Einlassung im "Letzten Wort"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.03.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3493 Aufrufe

VERURTEILT. Die Revision wurde gestützt darauf, dass das Urteil angebe, der Verurteilte habe sich nicht zur Sache eingelassen. "Hat er doch!", so die Revision. Das solle sich aus dem Protokoll der HV ergeben. Der BGH fand das nicht so zwingend:

Es kann dahinstehen, ob die Verfahrensbeanstandung, das Landgericht habe
seinem Urteil zu Unrecht zugrunde gelegt, der Angeklagte habe sich in der Hauptverhandlung
nicht zur Sache geäußert, in zulässiger Weise erhoben ist. Denn die
Rüge, mit der die Revision einen Verstoß gegen § 261 StPO geltend macht, ist jedenfalls
unbegründet.

Der behauptete Verfahrensfehler ist nicht bewiesen. Aufgrund der formellen
Beweiskraft des Hauptverhandlungsprotokolls (§ 274 Satz 1 StPO) steht fest, dass
sich der Angeklagte nicht zur Sache eingelassen hat (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt,
StPO, 60. Aufl., § 274 Rn. 14). Der Protokolleintrag „Der Angeklagte hatte das letzte
Wort. Der Angeklagte wurde befragt, ob er noch etwas zu seiner Verteidigung auszuführen
habe. Er machte ergänzende Ausführungen zu seiner Verteidigung.“ stellt
dies nicht in Frage. Entgegen der vom Generalbundesanwalt geteilten Auffassung
der Revision wird hierdurch eine Sacheinlassung des Angeklagten nicht bewiesen.
Das am Gesetzeswortlaut des § 258 Abs. 2 und 3 StPO ausgerichtete Protokoll belegt
lediglich, dass dem Angeklagten das Recht des letzten Wortes eingeräumt worden
ist und er von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Da es ihm freisteht,
was er mit seinem letzten Wort zu seiner Verteidigung vorbringen will, beweist das
Protokoll nicht, dass er sich in seinem letzten Wort auch zur Sache eingelassen hat
(vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1995 – 4 StR 72/95, BGHR StPO § 274 Beweiskraft
18; Beschluss vom 28. Oktober 1999 – 4 StR 370/99, NStZ 2000, 217; LRStPO/Stuckenberg,
26. Aufl., § 258 Rn. 54). Eine erst im Rahmen des letzten Wortes
erfolgte Sacheinlassung hätte vielmehr als weiter gehende wesentliche Förmlichkeit
der ausdrücklichen Protokollierung bedurft (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 273
Rn. 7; KK-StPO/Ott, 7. Aufl., § 258 Rn. 21).

BGH, Beschluss vom 30.1.2018 - 4 StR 471/17

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