Abschleppen aus nachträglich eingerichtetem Parkverbot: "mindestens 3 Tage Vorankündigung müssen es schon sein" - meint das BVerwG

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 26.08.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht5|3256 Aufrufe

Mal wieder eine verwaltungsrechtliche Entscheidung zu einem immer wiederkehrenden Problem: Da parkt jemand zunächst vollkommen regelkonform. Mehrere Tage kehrt er guten Gewissens nicht zum Fahrzeug zurück. Dann wird während dieser Zeit ein Halteverbot eingreichtet....und das Fahrzeug schließlich abgeschleppt. Ärgerlich! Das BVerwG dazu (hier nur ein etwas angepasster Beck-Leitsatz aus dem Fachdienst):

Ist ein ursprünglich erlaubt geparktes Fahrzeug aus einer nachträglich eingerichteten Halteverbotszone abgeschleppt worden, muss der Verantwortliche die Kosten nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nur tragen, wenn das Verkehrszeichen mit einer Vorlaufzeit von mindestens drei vollen Tagen aufgestellt wurde. Eine stundenscharfe Berechnung des Vorlaufs findet nicht statt.

BVerwG, Urteil vom 24.05.2018 - 3 C 25.16, BeckRS 2018, 14942

FD-StrVR 2018, 407509

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5 Kommentare

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Die Überschrift (und "Anmoderation" des Zitats) ist etwas knapp. Das Abschleppe war rechtmäßig, es geht allein um die Kostentragung.

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Ich bezweifele die Rechtmäßigkeit dieser Abschleppmaßnahme.

Das Fahrzeug wurde rechtmäßig am 19.8.2013 abgestellt.

Am 20.8.2014 erfolgte die Aufstellung des mobilen Halteverbotsschilds wegen eines privaten Umzugs, geltend für die Zeit vom 23. bis 24.8.2013.

Am 23.8.2013 erfolgte das Abschleppen, nachdem ein Mitarbeiter der beklagten Stadt mehrfach an der Wohnungstür der Klägerin erfolglos klingelte (sie befand sich im Urlaub).

Das BVerwG sagt zutreffend, dass es sich bei diesem Schild um einen VA in Form der Allgemeinverfügung handelt. Dann weiter: "....Das Haltverbot ist mit der ordnungsgemäßen Aufstellung der Verkehrszeichen auch gegenüber der im Urlaub befindlichen Klägerin wirksam bekanntgegeben worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil - die den bei den Akten befindlichen Lichtbildern entsprechen und nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden sind - waren die Haltverbotsschilder so aufgestellt, dass sie in beide Fahrtrichtungen auf den ersten Blick erkennbar waren".

Aber was ist mit dem sog. Sichtbarkeitsgrundsatz gegenüber einem abwesenden Halter/Fahrzeugführer? Die Aussagen des BVerwG widersprechen den allgemeinen Regeln der Bekanntgabe und Wirksamkeit von Verwaltungsakten (§§ 41, 43 VwVfG). Diese Konstruktion des BVerwG ist überflüssig, denn das Abschleppen könnte in diesem Fall auf die sog. unmittelbare Ausführung oder den sofortigen Vollzug gestützt werden.

Also eine Abschleppmaßnahme ohne vorausgangenen VA, aber auch mit der Kostenfolge zu Lasten der Klägerin.

Totzdem hätte die Verwaltung auch einen Verwaltungsakt erlassen können gegenüber der Klägerin, das Kennzeichen hätte zur Halterermittlung ausgereicht. Es erginge eine schriftliche "Wegfahraufforderung" mit Anordnung der sofortigen Vollziehung und die Verwaltung hätte dann auch einen Vollstreckungstitel, um anschließend eine Ersatzvornahme durchzuführen mit Kostenfolge.

Bedenken bleiben auch hier wg. der angeblichen Gefahrenlage, privater Umzug...

Ich habe die Rspr. des BVerwG in meinen Beitrag "Zur Bekanntgabe und Wirksamkeit unsichtbarer Verkehrszeichen" in der VR (Verwaltungsrundschau) 2018, 44, kritisiert und auf die Möglichkeiten der unmittelbaren Ausführung bzw. sofortiger Vollzug hingewiesen.

Klaus Weber, Regierungsdirektor a.D.

www.hansklausweber.de

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Was genau wird durch die Vorlaufzeit bestimmt? M.E. dürfte sich dabei um den Umfang bzw. die Dauer des geschützten Vertrauens handeln in den Fortbestand der bestehenden Rechtslage (beim Abstellen des Fahrzeugs).

Die Vertrauensfrist beträgt also 3 Tage und nicht 72 Stunden. Dem ist zuzustimmen. Denn Fristberechnung nach Stunden ist den allgemeinen Fristberechnungsvorschriften der §§ 187, 188 BGB fremd.

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An das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), insbesondere an § 31 VI habe ich gar nicht gedacht. Ich hatte vielmehr die Straßenverkehrsordnung im Blick, und zwar den § 45, wenn es um Aufstellen und Entfernen von Verkehrszeichen geht. Soweit mir bekannt ist, kommt die Anwendung der §§ 48 ff. VwVfG nicht in Betracht, auch nicht entsprechend.

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