Kurze Freiheitsstrafe - oder reicht auch eine Geldstrafe?!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.06.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|5939 Aufrufe

Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe ist richtigerweise nur in engen Grenzen möglich. In § 47 StGB heißt es dazu nämlich:

§ 47
Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.
(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

Klar, dass also im Urteil intensiv begründet werden muss, wenn statt einer Geldstrafe eine Freiheitsstrafe festgesetzt werden soll:

Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 47 StGB soll die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen weitestgehend zurückgedrängt werden und nur noch ausnahmsweise unter ganz besonderen Umständen in Betracht kommen. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe unter 6 Monaten hat danach regelmäßig nur dann Bestand, wenn sie sich aufgrund einer Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände als unverzichtbar erweist. Damit die Anwendung des § 47 StGB auf Rechtsfehler geprüft werden kann, bedarf es einer eingehenden und nachprüfbaren Begründung. Das Urteil muss dazu eine auf den Einzelfall bezogene, die Würdigung von Tat und Täterpersönlichkeit umfassende Begründung dafür enthalten, warum eine kurze Freiheitsstrafe unerlässlich ist. Formelhafte Wendungen genügen nicht. Der Tatrichter hat vielmehr für das Revisionsgericht nachvollziehbar darzulegen, welche besonderen Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Angeklagten die Verhängung der kurzzeitigen Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Angeklagten oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich gemacht haben (st. Senatsrechtsprechung: SenE v. 28.02.2003 - Ss 71/03 -; SenE v. 11.04.2003 - Ss 269/02 -; SenE v. 02.04.2013 - III-1 RVs 57/13 -; SenE v. 17.02.2016 – III-1 RVs 20/16 -; SenE v. 03.05.2017 – III-1 RVs 68/17 -). Unerlässlich zur Einwirkung auf den Täter ist die Freiheitsstrafe nur, wenn eine - selbst hohe - Geldstrafe voraussichtlich nicht ausreichen wird, ihre spezialpräventive Funktion zu erfüllen und in der kriminalpolitisch notwendigen Weise auf den Täter einzuwirken. Insoweit bedarf es einer eingehenden Würdigung der Tat und der Täterpersönlichkeit, wobei die maßgebenden Erwägungen gemäß § 267 Abs. 3 Satz 2 StPO im Urteil darzulegen sind (SenE v. 03.08.2012 - III-1 RVs 134/12 -; SenE v. 07.10.2016 – III-1 RVs 212/16 -; SenE v. 08.12.2017 – III-1 RVs 294/17 -; SenE v. 14.03.2018 – III-1 RVs 49/18 -). Bei einem Ersttäter bedarf die Annahme von Unerlässlichkeit besonderer Begründung (SenE v. 06.06.2014 - III-1 RVs 83/14 -; Fischer, a.a.O., § 47 Rz. 11), zumal die erkannte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Oberlandesgericht Köln, Beschl. v. 28.3.2018 - III-1 RVs 51/18

Verteidiger müssen also in Fällen kurzer Freiheitsstrafen die Urteilsgründe intensiv im o.g. Sinne prüfen!

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen