Diskussionstipp von Alexander Würdinger: Das BVerfG und der Inhalt des Klageerzwingungsantrags

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.09.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1738|99531 Aufrufe

Alexander Würdinger ist ja den Bloglesern schon bekannt. Er ist einer der wenigen Juristen, die sich seit langem und regelmäßig kritisch mit der Rechtsprechung zum Klageerzwingungsverfahren befassen. Er hat mich nun gebeten, doch einmal zu  BVerfG, Beschl. v. 2.7.2018 - 2 BvR 1550/17  eine Diskussion im Blog anzustoßen. Mach ich doch gerne!

Das BVerfG befasst sich in der Entscheidung mit der Frage, ob die Rechtsprechung der OLGe zum Klageerzwingungsverfahren noch verfassungsgemäß ist. Die Verfassungsbeschwerde war zwar erfolglos - das BVerfG lässt aber durchblicken: "Die OLGe sind zuuuuuu streng, was die Antragsprüfung angeht!"

 

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Oberlandesgericht Rostock habe seinen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen und überspitzte Anforderungen an die Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 StPO gestellt. Es setze sich nur pauschal mit dem Klageerzwingungsantrag auseinander, der den gesetzlichen Anforderungen an dessen Zulässigkeit genüge. Dieser enthalte insbesondere eine aus sich heraus verständliche Sachverhaltsdarstellung. Dem Antrag könnten auch die erforderlichen Tatsachen und Beweismittel entnommen werden, ohne dass die staatsanwaltlichen Akten hätten beigezogen werden müssen.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Zwar verletzt der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock den Beschwerdeführer in seinem Grundecht aus Art. 19 Abs. 4 GG (1.). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht zur Durchsetzung seiner in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil die Tat möglicherweise verjährt ist (2.).

1. Der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, weil das Gericht überspannte Anforderungen an den Inhalt des Klageerzwingungsantrags gestellt hat.

a) Nach Art. 19 Abs. 4 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 13). Dies muss auch der Richter bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Er darf ein von der Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 96, 27 <39>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.). Formerfordernisse dürfen nicht weitergehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (vgl. BVerfGE 88, 118 <125>; BVerfGK 14, 211 <214>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.). Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.).

Es begegnet vor diesem Hintergrund keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO so auszulegen, dass der Klageerzwingungsantrag in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiedergeben und eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten muss, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigt. Denn diese Darlegungsanforderungen sollen die Oberlandesgerichte vor einer Überlastung durch unsachgemäße und unsubstantiierte Anträge bewahren und in die Lage versetzen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 14).

Die Darlegungsanforderungen dürfen allerdings nicht überspannt werden, sondern müssen durch den Gesetzeszweck geboten sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 15). Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO erfordert zwar nur die Mitteilung des wesentlichen Inhalts der angegriffenen Bescheide sowie der Einlassung des Beschuldigten (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>, m.w.N.), soweit diese im Einstellungsbescheid mitgeteilt wird (vgl. BVerfGK 14, 211 <216>). Eine Obliegenheit des Antragstellers, sich durch Akteneinsicht Kenntnis von der vollständigen Einlassung des Beschuldigten zu verschaffen und diese sodann auch vollständig mitzuteilen, besteht grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>). Etwas Anderes gilt aber, wenn der Beschwerdeführer seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung maßgeblich auch mit Inhalten aus den Ermittlungsakten begründet. In diesem Fall ist der Beschwerdeführer gehalten, soll die vom Gesetzgeber implizit vorgesehene und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Schlüssigkeitsprüfung allein auf der Grundlage des gestellten Antrags (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>) nicht unterlaufen werden, zumindest den wesentlichen Inhalt der Beweismittel mitzuteilen, aus denen er auszugsweise vorträgt oder gar zitiert. Denn bei einer nur selektiven, im Einzelfall vielleicht sogar sinnentstellenden Wiedergabe von Teilen der Einlassung des Beschuldigten oder auch der Einvernahme von Zeugen kann ein unzutreffendes Bild vom Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres wieder berichtigt werden kann. Soweit dies den Antragsteller verpflichtet, gegebenenfalls auch Umstände vorzutragen, welche den Beschuldigten entlasten könnten, ist dies hinzunehmen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 15).

Der Zweck des Klageerzwingungsverfahrens darf nicht darauf verkürzt werden, den Oberlandesgerichten eine bloße Aufsicht über die Richtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsbescheide zu überantworten. Für die gerichtliche Kontrolle im Klageerzwingungsverfahren kommt es vielmehr darauf an, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung aus der Sicht des Oberlandesgerichts genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage besteht (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 19).

Das Gericht darf deshalb im Hinblick auf die norminternen Direktiven des Art. 19 Abs. 4 GG einen Klageerzwingungsantrag nicht vorschnell aufgrund der formellen Hürden des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verwerfen. Es hat insbesondere zu beachten, dass das Bestehen eines genügenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage keine Voraussetzung für den Zugang des Antragstellers zu Gericht ist, sondern für die Anklageerhebung (§§ 170 Abs. 1, 174 Abs. 1 StPO). Die Zulässigkeit des Antrags gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO erfordert nicht das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 22). Dessen Vorliegen ist vom Gericht erst im Verfahren gemäß § 173 StPO zu prüfen, wobei es lückenschließende Ermittlungen anordnen kann. Die formalen Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verlangen lediglich, dass der hinreichende Tatverdacht schlüssig dargelegt wird.

b) Gemessen daran halten die Erwägungen des Oberlandesgerichts Rostock den Anforderungen der Rechtsschutzgarantie nicht stand. Das Gericht hat die an einen Klageerzwingungsantrag zu stellenden Voraussetzungen überspannt.

aa) Der Klageerzwingungsantrag enthält entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts eine Darstellung des wesentlichen Inhalts der mitgeteilten Beweismittel.

Die Verpflichtung zur Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels dient dazu, dem Gericht die Überprüfung der schlüssigen Darlegung des genügenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage zu ermöglichen, nicht jedoch des hinreichenden Tatverdachts an sich. Sie hat ferner den Zweck, eine Irreführung des Gerichts über den Inhalt und den Beweiswert des Beweismittels zu verhindern. Deshalb sind auch die Tatsachen mitzuteilen, die dem Antragsbegehren den Boden entziehen könnten (OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Mai 2007 - 2 Ws 272/07 -, juris, Rn. 8). Bei einer nur selektiven, im Einzelfall vielleicht sogar sinnentstellenden Wiedergabe eines Beweismittels kann ein unzutreffendes Bild vom Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres wieder berichtigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 15). Die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels versetzt das Gericht in die Lage, die Schlüssigkeitsprüfung ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten vorzunehmen (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 14).

Es gehört im Hinblick auf ein Sachverständigengutachten dagegen nicht zur Darstellung des wesentlichen Inhalts des mitgeteilten Beweismittels, dass die Ausführungen eines Sachverständigen vollständig wiedergegeben werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Mai 2017 - 2 BvR 1107/16 -, juris, Rn. 23). Müsste der Klageerzwingungsantrag den weitgehend vollständigen Inhalt der Beweismittel enthalten, könnte das Gericht schon allein anhand der Antragsschrift das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts prüfen, und nicht nur dessen schlüssige Darstellung. Einer Beiziehung der Ermittlungsakte bräuchte es dann selbst zur Prüfung eines genügenden Anlasses für die Erhebung der öffentlichen Klage nicht mehr. Eine Arbeitserleichterung wäre mit einem derart umfassenden Darlegungserfordernis nicht verbunden, wenn das Gericht die Schlüssigkeit anhand eines Klageerzwingungsantrags prüfen müsste, dessen Inhalt und Umfang sich kaum von dem der beizuziehenden Ermittlungsakte unterscheidet.

Der Klageerzwingungsantrag gibt den wesentlichen Inhalt auch der Gutachten wieder, die gegen das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts sprechen. Dabei handelt es sich um die Auszüge aus dem vorläufigen Sektionsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 16. August 2010, aus dem toxikologisch-chemischen Gutachten des Arbeitsbereiches Forensische Toxikologie und Alkoholanalytik des Universitätsklinikums G. vom 6. Januar 2011, aus dem Sachverständigengutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 6. Dezember 2012, dem Onkologischen Gutachten der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie der Universitätsmedizin Gö. vom 10. Februar 2014 sowie der ergänzenden Stellungnahme des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 18. Dezember 2016. Diese Gutachten werden in ihrem Kerngehalt und ihren Schlussfolgerungen dargestellt. Ein unzutreffendes oder entstellendes Bild des Ermittlungsergebnisses wird dem Gericht hierdurch nicht präsentiert und es werden auch keine Umstände verheimlicht, die dem Antragsbegehren den Boden entziehen könnten. Hinzu kommt, dass sich der Antragsteller in seinem Klageerzwingungsantrag detailliert und argumentativ mit diesen Gutachten auseinandersetzt und versucht, deren Unrichtigkeit darzulegen. Zwar betont der Beschwerdeführer die für einen hinreichenden Tatverdacht sprechenden Umstände stärker und widmet diesen mehr Raum als Umständen, die gegen dessen Vorliegen sprechen. Das macht den Antrag jedoch noch nicht unzulässig. Die Würdigung der im Ermittlungsverfahren hervorgebrachten Beweise ist vielmehr eine Frage der Begründetheit des Antrags.

bb) Die Antragsschrift widerspricht im vorliegenden Einzelfall auch nicht deswegen den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO, weil sie Scans von und Direktzitate aus Sachverständigengutachten enthält oder auf Anlagen Bezug nimmt.

(1) Ein Klageerzwingungsantrag ist grundsätzlich unzulässig, wenn in Bezug genommene Bestandteile in die Antragsschrift hineinkopiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 2017 - 2 BvR 225/16 -, juris, Rn. 7; VerfGH Berlin, Beschluss vom 30. April 2004 - VerfGH 128/03 -, NJW 2004, 2728; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Mai 1983 - 1 Ws 335/83 -, StV 1983, 498; OLG Celle, NStZ 1997, 406; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - III-1 Ws 521/14, 1 Ws 521/14 -, juris, Rn. 11; Graalmann-Scheerer, in: Löwe-Rosenberg, Strafprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 172, Rn. 156; Kölbel, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2016, § 172 Rn. 70; Moldenhauer, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013; § 172 Rn. 37). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aus Anlagen zusammenzustellen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. September 2003 - 1 Ws 242/03 -, NStZ-RR 2003, 331; Moldenhauer, a.a.O.), insbesondere wenn durch das Einkopieren von Strafanzeigen oder Beschwerdeschriften die Sachdarstellung verunklart wird. Ausnahmen hiervon werden jedoch für zulässig erachtet, wenn es auf den Wortlaut der eingefügten Unterlagen ankommt und das Hineinkopieren lediglich das - anderenfalls notwendige - vollständige Abschreiben dieser Unterlagen ersetzt. Entscheidend ist, dass das Gericht nicht gezwungen wird, sich den relevanten Verfahrensstoff aus einer Vielzahl (möglicherweise unsystematisierter) Kopien selbst zusammenzustellen (OLG Hamm, a.a.O., Leitsatz und Rn. 11; Kölbel, a.a.O., Rn. 71). Anderenfalls läuft der Antragsteller Gefahr, zu wenig aus dem Gutachten eines Sachverständigen oder der Aussage eines Zeugen wiederzugeben, so dass sein Antrag an der Hürde zur Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels (vgl. aa) scheitern würde.

(2) Vor dem Hintergrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG kann es keinen Unterschied machen, ob der Antragsteller in einem Klageerzwingungsantrag entscheidende Passagen aus dem Gutachten eines Sachverständigen in indirekter Rede im Fließtext wiedergibt oder sich der Einfügung von Scans oder Direktzitaten bedient. Die in die Antragsschrift eingefügten Auszüge aus Sachverständigengutachten haben lediglich erläuternden Charakter. Sie dienen dazu, den wesentlichen Inhalt der Beweismittel darzustellen, die Argumentation der dem Antrag zugrunde gelegten Beweiswürdigung zu unterstreichen und die den Beschuldigten zur Last liegenden Pflichtverletzungen zu konkretisieren. Sie haben - gemessen am Gesamtumfang der Antragsschrift - einen nicht übermäßig ins Gewicht fallenden Umfang. Das Gericht musste sich aus den eingefügten Scans und Direktzitaten nicht erst selbst den entscheidungserheblichen Sachverhalt oder den wesentlichen Inhalt der Beweismittel heraussuchen.

cc) Der Klageerzwingungsantrag widerspricht auch nicht deshalb den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO, weil er angeblich auf weitere Anlagen mit einem Umfang von insgesamt 136 oder 196 Seiten Bezug nimmt, die das Oberlandesgericht hätte lesen müssen, um sich ein eigenes Bild vom Krankheitsverlauf und den durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu verschaffen. Der Strafsenat übersieht hierbei, dass die Anlagen nicht derart in Bezug genommen werden, dass die Kenntnis ihres Inhalts den im Klageerzwingungsantrag erforderlichen Sachvortrag ersetzen soll. Der wesentliche Inhalt der in Bezug genommenen Anlagen war bereits in einer § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügenden Art und Weise im Antrag selbst enthalten. Die an sich überflüssige Bezugnahme auf Anlagen kann einen zulässigen Klageerzwingungsantrag nicht unzulässig machen. Sie hatten offensichtlich nur den Zweck, die Übereinstimmung der Angaben des Antragstellers mit dem Akteninhalt zu belegen.

dd) Aus diesem Grund ist es auch unbeachtlich, dass die Anlagen erst nach Ablauf der Frist des § 172 Abs. 3 Satz 2 StPO beim Oberlandesgericht Rostock eingegangen sind. Nach Fristablauf ist eine inhaltliche Nachbesserung des Antrags nur dann nicht mehr möglich, wenn die Ausgangsfassung des Antrags nicht ausreichend und deshalb unzulässig war (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 11. November 1997 - Ws 1078/97 -, juris, Rn. 15; OLG Hamm, Beschluss vom 4. Juli 2002 - 2 Ws 213/02 -, juris, Rn. 4; Kölbel, a.a.O., Rn. 58; Graalmann-Scheerer, a.a.O., Rn. 128). Der hier zur Beurteilung stehende Antrag war jedoch bereits vor Fristablauf in einer den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügenden Weise beim Oberlandesgericht Rostock eingegangen.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt, weil deutlich abzusehen ist, dass sein Klageerzwingungsantrag auch im Falle einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -, juris, Rn. 16; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2016 - 1 BvR 1225/15 -, juris, Rn. 19; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Juli 2017 - 2 BvR 2157/15 -, juris, Rn. 32). Soweit sich aus dem Klageerzwingungsantrag schlüssig dargelegte Anhaltspunkte für eine fahrlässige Tötung ergeben könnten, wäre die Tat unter Zugrundelegung der im Antrag enthaltenen Darstellung des Gangs des Ermittlungsverfahrens verjährt.

 

a) Fahrlässige Tötung ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bedroht (§ 222 StGB). Die Verfolgung der Tat verjährt somit gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in fünf Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 78a Satz 1 StGB mit der Beendigung der Tat, vorliegend mit dem Tod der Ehefrau des Beschwerdeführers am 1. Juni 2010.

b) Als verjährungsunterbrechende Maßnahmen lassen sich dem Klageerzwingungsantrag lediglich die richterlichen Durchsuchungsanordnungen des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 3. Juni 2010, 9. August 2010 und 29. September 2010 entnehmen (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB).

Die eingeholten rechtsmedizinischen Gutachten haben den Lauf der Verfolgungsverjährung dagegen nicht unterbrochen. Aus dem Klageerzwingungsantrag ergibt sich nicht, dass die Beauftragung der Sachverständigen erfolgte, nachdem die Beschuldigten vernommen oder ihnen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben wurden (§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB). Die Erfassung eines oder mehrerer Beschuldigter in einem staatsanwaltlichen Verfahren oder die Umschreibung eines UJs-Verfahrens in ein Js-Verfahren am 22. Oktober 2013 (vgl. Bl. 38 d. A.) stellen interne Akte innerhalb der Strafverfolgungsbehörde dar und stehen nach dem klaren Wortlaut von § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB einer Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens an die Beschuldigten nicht gleich.

Damit konnte die angezeigte Tat nach Ablauf des 28. September 2015 nicht mehr verfolgt werden.

3. Dass die Strafverfolgungsorgane keine Maßnahmen getroffen haben, die Verjährung zu unterbrechen, begegnet für sich genommen noch keinen Bedenken.

Zwar verpflichten Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG den Staat, sich dort schützend und fördernd vor das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und die sexuelle Selbstbestimmung des Einzelnen zu stellen und sie vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten Dritter zu bewahren (vgl. BVerfGE 39, 1 <42>; 46, 160 <164>; 121, 317 <356>; BVerfGK 17, 1 <5>), wo die Grundrechtsberechtigten selbst nicht dazu in der Lage sind. Die wirksame Verfolgung von Gewaltverbrechen und vergleichbaren Straftaten stellt allerdings eine Konkretisierung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGK 17, 1 <5>), die Grundlage subjektiver öffentlicher Rechte sein kann. Insoweit besteht ein Anspruch auf eine effektive Strafverfolgung dort, wo der Einzelne nicht in der Lage ist, erhebliche Straftaten gegen seine höchstpersönlichen Rechtsgüter - Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung und Freiheit der Person - abzuwehren und ein Verzicht auf die effektive Verfolgung solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in das Gewaltmonopol des Staates und einem allgemeinen Klima der Rechtsunsicherheit und Gewalt führen kann. In solchen Fällen kann ein Tätigwerden des Staates und seiner Organe auch mit den Mitteln des Strafrechts verlangt werden (vgl. BVerfGE 39, 1 <36 ff.>; 49, 89 <141 f.>; 53, 30 <57 f.>; 77, 170 <214>; 88, 203 <251>; 90, 145 <195>; 92, 26 <46>; 97, 169 <176 f.>; 109, 190 <236>). Bei Kapitaldelikten kann ein solcher Anspruch auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 1 Abs. 1 GG auch nahen Angehörigen zustehen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015, a.a.O., Rn. 19 f.).

Die Landesjustizverwaltungen haben daher zum Schutz des Anspruchs auf effektive Strafverfolgung durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Ermittlungsverfahren zeitnah abgeschlossen werden, so dass es dem Antragsberechtigten grundsätzlich noch innerhalb der Verjährungsfristen möglich ist, rechtzeitig einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 und Abs. 3 StPO zu stellen. Dass sie diese Pflicht verletzt haben, ist vorliegend jedoch nicht dargelegt.

 

BVerfG, Beschl. v. 2.7.2018 - 2 BvR 1550/17

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Die VwGO und das Verwaltungsrecht haben im Klageerzwingungsverfahren nach einhelliger Meinung nichts zu suchen, vgl.:

"Für solche Verstöße sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Dies gilt insbesondere für die im Einzelnen begründete Auffassung des Oberlandesgerichts, wonach die für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geltende Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO auf das strafprozessuale Klageerzwingungsverfahren weder unmittelbar noch analog anzuwenden ist... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.09.2015 - Vf. 107-VI/14).

"Einen Untätigkeitsantrag oder eine Untätigkeitsklage sieht das Gesetz im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens nicht vor. Die VwGO ist nicht anwendbar" (OLG München, Beschluss v. 05.10.2017 - 2 Ws 1235/17 KL, 2 Ws 1238/17 KL).

"Eine solche Vorschaltbeschwerde hat der Beschwerdeführer nicht erhoben, sondern - trotz Hinweises des Oberlandesgerichts - auf seiner unzutreffenden Rechtsauffassung einer entsprechenden Anwendbarkeit von § 75 VwGO im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens beharrt... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.10.2018 - Vf. 74-VI-17).

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Ich habe im Rahmen einer Petition zum Deutschen Bundestag, die auf eine Änderung der §§ 172 ff StPO zielte, meinen eigenen Vorschlag der Anwendung der VwGO auf die Verfahren nach den §§ 172 ff StPO eingehend begründet:

https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2018/_11/_11/Petiti....$$$.einsprung.613136.html

Hierauf habe ich eine gute Resonanz erhalten, da sehr viele Leser meine Beiträge als "hilfreich" eingestuft haben. 

Quatsch! Ihre komische Petition hat einen krachenden Mißerfolg erlebt und nur 40 Unterstützer gefunden, also das dort nötige Quorum von 50.000 Unterstützern nicht erreicht. "Himmelweit verfehlt" ist noch das Gnädigste, was man zu dieser Ihrer Niederlage sagen kann...

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Entscheidend ist nicht das unmittelbare "Ergebnis" der Petition (die auch gar nicht von mir lanciert worden war), sondern es geht mir darum, dass meine Argumentation, warum es richtig ist, auf die Verfahren nach den §§ 172 ff StPO, KlEV und EEV, die Vorschriften der VwGO anzuwenden, offenbar auch für ein breiteres, nicht-juristisches Publikum nachvollziehbar ist.  

Frau Kollegin Heinecke hat ihren Antragsschriftsatz im Fall Oury Jalloh vor exakt vier Wochen beim OLG Naumburg eingereicht. Es ist an der Zeit, den Antragsschriftsatz den Prozessbeteiligten, der GenStA und den beiden des Mordes beschuldigten Polizeibeamten, zuzustellen und Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. 

...Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen

Eine mündliche Verhandlung ist im Verfahren nach § 172 Abs. 2 StPO nicht vorgeschrieben. Die im Klageerzwingungsverfahren erst- und letztinstanzlich zuständigen Oberlandesgerichte bestimmen ihr Verfahren dabei nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BVerfG, B. v. 10.8.2006 - 2 BvR 2324/04).

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Die VwGO und das Verwaltungsrecht haben im Klageerzwingungsverfahren nach einhelliger Meinung nichts zu suchen, vgl.:

"Für solche Verstöße sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Dies gilt insbesondere für die im Einzelnen begründete Auffassung des Oberlandesgerichts, wonach die für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geltende Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO auf das strafprozessuale Klageerzwingungsverfahren weder unmittelbar noch analog anzuwenden ist... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.09.2015 - Vf. 107-VI/14).

"Einen Untätigkeitsantrag oder eine Untätigkeitsklage sieht das Gesetz im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens nicht vor. Die VwGO ist nicht anwendbar" (OLG München, Beschluss v. 05.10.2017 - 2 Ws 1235/17 KL, 2 Ws 1238/17 KL).

"Eine solche Vorschaltbeschwerde hat der Beschwerdeführer nicht erhoben, sondern - trotz Hinweises des Oberlandesgerichts - auf seiner unzutreffenden Rechtsauffassung einer entsprechenden Anwendbarkeit von § 75 VwGO im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens beharrt... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.10.2018 - Vf. 74-VI-17).

Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

0

Art. 6 Abs. 1 EMRK enthält unter anderem den Anspruch auf eine öffentliche und damit mündliche Gerichtsverhandlung. Diese ist zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe des Gerichtsverfahrens durchzuführen. Umfasst das Gerichtsverfahren nur eine einzige Instanz, ist die mündliche öffentliche Verhandlung also in dieser Instanz durchzuführen.[16][17][18]

  1. Urteil der IV. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 5.4.2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, abgedruckt in NJW 2017, 2455 (Heft 34/2017) https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=05.04.2016&Aktenzeichen=33060/10
  2. Karpenstein / Mayer, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 2015, Rnrn. 60 ff. zu Art. 6 EMRK
  3. Jens Meyer-Ladewig/Martin Nettesheim/Stefan von Raumer: Europäische Menschenrechtskonvention. Handkommentar. 4. Auflage 2017, Rnrn. 170 ff. zu Art. 6 EMRK

Urteil Helmut Blum gegen Österreich vom 5. April 2016 (Nr. 33060/10)
 
Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK); vorläufige Massnahme in einem Disziplinarverfahren ohne vorgängige Anhörung 
 
Gegen den Beschwerdeführer, einen Rechtsanwalt, waren wegen vermuteter Doppelvertretung und Beweismittelfälschung in einem Strafverfahren ein Disziplinarverfahren und ein Strafverfahren eingeleitet worden. Im Rahmen des Disziplinarverfahrens wurde ihm einstweilig verboten, in Strafverfahren vor lokalen Gerichten Klienten zu vertreten. Weil dieser Entscheid trotz seines entsprechenden Antrags ohne vorgängige mündliche Verhandlung gefällt worden war, reichte der Beschwerdeführer beim Gerichtshof eine Beschwerde wegen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 EMRK) ein.  Gemäss dem Gerichtshof war Artikel 6 Absatz 1 EMRK anwendbar, da das einstweilige Verbot die zivilrechtlichen Ansprüche des Beschwerdeführers berührte. Der Gerichtshof befand ferner, dass die im Zusammenhang mit dem einstweiligen Vertretungsverbot zu prüfenden Fragen nicht ausschliesslich juristischer oder hoch technischer Art waren. Zudem sei die Wirksamkeit des Verbots nicht davon abhängig gewesen, dass rasch ein Entscheid gefällt wird. Folglich war es nicht mit dem Recht des Beschwerdeführers auf ein faires Verfahren vereinbar, seinen Antrag auf eine mündliche Anhörung abzuweisen. Verletzung von Artikel 6 Absatz 1 EMRK (einstimmig).

Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

Daran ändert es nichts, dass nach dem EGMR "Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60). Ein Klageerzwingungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren.

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Die EMRK gilt für jeden Prozess. 

Die EMRK gilt für jeden Prozess.

Geht's noch? Sie sollten einfach einmal Art. 6 Abs. 1 MRK lesen, bevor Sie so steile Behauptungen aufstellen! Da steht doch ausdrücklich: "Jede Person hat ein Recht darauf, daß über Streitigkeiten in bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird".

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Der Sinngehalt des Urteils  des EGMR vom 5. April 2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, NJW 2017, 2455 

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=05.04.2016&Aktenzeichen=33060/10

besteht eben gerade darin, dass sämtliche Prozesse, eben auch wenn sie nicht eindeutig der zivilrechtlichen oder eindeutig der strafrechtlichen Schiene zuzuordnen sind, dem Gebot unterfallen, dass irgendwann einmal im Verlauf des Prozesses eine Mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Mit ein bisschen Nachdenken kommt man auch darauf, dass es vernünftigerweise auch gar nicht anders sein kann: Sonst würden in dem Meer des Gebots der Mündlichen Verhandlung einzelne "Inselchen" übrigbleiben, auf denen dieses Gebot nicht gilt. Ein solches Ergebnis wäre indes offenkundiger Unfug. Nein, Prozess ist Prozess, in dem einen Prozess gilt das Gebot der Mündlichen Verhandlung genauso wie in dem anderen.   

besteht eben gerade darin, dass sämtliche Prozesse, eben auch wenn sie nicht eindeutig der zivilrechtlichen oder eindeutig der strafrechtlichen Schiene zuzuordnen sind, dem Gebot unterfallen...

Quatsch! Die Konvention unterscheidet ganz genau und mit Ihr natürlich auch der Gerichtshof. Nur Würdinger sieht natürlich wieder einmal alles unterschiedslos ganz anders und bastelt sich einen "Sinn" zurecht, der wieder einmal nur Unsinn ist.

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Bitte setzen Sie die Diskussion mit mir unten fort, wo Platz ist. 

Aus der Anmerkung der NJW-Redaktion:
"Die Verfassungsbeschwerde wurde als unzulässig abgewiesen, weil der Bf. im Hinblick auf die angebliche Untätigkeit der Staatsanwaltschaft keine Vorschaltbeschwerde zur Generalstaatsanwaltschaft erhoben hatte... Zum Klageerzwingungsverfahren in der Praxis s. Krumm, NJ 2016, 241; wie Klageerzwingungsanträge richtig zu stellen sind, erläutert ders., NJW 2013, 2948..." (NJW 2019, 292)

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Auf einem anderen Blatt steht indes, ob diese Entscheidung auch richtig ist. 

Oh,woher kommt plötzlich diese vornehme Zurückhaltung ("ob...auch richtig ist")?. Haben Sie noch keine Strafanzeige gegen die Richter des VerfGH ob dieser grob rechtsbeugerischen Entscheidung erstattet?

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Nein, bisher noch nicht, aber der Ablauf der strafrechtlichen Verjährung ist auch erst zum 22. Oktober 2023, also hat das noch Zeit. 

Mein heutiger Schriftsatz zum OLG München lautet:

Ich erhebe hiermit gegen den Beschluss vom 24.1.2019, Az. 2 Ws 33/19 KL, Anhörungsrüge gem. § 152a VwGO, bitte um Fortsetzung des Verfahrens und begründe diese wie folgt:

 

  1. Der angefochtene Beschluss vom 24.1.2019 ist einzig und allein darauf gestützt, es sei eine sog. Vorschaltbeschwerde erforderlich gewesen, was aber in Wahrheit offensichtlich nicht der Fall ist. Da also offensichtlich keine sog. Vorschaltbeschwerde erforderlich war, ist der angefochtene Beschluss vom 24.1.2019 aufzuheben, der Anhörungsrüge gem. § 152a VwGO abzuhelfen und das Verfahren fortzusetzen.

 

  1. Die ständige Rechtsprechung

 

Die ständige Rechtsprechung besagt folgendes: In bestimmten Fällen kann von einem Vorverfahren abgesehen werden. Insofern wird von „Entbehrlichkeit“ eines Vorverfahrens gesprochen. Damit ist gemeint, dass ein Vorverfahren nicht erforderlich ist. Das Vorverfahren ist u.a. dann entbehrlich, wenn aus dem Verhalten der Behörde zu entnehmen ist, dass ein Widerspruch erfolglos wäre. Vgl. hierzu statt aller Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 23. Auflage 2017, § 68, Rn. 16 ff., 22 ff.

 

Diese ständige Rechtsprechung zu den §§ 68 ff VwGO enthält allgemeine Grundsätze, die Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen. Diese Grundsätze müssen deshalb auch im Rahmen der §§ 172 ff StPO Anwendung finden. Die sog. "Vorschaltbeschwerde" ist deshalb auch hier in dem vorliegenden Fall entbehrlich. Es wäre auch naiv anzunehmen, dass die Münchner GenStA von dem einmal eingeschlagenen Krähenprinzip in irgendeiner Weise abweicht. Die Münchner GenStA zeigt nach aller Erfahrung ersichtlich keinerlei Neigung, strafrechtliche Ermittlungen gegen einen Münchner Richter zu forcieren.

 

3) Kein Übergehen der Widerspruchsbehörde, der Münchner GenStA

a) Die Widerspruchsbehörde, die Münchner GenStA, ist in keiner Weise übergangen worden. Die Widerspruchsbehörde, die Münchner GenStA, hatte vielmehr objektiv die Gelegenheit, sich an Recht und Gesetz zu halten und die Ausgangsbehörde, die StA München I, zur förmlichen Einleitung des Ermittlungsverfahrens gegen die Münchner Richter anzuhalten. Das OLG München hatte nämlich – insoweit richtigerweise - die Widerspruchsbehörde, die Münchner GenStA, zur Stellungnahme zum Verfahren aufgefordert. Im Rahmen dieser Stellungnahme hätte die GenStA die StA München I dazu anhalten müssen, die Ermittlungen gegen die Münchner Richter förmlich einzuleiten.

 

b) Es macht hierbei evident auch keinen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt die Widerspruchsbehörde, die Münchner GenStA, Gelegenheit zu ihrem Handeln hatte: Es macht evident keinen Unterschied, ob die Widerspruchsbehörde, die Münchner GenStA, schon auf eine Vorschaltbeschwerde hin tätig wird oder erst, wenn sie vom Gericht, in diesem Fall vom OLG München, dazu aufgefordert wird. Denn egal, zu welchem Zeitpunkt die Widerspruchsbehörde, die Münchner GenStA, zum Tätigwerden aufgefordert wird, die GenStA musste sich in jedem Fall an Recht und Gesetz halten. Und nach Recht und Gesetz war es in diesem Fall unabweisbar, die StA München I dazu anzuhalten, die Ermittlungen gegen die Münchner Richter förmlich einzuleiten. Der Zeitpunkt, sich an Recht und Gesetz zu halten, spielt also evident keinerlei Rolle.

 

c) Dieselbe Überlegung gilt auch in Bezug auf die Verfahrensbeteiligten: Es macht evident keinerlei Unterschied, ob die Widerspruchsbehörde, die Münchner GenStA, vom Gericht, dem OLG München, oder von dem Bf. dazu aufgefordert wird, Stellung zu nehmen. Denn in beiden Fällen – unabhängig von dem Verfahrensbeteiligten - wird die Münchner GenStA gleichzeitig dazu ermahnt, sich an Recht und Gesetz zu halten und die StA München I dazu anzuhalten, die Ermittlungen gegen den Münchner Richter förmlich einzuleiten.

 

4) Die Parteimaxime im Widerspruchsverfahren

Schließlich gilt - zumindest in dem vorliegenden Fall – für das Widerspruchsverfahren die Parteimaxime. Es blieb dem Bf. überlassen, ob er auf der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens besteht oder lieber darauf verzichten will. Die Parteimaxime im Widerspruchsverfahren ergibt ich hier daraus, dass der Bf. von Anfang an auf seinen Anspruch auf Strafverfolgung Dritter gepocht hat. Es handelt sich hierbei um ein subjektiv-öffentliches Recht des Bf. Da also der Bf. – materiellrechtlich - über ein subjektiv-öffentliches Recht verfügte, durfte er auch über die prozessuale Umsetzung dieses Rechts verfügen. Die Anerkennung des Anspruchs auf Strafverfolgung Dritter durch die Tennessee Eisenberg-Entscheidung des BVerfG vom 26.6.2014 bringt eben unter anderem auch mit sich, dass der Verletzte insoweit auch den weiteren Fortgang der Ermittlungen – denn der Verletzte hat in diesem Fall einen Rechtsanspruch auf ernsthafte Ermittlungen – aktiv gestalten kann. Vor diesem Hintergrund steht es dem Verletzten selbstverständlich frei, welche prozessualen Mittel er zur Durchsetzung seines Rechtsanspruchs wählen will. Es ist deshalb unter keinem Gesichtspunkt zu beanstanden, wenn sich der Bf. in diesem Fall dazu entschlossen hat, auf die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens verzichten zu wollen.

 

  1. Drohende Verjährung zum 25.6.2019

 

Vor allem war es dem Bf. hier nicht zuzumuten, den Erlass eines Bescheids der GenStA vor dem Gang zu Gericht abzuwarten. Denn es droht nach wie vor der Eintritt der Verjährung zum 25.6.2019. Wäre der Bf. gezwungen, einen Bescheid der GenStA abzuwarten, ehe es ihm gestattet ist, den Weg zu Gericht anzutreten, läuft der Bf. Gefahr, dass mittlerweile die Verjährung zum 25.6.2019 eintritt. Dabei ist zu beachten, dass der Bf. keinerlei Einfluss darauf hat, zu welchem Zeitpunkt die GenStA ihren Bescheid erlässt. Es liegt demgemäß vollständig in der Hand der GenStA, die Verjährung zum 25.6.2019 eintreten zu lassen oder nicht. Da es also dem Bf. nicht zuzumuten ist, das Risiko eines Eintritts der Verjährung zum 25.6.2019 einzugehen, war es aus der Sicht des Bf. angebracht, die notwendigen prozessualen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Beschleunigung des Verfahrens zu forcieren.

 

  1. Kausalität

 

Es ist nicht auzuschließen, dass der Senat nach einer Fortsetzung des Verfahrens und nach einer Neubefassung mit der Angelegenheit zu dem Ergebnis kommt, dass dem Antrag des Bf. auf Verpflichtung der Staatsanwaltschaft nachzukommen ist. Dies begründet die Kausalität zwischen der vorliegenden Rechtsverletzung durch den angefochtenen Beschluss vom 24.1.2019 und dem inhaltlichen Ergebnis des Rechtsstreits. Da also das inhaltliche Ergebnis des Rechtsstreits auf der Rechtsverletzung durch den angefochtenen Beschluss vom 24.1.2019 beruht oder zumindest beruhen kann, ist der angefochtene Beschluss vom 24.1.2019 aufzuheben und das Verfahren fortzusetzen.

 

7) Schlusssatz

 

Da also die angefochtene Entscheidung einzig und allein darauf gestützt ist, die sog. Vorschaltbeschwerde sei erforderlich gewesen – was aber evident nicht der Fall ist – ist diese Entscheidung als evident falsch zu qualifizieren. Der angefochtene Beschluss vom 24.1.2019 ist deshalb aufzuheben, der Anhörungsrüge gem. § 152a VwGO abzuhelfen und das Verfahren fortzusetzen.

Die VwGO und das Verwaltungsrecht haben im Klageerzwingungsverfahren nach einhelliger Meinung nichts zu suchen, vgl.:

"Für solche Verstöße sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Dies gilt insbesondere für die im Einzelnen begründete Auffassung des Oberlandesgerichts, wonach die für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geltende Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO auf das strafprozessuale Klageerzwingungsverfahren weder unmittelbar noch analog anzuwenden ist... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.09.2015 - Vf. 107-VI/14).

"Einen Untätigkeitsantrag oder eine Untätigkeitsklage sieht das Gesetz im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens nicht vor. Die VwGO ist nicht anwendbar" (OLG München, Beschluss v. 05.10.2017 - 2 Ws 1235/17 KL, 2 Ws 1238/17 KL).

"Eine solche Vorschaltbeschwerde hat der Beschwerdeführer nicht erhoben, sondern - trotz Hinweises des Oberlandesgerichts - auf seiner unzutreffenden Rechtsauffassung einer entsprechenden Anwendbarkeit von § 75 VwGO im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens beharrt... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.10.2018 - Vf. 74-VI-17).

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Beachten Sie den konkreten Sachverhalt, v.a. den folgenden Abschnitt meines Schriftsatzes:

5) Drohende Verjährung zum 25.6.2019

Vor allem war es dem Bf. hier nicht zuzumuten, den Erlass eines Bescheids der GenStA vor dem Gang zu Gericht abzuwarten. Denn es droht nach wie vor der Eintritt der Verjährung zum 25.6.2019. Wäre der Bf. gezwungen, einen Bescheid der GenStA abzuwarten, ehe es ihm gestattet ist, den Weg zu Gericht anzutreten, läuft der Bf. Gefahr, dass mittlerweile die Verjährung zum 25.6.2019 eintritt. Dabei ist zu beachten, dass der Bf. keinerlei Einfluss darauf hat, zu welchem Zeitpunkt die GenStA ihren Bescheid erlässt. Es liegt demgemäß vollständig in der Hand der GenStA, die Verjährung zum 25.6.2019 eintreten zu lassen oder nicht. Da es also dem Bf. nicht zuzumuten ist, das Risiko eines Eintritts der Verjährung zum 25.6.2019 einzugehen, war es aus der Sicht des Bf. angebracht, die notwendigen prozessualen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Beschleunigung des Verfahrens zu forcieren.

Selbst schuld!

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Sie irren, ich habe meinerseits das Verfahren zügig betrieben, strafrechtliche Ermittlungen gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht München I Herrn Dr. Tholl herbeizuführen. Es ist vielmehr der Sachverhalt dergestalt, dass die Münchner Justiz schlicht und ergreifend mauert. Die Wirkungsweise des Krähenprinzips ist in diesem Fall in Reinkultur zu besichtigen. 

Was wie selbstverständlich aussieht (mündliche Verhandlung und richterliche Hinweise, wenn in der Antragsschrift was fehlt), wäre im Fall Oury Jalloh vor dem OLG Naumburg in Wahrheit nichts geringeres als eine juristische Sensation: Denn die Rspr. des OLG München  wehrt sich in meinem Fall - aus sehr durchschaubaren Motiven! - mit Händen und Füßen dagegen, dass auf das Klageerzwingungsverfahren die VwGO angewendet wird: Denn wenn die VwGO angewendet wird, findet u.a. eine mündliche Verhandlung statt (§ 101 VwGO) und müssen richterliche Hinweise erfolgen (§ 86 III VwGO).

Die VwGO und das Verwaltungsrecht haben im Klageerzwingungsverfahren nach einhelliger Meinung nichts zu suchen, vgl.:

"Für solche Verstöße sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Dies gilt insbesondere für die im Einzelnen begründete Auffassung des Oberlandesgerichts, wonach die für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geltende Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO auf das strafprozessuale Klageerzwingungsverfahren weder unmittelbar noch analog anzuwenden ist... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.09.2015 - Vf. 107-VI/14).

"Einen Untätigkeitsantrag oder eine Untätigkeitsklage sieht das Gesetz im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens nicht vor. Die VwGO ist nicht anwendbar" (OLG München, Beschluss v. 05.10.2017 - 2 Ws 1235/17 KL, 2 Ws 1238/17 KL).

"Eine solche Vorschaltbeschwerde hat der Beschwerdeführer nicht erhoben, sondern - trotz Hinweises des Oberlandesgerichts - auf seiner unzutreffenden Rechtsauffassung einer entsprechenden Anwendbarkeit von § 75 VwGO im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens beharrt... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.10.2018 - Vf. 74-VI-17).

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In diesem Klageerzwingungsverfahren pochen die Angehörigen darauf, dass vor einer Entscheidung des OLG Naumburg eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Dieses Verfahren bietet allerdings im Ergebnis nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn das OLG Naumburg den Angehörigen Gelegenheit geben wird, ihre Antragsschrift zu ergänzen, da diese voraussichtlich lückenhaft sein wird.[65]

  1. Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Eine mündliche Verhandlung ist im Verfahren nach § 172 Abs. 2 StPO nicht vorgeschrieben. Die im Klageerzwingungsverfahren erst- und letztinstanzlich zuständigen Oberlandesgerichte bestimmen ihr Verfahren dabei nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BVerfG, B. v. 10.8.2006 - 2 BvR 2324/04).

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Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

Daran ändert es nichts, dass nach dem EGMR "Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60). Ein Klageerzwingungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren.

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Ihre Behauptungen sind schlicht falsch. Richtig ist demgegenüber folgendes:

Art. 6 Abs. 1 EMRK enthält unter anderem den Anspruch auf eine öffentliche und damit mündliche Gerichtsverhandlung. Diese ist zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe des Gerichtsverfahrens durchzuführen. Umfasst das Gerichtsverfahren nur eine einzige Instanz, ist die mündliche öffentliche Verhandlung also in dieser Instanz durchzuführen.[16][17][18]

  1. Urteil der IV. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 5.4.2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, abgedruckt in NJW 2017, 2455 (Heft 34/2017) https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=05.04.2016&Aktenzeichen=33060/10
  2. Karpenstein / Mayer, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 2015, Rnrn. 60 ff. zu Art. 6 EMRK
  3. Jens Meyer-Ladewig/Martin Nettesheim/Stefan von Raumer: Europäische Menschenrechtskonvention. Handkommentar. 4. Auflage 2017, Rnrn. 170 ff. zu Art. 6 EMRK

Der Sinngehalt des Urteils  des EGMR vom 5. April 2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, NJW 2017, 2455 

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=05.04.2016&Aktenzeichen=33060/10

besteht eben gerade darin, dass sämtliche Prozesse, eben auch wenn sie nicht eindeutig der zivilrechtlichen oder eindeutig der strafrechtlichen Schiene zuzuordnen sind, dem Gebot unterfallen, dass irgendwann einmal im Verlauf des Prozesses eine Mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Mit ein bisschen Nachdenken kommt man auch darauf, dass es vernünftigerweise auch gar nicht anders sein kann: Sonst würden in dem Meer des Gebots der Mündlichen Verhandlung einzelne "Inselchen" übrigbleiben, auf denen dieses Gebot nicht gilt. Ein solches Ergebnis wäre indes offenkundiger Unfug. Nein, Prozess ist Prozess, in dem einen Prozess gilt das Gebot der Mündlichen Verhandlung genauso wie in dem anderen.

Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

Daran ändert es nichts, dass nach dem EGMR "Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60). Ein Klageerzwingungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren.

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Auch wenn Sie sich noch so oft wiederholen, bleiben Ihre Behauptungen schlicht falsch. 

Quatsch! Die Konvention unterscheidet ganz genau und mit Ihr natürlich auch der Gerichtshof. Nur Würdinger sieht natürlich wieder einmal alles unterschiedslos ganz anders und bastelt sich einen "Sinn" zurecht, der wieder einmal nur Unsinn ist.

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Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

Daran ändert es nichts, dass nach dem EGMR "Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Ein Klageerzwingungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren.

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Also gibt es in allen Prozessarten eine MV, nur nicht im KlEV und im EEV?

Quatsch! Die Konvention unterscheidet ganz genau und mit Ihr natürlich auch der Gerichtshof. Nur Würdinger sieht natürlich wieder einmal alles unterschiedslos ganz anders...

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Auch in Ihrem Fall werden Ihre falschen Behauptungen nicht dadurch besser, dass Sie sie ständig wiederholen. 

Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

Daran ändert es nichts, dass nach dem EGMR "Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Ein Klageerzwingungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren.

Die Konvention unterscheidet ganz genau und mit Ihr natürlich auch der Gerichtshof. Nur Würdinger sieht natürlich wieder einmal alles unterschiedslos ganz anders und bastelt sich einen "Sinn" zurecht, der wieder einmal nur Unsinn ist.

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Dass ein Klageerzwingungsverfahren kein Disziplinarverfahren ist, ist klar. Aber darin lag gerade die Pointe der Entscheidung, dass eben auch sonstige Prozessarten wie das Klageerzwingungsverfahren und das  Disziplinarverfahren vom Normzweck des Art. 6 I EMRK erfasst sind.  

Das Disziplinarverfahren ist nach dem Verständnis des Gerichtshofs ein "Zivilverfahren" (warum auch immer) und keine "sonstige Prozessart". Lesen bildet: "Der GH hat aber ständig festgehalten, dass Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Was also speziell für Disziplinarverfahren gilt, gilt noch lange nicht für alle sonstigen "sonstige Prozessarten". So schwer ist das doch alles gar nicht. Das versteht sogar mein häuslicher Osterhase in seinem Stall...

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Aber auch damit haben Sie meine Argumentation nicht widerlegt. Deswegen verstehe ich, ehrlich gesagt, immer noch nicht, worin Ihr Problem liegt. 

Aber auch damit haben Sie meine Argumentation nicht widerlegt

Sie sind wirklich schwer von Kapee! Der EGMR hat nicht gesagt, dass jetzt alle denkbaren möglichen "Prozesse" unter Art. 6 EMRK fallen, wie Sie irrig meinen, sondern, dass ein Disziplinarverfahren unter den Begriff "Zivilrecht" des Art. 6 EMRK fällt, also "Zivilrecht" iSd Konvention ist. Dass auch das Klageerzwingungsverfahren "Zivilrecht" iSd Konvention ist, sagt der EGMR natürlich nicht und nicht einmal Sie, von dem man ja wirklich einiges, wenn nicht alles, gewohnt ist, haben das bisher vertreten. Kapee?

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Dann ist das Klageerzwingungsverfahren "Strafrecht" iSd Konvention.

Muß man Ihnen denn wie einem unverständigen Kind wirklich jede Klitzekleinigkeit von Adam und Eva an erklären? Von "Strafrecht" als solchem ist in Art. 6 Abs.1 EMRK keine Rede. Dort ist vielmehr nur die Rede von "Streitigkeiten in bezug .. über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage". Das Klageerzwingungsverfahren eines Opfers betrifft aber doch nicht eine gegen das Opfer "erhobene strafrechtliche Anklage". Ich hoffe, ich muss Ihnen das jetzt nicht auch noch weiter erklären. Ein Opfer ist ein Opfer und ein Täter ist ein Täter. Nicht ein Opfer wird "angeklagt", sondern ein Täter wird "angeklagt". Alles Grundzüge! Die EMRK betrifft also strafrechtlich nur Täter, nicht Opfer! Kapee?

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Fortsetzung der Diskussion weiter unten

Die Diskussion mit Ihnen über die Reichweite des Art. 6 I EMRK setze ich, aus Platzmangel, an dieser Stelle fort: Sie dürfen, wie auch sonst bei der Auslegung von Rechtsnormen, nicht bei dem unmittelbaren Wortlaut stehen bleiben, sondern Sie müssen nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift fragen. Hier besteht der Sinn und Zweck der Vorschrift darin, das rechtliche Gehör der Prozessbeteiligten zu gewährleisten. Es ist deshalb weit und breit kein sachlicher Grund zu erkennen, warum die Prozessbeteiligten des KlEV und des EEV von diesem Sinn und Zweck des Art. 6 I EMRK ausgeschlossen sein sollten. Bedenken Sie hierbei: Das Gebot der MV gilt im Fall Oury Jalloh natürlich z.B. auch für die des Mordes beschuldigten beiden Polizeibeamten.  

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