass die DIN-Normen dabei nicht eingehalten werden, das muss dann wohl so hingenommen werden.

Wenn Sie und Ihre Kollegen aber so frei sind, dass Sie selbst entscheiden können, welches Programm Sie benutzen, dann kann ich wärmstens Latex empfehlen, das Ihnen vielleicht noch aus der Zeit an der Uni bekannt sein könnte. Das Uni-Werkzeug zum Texten schlechthin. Vor allem für Naturwissenschaftler unverzichtbar. Es ist ein Satzprogramm. Und die Lizenzen sind kostenlos. Damit erhalten Sie exzellente Arbeitsergebnisse (auch für Übersetzungen aus dem Altgriechischen, Russischen oder Chinesischem) und die Einhaltung der DIN ist überhaupt kein Problem. Genau zu diesem Zweck ist Latex entstanden und von vielen Wissenschaftlern aus der ganzen Welt fortentwickelt worden - praktisch als Gemeingut wie E=mc2. Was Sie dazu brauchen - sollten Sie Latex nicht kennen, das ist in etwa zwei Stunden Zeit, für Installation (von z.B. Miktex und Texniccenter-Editor), Einstellung und kurze Einarbeitung speziell für Ihre Bedürfnisse. Wenn Sie jemanden kennen oder finden, der Ihnen noch die Arbeitsvorlage in Tex schreibt, dann können Sie danach schon loslegen. Die Ausgabe erfolgt im PDF-Format.

Besten Gruß
Waldemar Robert Kolos

 

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Hallo Herr Kolos,

überwiegend muss ich meine Arbeitsergebnisse – Übersetzungen – mit Word erstellen, da die Kunden auch ihre Arbeitsergebnisse mit Word erstellen. Häufig ist eine juristische Fachübersetzung nur als Verständnishilfe gedacht, bei dem kein professioneller Satz notwendig oder angebracht ist. Und wenn diese nicht als Verständnishilfe gedacht sind, so sind sie in aller Regel eine Art Erstellungshilfe, die durch andere noch weiter bearbeitet werden. Beglaubigte Übersetzungen erstelle ich auch grundsätzlich mit Word. Oft müssen diese etwas schneller über die Bühne gehen und es bleibt mir keine Zeit übrig, diese in ein DTP-Programm zu spielen. Außerdem nimmt das Ganze etwas Zeit in Anspruch und die Kunden wollen erfahrungsgemäß nicht dafür zahlen. Wozu auch? Sie benötigen in aller Regel keine Arbeitsergebnisse, die mit einem DTP-Programm erstellt werden.

Wenn ich aber ein DTP-Programm einsetzen würde, so würde ich Quark nehmen; in der Tat benutze ich Quark für bestimmte Inhouse-Arbeitsergebnisse (ich habe bspw. unseren Inhouse-Styleguide mit Quark erstellt). Adobe InDesign hat zwar das beste Justification-Engine, aber InDesign ist inzwischen nur als Cloud-Lösung erhältlich, die bei vertraulichen Angelegenheiten lieber nicht zum Einsatz kommen sollte. Latex kenne ich, aber dieses ist meinem Verständnis nach nicht so leistungsstark wie Quark. Das Justification- und Hyphenation-Engine bei Quark sind sehr gut, wobei das Justification-Engine nicht so gut ist wie bei InDesign: Bei InDesign kann man neben den Wort- und Zeichenabständen auch die Glyphen der Schrift skalieren, was zu sehr schönem, weil ausgeglichenem, Blocksatz beiträgt; bei Quark kann man nur die Wort- und Zeichenabstände skalieren. Dafür ist aber meinem Verständnis nach das Hyphenation-Engine bei Quark besser und wird bei Quark 2018 noch besser. Hinzu kommt: Quark hat den Vorteil, keine Cloud-Lösung zu sein.

Was DIN 5008 angeht: Diese Norm kann durchaus mit Word eingehalten werden. Ich halte diese Norm jedoch nur dann ein, wenn sie vom Kunden offenbar eingehalten oder explizit verlangt wird. Dann habe ich keine Meinung. Wenn ich wählen darf, so würde ich diese Norm nicht einhalten. Diese Norm schreibt Regeln vor, die gegen zahlreiche typografische Regeln verstoßen. Die von dieser Norm vorgegebenen Seitenränder sollten nicht eingehalten werden, auch und vor allem nicht bei einem DTP-Programm. Durch die Einhaltung dieser Seitenränder-Vorgaben wird die Zeilenlänge zu lang, denn eine Zeile nach DIN 5008 beinhaltet erfahrungsgemäß mehr als 80 – manchmal mehr als 90 – Zeichen mit Leerzeichen (im Deutschen gilt 60 Zeichen mit Leerzeichen als ideal, für anwaltliche Arbeitsergebnisse sind bis zu 80 hinnehmbar und oft angebracht). Bei DIN 5008 darf man den Buchstaben »x« als Mal-Zeichen verwenden. Typografisch gibt es keinen Grund dazu; heutzutage hat fast jede Schrift ein eigenes Mal-Zeichen. Die DIN-5008-Regel für Auslassungspunkte widerspricht unter anderem dem Duden. Der Zeilenabstand nach DIN 5008 soll entweder einzeilig oder 1,5 betragen. Ersteres ist fast immer falsch – vor allem bei Schriften wie Arial, die sehr dunkel ist; die Seite sieht so aus, als hätte man sie mit schwarzer Farbe bemalt). Letzteres sorgt fast immer für einen zu großen Zeilenabstand; die Zeilen sehen häufig »baggy« aus. Und so weiter ... Aber wie gesagt: Wenn ein Kunde das alles haben möchte, so habe ich keine Meinung und erfülle gerne den Wunsch.

Mit besten Grüßen
Peter Winslow

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