BGH: Zur Unwirksamkeit des Einziehungsbeschlusses wegen (allein) bilanziell nicht ausreichend freien Vermögens für die Abfindungszahlung

von Achim Kirchfeld, veröffentlicht am 03.08.2018

Der BGH hat mit Urteil vom 26. Juni 2018 (II ZR 65/16) entschieden, dass ein Beschluss über die Einziehung von GmbH-Anteilen unwirksam ist, wenn das freie Vermögen der Gesellschaft erst nach Auflösung stiller Reserven zur Zahlung des Einziehungsentgelts ausreichen würde.

Zu entscheiden hatte das Gericht über den Anspruch eines GmbH-Gesellschafters gegen die Gesellschaft auf Einziehungsentgelt. Auf Basis der einschlägigen Regelung im Gesellschaftsvertrag hatte die Gesellschafterversammlung beschlossen, den Geschäftsanteil des Gesellschafters einzuziehen. Dabei stand bereits im Beschlusszeitpunkt fest, dass die Gesellschaft bei bilanzieller Betrachtungsweise nicht in der Lage sein würde, das Einziehungsentgelt aus freiem Vermögen zu zahlen. Allerdings verfügte die Gesellschaft über stille Reserven, die das geschuldete Einziehungsentgelt deutlich überstiegen.

In seiner Entscheidung verneint das Gericht einen Anspruch auf Zahlung des Einziehungsentgelts. Der Einziehungsbeschluss sei wegen des nur unzulänglich vorhandenen freien Vermögens der Gesellschaft entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig. Die Wirksamkeit des Beschlusses lasse sich auch nicht mit der Erwägung begründen, dass die Gesellschaft über ausreichend stille Reserven verfüge, deren Auflösung für sie zumutbar sei. Denn ob Auszahlungen an Gesellschafter zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz führten, bestimme sich nicht nach Verkehrswerten, sondern nach den Buchwerten einer stichtagsbezogenen Handelsbilanz; stille Reserven fänden dabei keine Berücksichtigung. Die bloße Möglichkeit einer Auflösung stiller Reserven stehe einer hinreichenden Ausstattung der Gesellschaft mit ungebundenem Vermögen nicht gleich.

Im Hinblick auf ein berechtigtes Interesse des betroffenen Gesellschafters daran, an einem Ausscheiden nicht dauerhaft gehindert zu sein, könnten die anderen Gesellschafter aber aus Treuepflichtgesichtspunkten gehalten sein, Maßnahmen zu ergreifen, die ein Ausscheiden ermöglichten. Hierzu könne auch die Auflösung stiller Reserven gehören.

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Eine vernünftige Stärkung klassisch-deutscher Vorstellungen von Maßgeblichkeit der Bilanz und nach dem klassischen Vorsichtsprinzip - statt des seit etwa 20 Jahren hineingewaberten US-denglischen Aufblähungsgeschwurbels. Die ausschlusslustigen Gesellschafterkönnen sich ja selbst zur Abfindungszahlung verpflichten. Sie "genießen" dann ja die stillen Reserven für sich allein.

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