BSG: Ein MVZ darf kein MVZ gründen

von Dr. Michaela Hermes, LL.M., veröffentlicht am 22.05.2018
Rechtsgebiete: Weitere ThemenMedizinrecht|4399 Aufrufe

Wer darf ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) gründen? Mit dem Numerus Clausus der MVZ-Gründer befasste sich das BSG am 16.05.2018 – B 6 KA 1 /17 R. Nun ist klar: Ein MVZ darf kein weiteres MVZ gründen.

Der Fall

Ein Apotheker war alleiniger Gesellschafter des durch ihn gegründeten MVZ Tumorzentrum Nordthüringen in Nordhausen. Ein weiteres MVZ war in Hessen geplant. 2012 wurde der Kreis der gründungsberechtigten Gesellschafter gesetzlich eingeschränkt. Apotheker waren damit ausgeschlossen. So sollte statt des Apothekers das MVZ in Nordhausen die Gründung des neuen MVZs in Hessen übernehmen. Der Zulassungsausschuss lehnte dies ab. Nach dem ablehnenden Beschluss übertrug der Apotheker seine Gesellschaftsanteile an einen Arzt. Das neue MVZ wurde daraufhin zugelassen. Gegen den Ablehnungsbescheid des Zulassungsausschuss wandte sich der Apotheker. Der gesetzliche Katalog der möglichen Gründer müsse erweitert werden, argumentierte er. Auch Zahnärzte und Psychotherapeuten seien nicht im Gesetz genannt, dürften aber ein MVZ gründen, gab er zu Bedenken. 

Das Sozialgericht (SG) Marburg, Az.:  S 12 KA 117/13, wies die Klage ab. Dagegen gab das Landessozialgericht (LSG) Hessen, Az.: L 4 KA 20/14, dem Apotheker recht. Das LSG bejahte die Gründungsberechtigung durch das MVZ mit einer entsprechenden Anwendbarkeit von § 95 Abs. 1a Satz 1 SGB V. § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V bestimme, dass die Vorschriften des 4. Kapitels des SGB V, soweit sie sich auf Ärzte beziehen, entsprechend auch für Zahnärzte, Psychotherapeuten und MVZs gelten sollen. Dies gelte soweit nichts Abweichendes geregelt sei. § 95 Abs. 1a Satz 1 V stelle keine abweichende Regelung dar, entschieden die Landessozialrichter.  

Das BSG wies die Klage ab. Der Kreis der gründungsberechtigten Personen und Einrichtungen sei in § 95 Abs. 1a SGB V abschließend aufgezählt. Danach können MVZs nur von Ärzten, Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen oder von gemeinnützigen Trägern, die auf Grund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, sowie Kommunen (Städte, Gemeinden, Landkreise) gegründet werden. Mit dem Versorgungsstrukturgesetz habe der Gesetzgeber den Kreis der möglichen Gründer beschränken wollen. Zwar würden an anderer Stelle Zahnärzte und Psychotherapeuten der Gruppe der Ärzte zugerechnet. Das Gesetz gebe aber keinen Anlass, den Gründerkreis hier zusätzlich zu erweitern.

Auch der Bestandsschutz helfe da nicht weiter, sagten die Bundessozialrichter. Bereits zugelassene MVZ dürften weiterarbeiten, auch wenn sie Apothekern oder nun nicht mehr zugelassenen Gründern gehörten. Eine Neugründung sei damit nicht vergleichbar. So heißt es im Terminbericht des BSG:

„Das Ziel des Gesetzgebers, Neugründungen von Medizinischen Versorgungszentren nach dem 01.01.2012 nur noch durch den in der Vorschrift genannten Kreis zuzulassen, würde unterlaufen, wenn Medizinische Versorgungszentren, die von nach neuem Recht nicht gründungsberechtigten Personen gegründet worden sind, ihrerseits neue Medizinische Versorgungszentren gründen könnten.“

Praxisrelevanz

Für Apotheker konnte es sich auszahlen, ein MVZ mit aufzubauen. Wie auch bei den oft von Apothekern betriebenen Ärztehäusern könnte eine Apotheke direkt an ein MVZ angliedert werden. Die pharmazeutische Versorgung der Patienten und Ärzte wäre –für die Apotheke lukrativ- unter einem Dach gesichert. Mögliche „unliebsame“ Investoren, die hinter dem Träger eines MVZ stecken, haben nach der neuen BSG-Entscheidung keine Chance mehr durch weitere Gesellschaften und/oder MVZ in den ambulanten Markt vorzudringen.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen