Streit um Abfindungsprogramm bei Opel

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 30.05.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|2557 Aufrufe

Nach der Übernahme von Opel durch die französische Groupe PSA wirft der neue Kurs zunehmend auch arbeitsrechtliche Fragen auf. Nunmehr ist bekannt geworden – es berichtete u.a. die WirtschaftsWoche – dass Opel bei dem aufgelegten Abfindungsprogramm möglicherweise einen Formfehler begangen hat und hunderte Beschäftigte zu früh hat gehen lassen. Diesen Standpunkt vertritt jedenfalls der Gesamtbetriebsrat und beruft sich hierfür ein Schreiben der zuständigen Agentur für Arbeit. Opel wollte von der Agentur demnach die Genehmigung, sich noch vor Ablauf einer Entlassungssperre von Mitarbeitern trennen zu dürfen. Konkret zitiert der Betriebsrat wie folgt aus einem Schreiben der Arbeitsagentur an die Geschäftsleitung von Opel: „Ihren Antrag vom 14. Mai 2018 auf Zustimmung zur Beendigung der Arbeitsverhältnisse von bis zu 1200 zur Entlassung vorgesehenen (...) Arbeitnehmer vor Ablauf der Entlassungssperre (...) wird nicht entsprochen.“ Denn der Entlassungsanzeige von Opel sei zu entnehmen, dass Opel den Beschäftigten die Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist anbiete. Nähere Angaben wie die tatsächliche Anzahl, die Berufsgruppen der betroffenen Arbeitnehmer und der Zeitpunkt der Beendigung seien „nicht enthalten“, moniert die Arbeitsagentur. „Ohne nähere Angaben, (sic!) kann eine abschließende Interessenabwägung nicht erfolgen und der Antrag muss daher abgelehnt werden.“

Nach Angaben des Betriebsrates sollten die Entlassungen im Zeitraum vom 12. April bis zum 12. Juli erfolgen. Die Entlassungsanzeige habe der Agentur für Arbeit jedoch erst am 15. Mai wirksam vorgelegen, zitiert der Betriebsrat das Schreiben der Behörde. „Sollten Sie vor diesem Zeitpunkt bereits Entlassungen ausgesprochen haben, so sind diese unter Umständen nach dem Kündigungsschutzgesetz unwirksam.“ Die Entlassungssperre ende nun am 15. Juni. Arbeitsverhältnisse dürften daher „grundsätzlich erst nach Ablauf der Entlassungssperre enden“, schreibt die Arbeitsagentur.

Opel ließ mitteilen, die Darstellung des Betriebsrates sei unvollständig und reiße „Aussagen aus dem Zusammenhang“. Das zitierte Schreiben der Arbeitsagentur gehe davon aus, dass durch den Abschluss der Aufhebungsverträge „keine anzeigepflichtigen Entlassungen“ im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes vorlägen. Opel habe das Verfahren „mit der Arbeitsagentur abgestimmt und rein vorsorglich und ohne rechtliche Verpflichtungen für die Freiwilligen-Programme durchgeführt“.

Eine Anmerkung hierzu aus arbeitsrechtlicher Sicht: Auch Aufhebungsverträge können Entlassungen im Sinne des § 17 KSchG darstellen. Für die Anzeigepflicht ist entscheidend, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber veranlasst ist. Dies ist sie, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu verstehen gegeben hat, es bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr und er werde das Arbeitsverhältnisses beenden (BAG 28.6.2012 NZA 2012, 1029). Dazu reicht es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu verstehen gibt, er werde das Arbeitsverhältnis beenden, weil nach Durchführung des beabsichtigten unternehmerischen Konzepts keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestehe (ErfK/Kiel, § 17 KSchG Rn, 12). Ob die Dinge im Falle Opel so liegen, müsste geklärt werden.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen