LG Frankfurt am Main: Keine Geltung der Eignungsvoraussetzungen aus § 27 SEAG für geschäftsführende SE-Verwaltungsratsmitglieder

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 31.07.2018

Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 3. Mai 2018 (3-05 O 101/17) entschieden, dass die in § 27 SEAG aufgeführten persönlichen Eignungsvoraussetzungen nicht für solche SE-Verwaltungsratsmitglieder gelten, die auch als geschäftsführende Direktoren bestellt sind.

Zu entscheiden hatte das Gericht über die Anfechtung mehrerer Hauptversammlungsbeschlüsse einer monistischen SE, darunter die Wahl mehrerer Mitglieder des Verwaltungsrats. Gewählt worden war u.a. ein Mitglied, das auch als geschäftsführender Direktor der SE tätig war. Dasselbe Mitglied war ferner Alleingeschäftsführer einer GmbH, die wiederum Komplementärin einer von der SE abhängigen Gesellschaft war.

In ihrer Entscheidung verneint die Kammer das Vorliegen von Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen. Insbesondere verstoße die Wahl des genannten Verwaltungsratsmitglieds nicht gegen § 27 Abs. 1 Nr. 2 SEAG. Nach dieser, an der für AG-Aufsichtsräte geltenden Parallelregelung in § 100 Abs. 2 Nr. 2 AktG angelehnten Vorschrift kann Mitglied des Verwaltungsrats nicht sein, wer gesetzlicher Vertreter eines von der SE abhängigen Unternehmens ist.

Auf das hier gewählte Mitglied, so die Kammer, sei § 27 SEAG nicht anzuwenden. Hintergrund der Norm sei nach der Gesetzesbegründung die Erwägung, dass Mitglieder des Verwaltungsrats gegenüber den geschäftsführenden Direktoren eine ähnliche Aufsichtsfunktion hätten wie der Aufsichtsrat gegenüber dem Vorstand im dualistischen System. Sinn und Zweck sei es daher, bei der Besetzung des Verwaltungsrats einen Bruch im natürlichen Organisationsgefälle zu vermeiden. Dieses Organisationsgefälle könne sich aber nur dann auswirken, wenn das gewählte Verwaltungsratsmitglied nicht zum geschäftsführenden Direktor werde. Nur dann erlange das Verwaltungsratsmitglied eine dem Aufsichtsrat vergleichbare Position. § 27 SEAG gelte daher nur für Verwaltungsratsmitglieder, die nicht zugleich geschäftsführende Direktoren seien.

Eine Anwendung des § 27 SEAG würde ferner gegen Art. 10 SE-VO verstoßen. Danach muss eine SE im Mitgliedstaat ihrer Gründung wie eine Aktiengesellschaft behandelt werden, die in dem betreffenden Mitgliedstaat gegründet wurde. Mit einer Anwendung des § 27 SEAG auch auf geschäftsführende Direktoren aber, so die Kammer, würde die SE gegenüber einer deutschen Aktiengesellschaft schlechter gestellt.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen