OLG Düsseldorf: Vor Gericht und auf hoher See (aber nicht in der Gesellschafterversammlung)

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 18.06.2018

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 19. April 2018 (I-6 W 2/18) zur Frage Stellung genommen, ob ein zur Nichtigkeit führender Einladungsmangel im Einzelfall auch dann vorliegen kann, wenn alle einschlägigen Einladungsformalien erfüllt wurden.

Zu entscheiden hatte das Gericht über die Wirksamkeit des Gesellschafterbeschlusses einer GmbH mit drei Gesellschaftern. Nach persönlichen Differenzen im Gesellschafterkreis löste einer der drei Gesellschafter Anfang 2015 seinen Wohnsitz auf und begab sich mit einem Segelboot „auf große Fahrt.“ Zum Erhalt von Briefpost unterhielt er fortan ein gemeinsam mit einem Mitgesellschafter genutztes Postfach. Mit den beiden Mitgesellschaftern – gleichzeitig die beiden Alleingeschäftsführer – kommunizierte er regelmäßig per E-Mail und Handy, auch zur Vereinbarung von Gesellschafterversammlungen. Satzungsmäßig vorgesehen war dagegen eine Einladung per Einschreiben an die zuletzt mitgeteilte Anschrift. Im Sommer 2016 fand eine Gesellschafterversammlung statt, zu der die Gesellschafter-Geschäftsführer ihren Mitgesellschafter per Einschreiben an seine Postfachanschrift einluden. Die Gesellschafterversammlung, zu der nur die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer erschienen, beschloss u.a. die Einziehung und den Untergang der Geschäftsanteile des nichterschienenen Gesellschafters.

In seiner Entscheidung bezeichnet der Senat, der im Eilverfahren zu entscheiden hatte, den Beschluss wegen schwerwiegender Mangelhaftigkeit der Einladung analog § 241 Nr. 1 AktG als nichtig. Die Einladung sei formell nicht zu beanstanden; insbesondere habe sich der nichterschienene Gesellschafter die Nichterreichbarkeit unter der Postfachanschrift grundsätzlich selbst zuzuschreiben. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falls sei die Einladung jedoch rechtsmissbräuchlich erfolgt. Den Geschäftsführern sei bekannt gewesen, dass die satzungskonform versendete Einladung den Mitgesellschafter voraussichtlich nicht erreichen würde. Zudem hätten sie den Mitgesellschafter per E-Mail über die Einladung informieren können. Auch in der Vergangenheit sei zu Gesellschafterversammlungen stets formlos und nicht satzungskonform eingeladen worden. Die Tatsache, dass diese Möglichkeit nicht genutzt worden sei, rechtfertige die Annahme einer gezielten, rechtmissbräuchlichen Verhinderung der Teilnahme des Mitgesellschafters.

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