Verluste bei privaten Darlehensforderungen ohne den Fiskus

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 31.05.2018

Ein Ehepaar hatte ein Darlehen von mehr als TEUR 20 gegeben. Als der Schuldner 2012 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte, machten die Eheleute den verlorenen Darlehensvertrag als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der Darlehensverlust stehe einer Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckten Einlage in einer Kapitalgesellschaft gleich. Die genannten Tatbestände sind nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG steuerbar.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung (BMF v. 18.01.2016 - IV C 1 - S 2252/08/10004 :017, BStBl I 2016 S. 85, Rz. 60) stellt ein Forderungsausfall keine Veräußerung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG dar. In der ersten Instanz folgte das FG Düsseldorf (Urteil v. 11.03.2015 - 7 K 3661/14, BB 2015 S. 1639) der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Ein Forderungsausfall führe bei einem privaten Darlehen nicht zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust aus Kapitalvermögen.

Der BFH widersprach in der Revision (Urteil v. 24.10.2017 - VIII R 13/15, BFHE 259 S. 535) sowohl dem Finanzgericht als auch der Finanzverwaltung. Das höchste deutsche Finanzgericht argumentierte eher dogmatisch: wenn Wertsteigerungen auch bei privaten Kapitalforderungen der Besteuerung unterliegen, müssten das auch Wertminderungen im Rahmen eines Totalausfalls sein. Die Revisionsinstanz sah sich jedoch außerstande den Realisationszeitpunkt des Forderungsausfalls festzustellen und verwies nach Düsseldorf zurück. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei es nicht, wiesen die Münchener Richter hin.

Das FG Düsseldorf hat nach Mitteilung der OFD Nordrhein-Westfalen noch nicht entschieden. Nachdem das BFH-Urteil noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht ist, gilt der Grundsatz: keine Anwendung über den entschiedenen Einzelfall hinaus.
Es ist sowohl der OFD Nordrhein-Westfalen als auch dem BFH zuzustimmen:

  • Solange das Urteil noch nicht 'offiziell' im Bundessteuerblatt veröffentlicht ist, hat sich die Finanzverwaltung noch selber gebunden.
  • Dem BFH ist materiell-rechtlich zuzustimmen. Im System der Abgeltungssteuer sind Erträge und Verluste aus Kapitalvermögen gleichermaßen einkommensteuerlich relevant.

Es ist daher unverständlich, warum die Finanzverwaltung das BFH-Urteil nicht allgemein anwenden möchte und so jeden Steuerpflichtigen in ein Finanzgerichtsverfahren zwingen möchte?

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1 Kommentar

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Eigentlich eine längst überfällige und plausible Entscheidung des BFH. Danke auch für Ihren abschließenden letzten Satz. Nirgendwo wird jedoch auf die Zinsen eingegangen, die z.B. bei Privatinsolvenz ja gerichtlich festgesetzt werden und wegender erheblichen Dauer des Insolvenzverfahrens ein erheblicher Teil des entstandenen Kapitalverlustes sind und oft nach Jahren die Darlehenssumme übersteigen. 

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