ArbG Mannheim: Kein Bestandsschutz für Aufsichtsratssitze der Gewerkschaftsvertreter bei SE-Formwechselgründung

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 07.08.2018

Das ArbG Mannheim hat mit erst jetzt veröffentlichtem Beschluss vom 7. Dezember 2017 (14 BV 13/16) entschieden, dass die Mitbestimmungsvereinbarung einer durch Formwechsel gegründeten SE nicht zwingend eine zuvor gemäß § 7 Abs. 2 MitbestG bestehende Sitzgarantie für Gewerkschaftsvertreter fortführen muss.

Die Entscheidung betrifft die Aufsichtsratszusammensetzung einer durch Formwechsel gegründeten SE. Der Aufsichtsrat der Gründungsgesellschaft unterlag der gesetzlichen Mitbestimmung. Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 MitbestG waren von den acht Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer stets zwei von Gewerkschaftsseite vorzuschlagen.

Die im Zuge der SE-Gründung abgeschlossene Mitbestimmungsvereinbarung sieht unter bestimmten Voraussetzungen vor, dass das Wahlvorschlagsrecht für sämtliche von deutschen Arbeitnehmervertretern zu besetzenden Aufsichtsratssitze sowohl den Arbeitnehmern und leitenden Angestellten als auch den im Konzern vertretenen Gewerkschaften zufällt. Ein daneben fortbestehendes, alleiniges Wahlvorschlagsrecht der Gewerkschaften für bestimmte Sitze ist nicht vorgesehen. Gegen die Wirksamkeit dieses Vereinbarungsteils wendeten sich zwei betroffene Gewerkschaften u. a. per arbeitsgerichtlichem Feststellungsantrag. Einem Statusverfahren vor dem Landgericht hatte das LAG Baden-Württemberg nach Rechtswegrüge eine Absage erteilt.

In seiner Entscheidung bejaht das Gericht die Wirksamkeit des angegriffenen Vereinbarungsteils. Der Wegfall des gesetzlichen Vorschlagsrechts der Gewerkschaften bedeute insbesondere keinen Verstoß gegen § 21 Abs. 6 SEBG. Danach muss die Mitbestimmungsvereinbarung bei einer SE-Formwechselgründung „in Bezug auf alle Komponenten der Arbeitnehmerbeteiligung zumindest das gleiche Ausmaß“ wie in der Gründungsgesellschaft gewährleisten. Vor allem systematische Gesichtspunkte, so die Kammer, sprächen dafür, dass die Norm nicht zum Ziel habe, ein alleiniges Vorschlagsrecht der Gewerkschaften zu sichern. So gehe es in § 15 Abs. 4 SEBG, der die Fälle einer „Minderung der Mitbestimmungsrechte“ definiere, im Wesentlichen um eine Verringerung des Arbeitnehmeranteils im Aufsichtsrat. Für die Zusammensetzung des besonderen Verhandlungsgremiums (§ 6 Abs. 3 SEBG) und des Aufsichtsrats bei Eingreifen der gesetzlichen Auffanglösung (§ 36 Abs. 3 SEBG) dagegen sei eine zwingende Mindestrepräsentation von Gewerkschaften durchaus geregelt. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bei Eingreifen der Verhandlungslösung weise darauf hin, dass der Gesetzgeber in diesem Fall keine zwingende Mindestrepräsentanz der Gewerkschaften für erforderlich erachte.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

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