Österreich: 312.000 Euro Schadensersatz wegen Diskriminierung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 27.03.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht3|5898 Aufrufe

In Österreich hat ein abgelehnter Stellenbewerber 312.000 Euro Schadensersatz erstritten, weil er unter Verletzung des Verbots der Geschlechtsdiskriminierung nicht befördert worden war. Der promovierte Jurist hatte sich auf eine Stelle als Sektionschef (Abteilungsleiter) im österreichischen Verkehrsministerium beworben. Eine Auswahlkommission bewertete ihn als den bestqualifizierten Kandidaten, 0,25% besser als die zweitplatzierte Bewerberin. Entgegen dieser Empfehlung entschied sich die damalige Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) gegen den konservativen Burschenschaftler und für die Frau.

Das österreichische Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) kennt - ähnlich dem deutschen AGG - für zu Unrecht abgelehnte Stellenbewerber sowohl einen Schadensersatz- als auch einen Entschädigungsanspruch (§ 12 Abs. 1 GlBG). Da das Gericht die Entscheidung der Ministerin für "nicht nachvollziehbar" hielt, erhielt der Kläger die Gehaltsdifferenz als Schadensersatz - für einen Zeitraum von sieben Jahren, die seit der Benachteiligung vergangen sind, insgesamt 312.000 Euro. Die Frau hätte nur bei exakt gleicher Qualifikation bevorzugt werden dürfen. Zudem wurden ihm 5.300 Euro Entschädigung für den Nichtvermögensschaden zugesprochen.

Die damalige Ministerin zeigt sich nach einen Bericht der Kronenzeitung uneinsichtig: Die Entscheidung sei aufgrund der "massiv bestehenden Unterrepräsentation von Frauen" sowie "nach dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren" erfolgt. Sie hofft, "dass durch die nun vorliegende Entscheidung nicht das Prinzip des Frauenförderungsgebotes infrage gestellt wird".

Einzelheiten zu den parteipolitischen Hintergründen und den Werdegängen der Betroffenen berichtet "Der Standard".

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3 Kommentare

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Bravo! Nur so kann man an der gesellschaftlichen Wirklichkeit etwas ändern. Was in Österreich öffensichtlich so vorbildlich gehandhabt wird, ist im regressiven Deutschland mit oberstgerichtlicher Billigung sowohl dem Grunde als der Höhe nach ein Spießrutenlauf auf dem Weg zum Vorhof zur Hölle, nämlich eine Entschädigung/einen Schadensersatz wegen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot durchzusetzen.

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Ja nee, ist klar. In Deutschland ging es bei den "Spießrutenläufern durch die Hölle" in der Regel darum, dass sie sich mit durchschnittlicher Qualifikation alleine darauf gestützt haben, dass eine Stellenanzeige nicht diskriminierungsfrei sei (junges Team/Erfahrung etc). Dass sie wie in dem österreichischen Fall tatsächlich besser qualifiziert gewesen seien spielte bei den Höllenreitern gar keine Rolle. Von daher fehlt es an jeglicher Vergleichbarkeit. Aber wenigstens haben Sie den Vergleich mit dem gelben Stern/bunten Winkel an der Häftlingskleidung weggelassen, der kommt ja von den AGG-Opfern auch gerne.

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Zwei Anmerkungen:

  • Auch in Österreich dauern die Verfahren lange, im konkreten Fall immerhin sieben Jahre.
  • Für abgelehnte Stellenbewerber, die nicht "bestqualifiziert" sind, die also "nur" Entschädigung wegen der Benachteiligung verlangen können, ist die Höhe dieser Entschädigung in § 12 Abs. 1 Nr. 2 GlBG auf 500 Euro beschränkt. Da sind die bis zu drei Monatsgehälter, die es in Deutschland gibt (§ 15 Abs. 2 Satz 2 AGG), wohl deutlich attraktiver.

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