1 Euro Tagessatz beim BGH

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 14.07.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3592 Aufrufe

Ähnliche Entscheidungen liefen in den letzten Jahren schon zwei oder drei mal im Blog. Gehen Einzelgeldstrafen in einer Gesamtstrafenbildung unter, weil am Ende eine Freiheitsstrafe rauskommt, dann ist es im Ergebnis egal, welche Tagessatzhöhe für die einzelne Strafe festgesetzt wird. Tatrichter vergessen das dann auch schon mal. Verteidiger, die glauben, deshalb eine Revision erfolgreich hinzubekommen haben es dann schwer, weil die BGH-Rechtsprechung dahin geht, einfach nur durch das Revisionsgericht die geringste Tagessatzhöhe von nur 1 Euro festzusetzen. Nicht mals in den Kosten schlägt sich der "Revisionserfolg" nieder:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Inverkehrbringens
eines Lebensmittels unter einer irreführenden Angabe in 55 Fällen zu
einer Gesamtfreiheitstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur
Bewährung ausgesetzt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf
die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten
erzielt lediglich den aus dem Tenor dieses Beschlusses ersichtlichen geringfügigen
Teilerfolg; im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet
im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

Das Landgericht hat in 44 Fällen Einzelgeldstrafen verhängt, dabei jedoch
jeweils die Höhe des einzelnen Tagessatzes nicht festgesetzt. Einer solchen
Festsetzung bedarf es aber auch dann, wenn – wie hier – aus Einzelfrei-
heitsstrafen und Einzelgeldstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wird
(st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschluss vom 14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt
30, 93, 96; Urteil vom 28. Oktober 1987 – 3 StR 381/87, BGHR StGB § 54
Abs. 3 Tagessatzhöhe 1; Senat, Beschluss vom 16. August 2017 – 2 StR
295/17, juris Rn. 2). Zwar kommt bei unterbliebener Festsetzung der Tagessatzhöhe
regelmäßig eine Zurückweisung der Sache zum Zwecke der Nachholung
der Bestimmung der Tagessatzhöhe in Betracht (BGH, Beschluss vom
14. Mai 1981 – 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 97). Allerdings kann das Revisionsgericht
in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO in geeigneten
Fällen auch selbst die Festsetzung vornehmen (BGH aaO) und die Tagessatzhöhe
auf das gesetzliche Mindestmaß festsetzen (vgl. BGH, Beschluss vom
20. April 1988 – 3 StR 138/88, BGHR StGB § 54 Abs. 3 Tagessatzhöhe 2; Senat,
Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09, BGHSt 55, 266, 287; BGH,
Beschluss vom 8. April 2014 – 1 StR 126/14, NStZ-RR 2014, 208, 209). Davon
macht der Senat dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend und
nach Anhörung des Beschwerdeführers Gebrauch. Die Tagessatzhöhe wird
dabei auf den Mindestsatz des § 40 Abs. 2 Satz 3 StGB festgesetzt (BGH, Urteil
vom 28. Oktober 1987 – 3 StR 381/87, aaO), der einen Euro beträgt.

Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten
teilweise von den durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten und
Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).

BGH, Beschluss  vom 5.6.2018 - 2 StR 418/17

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