Diskussionstipp von Alexander Würdinger: Das BVerfG und der Inhalt des Klageerzwingungsantrags

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.09.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1738|99960 Aufrufe

Alexander Würdinger ist ja den Bloglesern schon bekannt. Er ist einer der wenigen Juristen, die sich seit langem und regelmäßig kritisch mit der Rechtsprechung zum Klageerzwingungsverfahren befassen. Er hat mich nun gebeten, doch einmal zu  BVerfG, Beschl. v. 2.7.2018 - 2 BvR 1550/17  eine Diskussion im Blog anzustoßen. Mach ich doch gerne!

Das BVerfG befasst sich in der Entscheidung mit der Frage, ob die Rechtsprechung der OLGe zum Klageerzwingungsverfahren noch verfassungsgemäß ist. Die Verfassungsbeschwerde war zwar erfolglos - das BVerfG lässt aber durchblicken: "Die OLGe sind zuuuuuu streng, was die Antragsprüfung angeht!"

 

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, das Oberlandesgericht Rostock habe seinen Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen und überspitzte Anforderungen an die Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 StPO gestellt. Es setze sich nur pauschal mit dem Klageerzwingungsantrag auseinander, der den gesetzlichen Anforderungen an dessen Zulässigkeit genüge. Dieser enthalte insbesondere eine aus sich heraus verständliche Sachverhaltsdarstellung. Dem Antrag könnten auch die erforderlichen Tatsachen und Beweismittel entnommen werden, ohne dass die staatsanwaltlichen Akten hätten beigezogen werden müssen.

III.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Zwar verletzt der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock den Beschwerdeführer in seinem Grundecht aus Art. 19 Abs. 4 GG (1.). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht zur Durchsetzung seiner in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), weil die Tat möglicherweise verjährt ist (2.).

1. Der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, weil das Gericht überspannte Anforderungen an den Inhalt des Klageerzwingungsantrags gestellt hat.

a) Nach Art. 19 Abs. 4 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 40, 272 <275>; 78, 88 <99>; 88, 118 <124>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 13). Dies muss auch der Richter bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Er darf ein von der Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (vgl. BVerfGE 77, 275 <284>; 96, 27 <39>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.). Formerfordernisse dürfen nicht weitergehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (vgl. BVerfGE 88, 118 <125>; BVerfGK 14, 211 <214>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.). Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O.).

Es begegnet vor diesem Hintergrund keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO so auszulegen, dass der Klageerzwingungsantrag in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiedergeben und eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten muss, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigt. Denn diese Darlegungsanforderungen sollen die Oberlandesgerichte vor einer Überlastung durch unsachgemäße und unsubstantiierte Anträge bewahren und in die Lage versetzen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 14).

Die Darlegungsanforderungen dürfen allerdings nicht überspannt werden, sondern müssen durch den Gesetzeszweck geboten sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 15). Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO erfordert zwar nur die Mitteilung des wesentlichen Inhalts der angegriffenen Bescheide sowie der Einlassung des Beschuldigten (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>, m.w.N.), soweit diese im Einstellungsbescheid mitgeteilt wird (vgl. BVerfGK 14, 211 <216>). Eine Obliegenheit des Antragstellers, sich durch Akteneinsicht Kenntnis von der vollständigen Einlassung des Beschuldigten zu verschaffen und diese sodann auch vollständig mitzuteilen, besteht grundsätzlich nicht (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>). Etwas Anderes gilt aber, wenn der Beschwerdeführer seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung maßgeblich auch mit Inhalten aus den Ermittlungsakten begründet. In diesem Fall ist der Beschwerdeführer gehalten, soll die vom Gesetzgeber implizit vorgesehene und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Schlüssigkeitsprüfung allein auf der Grundlage des gestellten Antrags (vgl. BVerfGK 14, 211 <215>) nicht unterlaufen werden, zumindest den wesentlichen Inhalt der Beweismittel mitzuteilen, aus denen er auszugsweise vorträgt oder gar zitiert. Denn bei einer nur selektiven, im Einzelfall vielleicht sogar sinnentstellenden Wiedergabe von Teilen der Einlassung des Beschuldigten oder auch der Einvernahme von Zeugen kann ein unzutreffendes Bild vom Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres wieder berichtigt werden kann. Soweit dies den Antragsteller verpflichtet, gegebenenfalls auch Umstände vorzutragen, welche den Beschuldigten entlasten könnten, ist dies hinzunehmen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 15).

Der Zweck des Klageerzwingungsverfahrens darf nicht darauf verkürzt werden, den Oberlandesgerichten eine bloße Aufsicht über die Richtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsbescheide zu überantworten. Für die gerichtliche Kontrolle im Klageerzwingungsverfahren kommt es vielmehr darauf an, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung aus der Sicht des Oberlandesgerichts genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage besteht (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 19).

Das Gericht darf deshalb im Hinblick auf die norminternen Direktiven des Art. 19 Abs. 4 GG einen Klageerzwingungsantrag nicht vorschnell aufgrund der formellen Hürden des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verwerfen. Es hat insbesondere zu beachten, dass das Bestehen eines genügenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage keine Voraussetzung für den Zugang des Antragstellers zu Gericht ist, sondern für die Anklageerhebung (§§ 170 Abs. 1, 174 Abs. 1 StPO). Die Zulässigkeit des Antrags gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO erfordert nicht das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 22). Dessen Vorliegen ist vom Gericht erst im Verfahren gemäß § 173 StPO zu prüfen, wobei es lückenschließende Ermittlungen anordnen kann. Die formalen Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO verlangen lediglich, dass der hinreichende Tatverdacht schlüssig dargelegt wird.

b) Gemessen daran halten die Erwägungen des Oberlandesgerichts Rostock den Anforderungen der Rechtsschutzgarantie nicht stand. Das Gericht hat die an einen Klageerzwingungsantrag zu stellenden Voraussetzungen überspannt.

aa) Der Klageerzwingungsantrag enthält entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts eine Darstellung des wesentlichen Inhalts der mitgeteilten Beweismittel.

Die Verpflichtung zur Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels dient dazu, dem Gericht die Überprüfung der schlüssigen Darlegung des genügenden Anlasses zur Erhebung der öffentlichen Klage zu ermöglichen, nicht jedoch des hinreichenden Tatverdachts an sich. Sie hat ferner den Zweck, eine Irreführung des Gerichts über den Inhalt und den Beweiswert des Beweismittels zu verhindern. Deshalb sind auch die Tatsachen mitzuteilen, die dem Antragsbegehren den Boden entziehen könnten (OLG Koblenz, Beschluss vom 21. Mai 2007 - 2 Ws 272/07 -, juris, Rn. 8). Bei einer nur selektiven, im Einzelfall vielleicht sogar sinnentstellenden Wiedergabe eines Beweismittels kann ein unzutreffendes Bild vom Ermittlungsergebnis entstehen, das nicht ohne Weiteres wieder berichtigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 987/11 -, juris, Rn. 34; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 2016 - 2 BvR 2040/15 -, juris, Rn. 15). Die Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels versetzt das Gericht in die Lage, die Schlüssigkeitsprüfung ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten vorzunehmen (vgl. BVerfGK 2, 45 <50>; 5, 45 <48>; 14, 211 <214 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats, a.a.O., Rn. 14).

Es gehört im Hinblick auf ein Sachverständigengutachten dagegen nicht zur Darstellung des wesentlichen Inhalts des mitgeteilten Beweismittels, dass die Ausführungen eines Sachverständigen vollständig wiedergegeben werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Mai 2017 - 2 BvR 1107/16 -, juris, Rn. 23). Müsste der Klageerzwingungsantrag den weitgehend vollständigen Inhalt der Beweismittel enthalten, könnte das Gericht schon allein anhand der Antragsschrift das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts prüfen, und nicht nur dessen schlüssige Darstellung. Einer Beiziehung der Ermittlungsakte bräuchte es dann selbst zur Prüfung eines genügenden Anlasses für die Erhebung der öffentlichen Klage nicht mehr. Eine Arbeitserleichterung wäre mit einem derart umfassenden Darlegungserfordernis nicht verbunden, wenn das Gericht die Schlüssigkeit anhand eines Klageerzwingungsantrags prüfen müsste, dessen Inhalt und Umfang sich kaum von dem der beizuziehenden Ermittlungsakte unterscheidet.

Der Klageerzwingungsantrag gibt den wesentlichen Inhalt auch der Gutachten wieder, die gegen das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts sprechen. Dabei handelt es sich um die Auszüge aus dem vorläufigen Sektionsgutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 16. August 2010, aus dem toxikologisch-chemischen Gutachten des Arbeitsbereiches Forensische Toxikologie und Alkoholanalytik des Universitätsklinikums G. vom 6. Januar 2011, aus dem Sachverständigengutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 6. Dezember 2012, dem Onkologischen Gutachten der Klinik für Hämatologie und Medizinische Onkologie der Universitätsmedizin Gö. vom 10. Februar 2014 sowie der ergänzenden Stellungnahme des Instituts für Rechtsmedizin der Universitätsmedizin G. vom 18. Dezember 2016. Diese Gutachten werden in ihrem Kerngehalt und ihren Schlussfolgerungen dargestellt. Ein unzutreffendes oder entstellendes Bild des Ermittlungsergebnisses wird dem Gericht hierdurch nicht präsentiert und es werden auch keine Umstände verheimlicht, die dem Antragsbegehren den Boden entziehen könnten. Hinzu kommt, dass sich der Antragsteller in seinem Klageerzwingungsantrag detailliert und argumentativ mit diesen Gutachten auseinandersetzt und versucht, deren Unrichtigkeit darzulegen. Zwar betont der Beschwerdeführer die für einen hinreichenden Tatverdacht sprechenden Umstände stärker und widmet diesen mehr Raum als Umständen, die gegen dessen Vorliegen sprechen. Das macht den Antrag jedoch noch nicht unzulässig. Die Würdigung der im Ermittlungsverfahren hervorgebrachten Beweise ist vielmehr eine Frage der Begründetheit des Antrags.

bb) Die Antragsschrift widerspricht im vorliegenden Einzelfall auch nicht deswegen den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO, weil sie Scans von und Direktzitate aus Sachverständigengutachten enthält oder auf Anlagen Bezug nimmt.

(1) Ein Klageerzwingungsantrag ist grundsätzlich unzulässig, wenn in Bezug genommene Bestandteile in die Antragsschrift hineinkopiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 2017 - 2 BvR 225/16 -, juris, Rn. 7; VerfGH Berlin, Beschluss vom 30. April 2004 - VerfGH 128/03 -, NJW 2004, 2728; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Mai 1983 - 1 Ws 335/83 -, StV 1983, 498; OLG Celle, NStZ 1997, 406; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 16. Dezember 2014 - III-1 Ws 521/14, 1 Ws 521/14 -, juris, Rn. 11; Graalmann-Scheerer, in: Löwe-Rosenberg, Strafprozessordnung, 26. Aufl. 2007, § 172, Rn. 156; Kölbel, in: Münchener Kommentar zur StPO, 1. Aufl. 2016, § 172 Rn. 70; Moldenhauer, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013; § 172 Rn. 37). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aus Anlagen zusammenzustellen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. September 2003 - 1 Ws 242/03 -, NStZ-RR 2003, 331; Moldenhauer, a.a.O.), insbesondere wenn durch das Einkopieren von Strafanzeigen oder Beschwerdeschriften die Sachdarstellung verunklart wird. Ausnahmen hiervon werden jedoch für zulässig erachtet, wenn es auf den Wortlaut der eingefügten Unterlagen ankommt und das Hineinkopieren lediglich das - anderenfalls notwendige - vollständige Abschreiben dieser Unterlagen ersetzt. Entscheidend ist, dass das Gericht nicht gezwungen wird, sich den relevanten Verfahrensstoff aus einer Vielzahl (möglicherweise unsystematisierter) Kopien selbst zusammenzustellen (OLG Hamm, a.a.O., Leitsatz und Rn. 11; Kölbel, a.a.O., Rn. 71). Anderenfalls läuft der Antragsteller Gefahr, zu wenig aus dem Gutachten eines Sachverständigen oder der Aussage eines Zeugen wiederzugeben, so dass sein Antrag an der Hürde zur Wiedergabe des wesentlichen Inhalts eines Beweismittels (vgl. aa) scheitern würde.

(2) Vor dem Hintergrund der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG kann es keinen Unterschied machen, ob der Antragsteller in einem Klageerzwingungsantrag entscheidende Passagen aus dem Gutachten eines Sachverständigen in indirekter Rede im Fließtext wiedergibt oder sich der Einfügung von Scans oder Direktzitaten bedient. Die in die Antragsschrift eingefügten Auszüge aus Sachverständigengutachten haben lediglich erläuternden Charakter. Sie dienen dazu, den wesentlichen Inhalt der Beweismittel darzustellen, die Argumentation der dem Antrag zugrunde gelegten Beweiswürdigung zu unterstreichen und die den Beschuldigten zur Last liegenden Pflichtverletzungen zu konkretisieren. Sie haben - gemessen am Gesamtumfang der Antragsschrift - einen nicht übermäßig ins Gewicht fallenden Umfang. Das Gericht musste sich aus den eingefügten Scans und Direktzitaten nicht erst selbst den entscheidungserheblichen Sachverhalt oder den wesentlichen Inhalt der Beweismittel heraussuchen.

cc) Der Klageerzwingungsantrag widerspricht auch nicht deshalb den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO, weil er angeblich auf weitere Anlagen mit einem Umfang von insgesamt 136 oder 196 Seiten Bezug nimmt, die das Oberlandesgericht hätte lesen müssen, um sich ein eigenes Bild vom Krankheitsverlauf und den durchgeführten Behandlungsmaßnahmen zu verschaffen. Der Strafsenat übersieht hierbei, dass die Anlagen nicht derart in Bezug genommen werden, dass die Kenntnis ihres Inhalts den im Klageerzwingungsantrag erforderlichen Sachvortrag ersetzen soll. Der wesentliche Inhalt der in Bezug genommenen Anlagen war bereits in einer § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügenden Art und Weise im Antrag selbst enthalten. Die an sich überflüssige Bezugnahme auf Anlagen kann einen zulässigen Klageerzwingungsantrag nicht unzulässig machen. Sie hatten offensichtlich nur den Zweck, die Übereinstimmung der Angaben des Antragstellers mit dem Akteninhalt zu belegen.

dd) Aus diesem Grund ist es auch unbeachtlich, dass die Anlagen erst nach Ablauf der Frist des § 172 Abs. 3 Satz 2 StPO beim Oberlandesgericht Rostock eingegangen sind. Nach Fristablauf ist eine inhaltliche Nachbesserung des Antrags nur dann nicht mehr möglich, wenn die Ausgangsfassung des Antrags nicht ausreichend und deshalb unzulässig war (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 11. November 1997 - Ws 1078/97 -, juris, Rn. 15; OLG Hamm, Beschluss vom 4. Juli 2002 - 2 Ws 213/02 -, juris, Rn. 4; Kölbel, a.a.O., Rn. 58; Graalmann-Scheerer, a.a.O., Rn. 128). Der hier zur Beurteilung stehende Antrag war jedoch bereits vor Fristablauf in einer den Anforderungen des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO genügenden Weise beim Oberlandesgericht Rostock eingegangen.

2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist jedoch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt, weil deutlich abzusehen ist, dass sein Klageerzwingungsantrag auch im Falle einer Zurückverweisung an das Ausgangsgericht im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 211/12 -, juris, Rn. 16; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2016 - 1 BvR 1225/15 -, juris, Rn. 19; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Juli 2017 - 2 BvR 2157/15 -, juris, Rn. 32). Soweit sich aus dem Klageerzwingungsantrag schlüssig dargelegte Anhaltspunkte für eine fahrlässige Tötung ergeben könnten, wäre die Tat unter Zugrundelegung der im Antrag enthaltenen Darstellung des Gangs des Ermittlungsverfahrens verjährt.

 

a) Fahrlässige Tötung ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bedroht (§ 222 StGB). Die Verfolgung der Tat verjährt somit gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in fünf Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 78a Satz 1 StGB mit der Beendigung der Tat, vorliegend mit dem Tod der Ehefrau des Beschwerdeführers am 1. Juni 2010.

b) Als verjährungsunterbrechende Maßnahmen lassen sich dem Klageerzwingungsantrag lediglich die richterlichen Durchsuchungsanordnungen des Amtsgerichts Neubrandenburg vom 3. Juni 2010, 9. August 2010 und 29. September 2010 entnehmen (§ 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB).

Die eingeholten rechtsmedizinischen Gutachten haben den Lauf der Verfolgungsverjährung dagegen nicht unterbrochen. Aus dem Klageerzwingungsantrag ergibt sich nicht, dass die Beauftragung der Sachverständigen erfolgte, nachdem die Beschuldigten vernommen oder ihnen die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben wurden (§ 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB). Die Erfassung eines oder mehrerer Beschuldigter in einem staatsanwaltlichen Verfahren oder die Umschreibung eines UJs-Verfahrens in ein Js-Verfahren am 22. Oktober 2013 (vgl. Bl. 38 d. A.) stellen interne Akte innerhalb der Strafverfolgungsbehörde dar und stehen nach dem klaren Wortlaut von § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB einer Bekanntgabe der Einleitung des Ermittlungsverfahrens an die Beschuldigten nicht gleich.

Damit konnte die angezeigte Tat nach Ablauf des 28. September 2015 nicht mehr verfolgt werden.

3. Dass die Strafverfolgungsorgane keine Maßnahmen getroffen haben, die Verjährung zu unterbrechen, begegnet für sich genommen noch keinen Bedenken.

Zwar verpflichten Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG den Staat, sich dort schützend und fördernd vor das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und die sexuelle Selbstbestimmung des Einzelnen zu stellen und sie vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten Dritter zu bewahren (vgl. BVerfGE 39, 1 <42>; 46, 160 <164>; 121, 317 <356>; BVerfGK 17, 1 <5>), wo die Grundrechtsberechtigten selbst nicht dazu in der Lage sind. Die wirksame Verfolgung von Gewaltverbrechen und vergleichbaren Straftaten stellt allerdings eine Konkretisierung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerfGK 17, 1 <5>), die Grundlage subjektiver öffentlicher Rechte sein kann. Insoweit besteht ein Anspruch auf eine effektive Strafverfolgung dort, wo der Einzelne nicht in der Lage ist, erhebliche Straftaten gegen seine höchstpersönlichen Rechtsgüter - Leben, körperliche Unversehrtheit, sexuelle Selbstbestimmung und Freiheit der Person - abzuwehren und ein Verzicht auf die effektive Verfolgung solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in das Gewaltmonopol des Staates und einem allgemeinen Klima der Rechtsunsicherheit und Gewalt führen kann. In solchen Fällen kann ein Tätigwerden des Staates und seiner Organe auch mit den Mitteln des Strafrechts verlangt werden (vgl. BVerfGE 39, 1 <36 ff.>; 49, 89 <141 f.>; 53, 30 <57 f.>; 77, 170 <214>; 88, 203 <251>; 90, 145 <195>; 92, 26 <46>; 97, 169 <176 f.>; 109, 190 <236>). Bei Kapitaldelikten kann ein solcher Anspruch auf der Grundlage von Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 1 Abs. 1 GG auch nahen Angehörigen zustehen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Mai 2015, a.a.O., Rn. 19 f.).

Die Landesjustizverwaltungen haben daher zum Schutz des Anspruchs auf effektive Strafverfolgung durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass Ermittlungsverfahren zeitnah abgeschlossen werden, so dass es dem Antragsberechtigten grundsätzlich noch innerhalb der Verjährungsfristen möglich ist, rechtzeitig einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 und Abs. 3 StPO zu stellen. Dass sie diese Pflicht verletzt haben, ist vorliegend jedoch nicht dargelegt.

 

BVerfG, Beschl. v. 2.7.2018 - 2 BvR 1550/17

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1738 Kommentare

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Sie müssen nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift fragen. Hier besteht der Sinn und Zweck der Vorschrift darin, das rechtliche Gehör der Prozessbeteiligten zu gewährleisten..

Quatsch. Der "Sinn und Zweck" ist genau das, was im Gesetz steht. Die teleologische Auslegung stellt auf den objektiv in der Norm zum Ausdruck kommenden Zweck ab und nicht auf das was ein einzelner -völlig unbedarfter - Gesetzesanwender wie Würdinger denkt. Jede Auslegung endet da, wo man objektiv mit dem Wortlaut des Gesetzes in Widerspruch gerät.

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Und was war jetzt gleich nochmal Ihr juristisches Argument?

In diesem Klageerzwingungsverfahren pochen die Angehörigen darauf, dass vor einer Entscheidung des OLG Naumburg eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Dieses Verfahren bietet allerdings im Ergebnis nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn das OLG Naumburg den Angehörigen Gelegenheit geben wird, ihre Antragsschrift zu ergänzen, da diese voraussichtlich lückenhaft sein wird.[65]

  1. Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Das hiesige Thema ist das Klageerzwingungsverfahren. Also ist es angebracht, einen aktuellen Fall, in dessen Zentrum das Klageerzwingungsverfahren steht, zur Sprache zu bringen: 

  1. RA Alexander Würdinger sagte am Freitag, 1. Februar 2019 um 08:09 :

    Dein Kommentar muss noch freigeschaltet werden.

  2. Frau Kollegin Heinecke hat ihren Antragsschriftsatz im Fall Oury Jalloh vor exakt vier Wochen beim OLG Naumburg eingereicht. Es ist an der Zeit, den Antragsschriftsatz den Prozessbeteiligten, der GenStA und den beiden des Mordes beschuldigten Polizeibeamten, zuzustellen und Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen.
  3. Kommentiere ↓


    1. RA Alexander Würdinger sagte am Sonntag, 3. Februar 2019 um 13:03 :

    Dein Kommentar muss noch freigeschaltet werden.


    Alexander Würdinger kommentiert am So, 2019-02-03 11:59

    Art. 6 Abs. 1 EMRK enthält unter anderem den Anspruch auf eine öffentliche und damit mündliche Gerichtsverhandlung. Diese ist zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe des Gerichtsverfahrens durchzuführen. Umfasst das Gerichtsverfahren nur eine einzige Instanz, ist die mündliche öffentliche Verhandlung also in dieser Instanz durchzuführen.[16][17][18]

    ↑ Urteil der IV. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 5.4.2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, abgedruckt in NJW 2017, 2455 (Heft 34/2017) https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=05.04.2016&Aktenzeichen=33060/10
    ↑ Karpenstein / Mayer, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 2015, Rnrn. 60 ff. zu Art. 6 EMRK
    ↑ Jens Meyer-Ladewig/Martin Nettesheim/Stefan von Raumer: Europäische Menschenrechtskonvention. Handkommentar. 4. Auflage 2017, Rnrn. 170 ff. zu Art. 6 EMRK


    Kommentiere ↓


    • RA Alexander Würdinger sagte am Montag, 4. Februar 2019 um 16:11 :

      Dein Kommentar muss noch freigeschaltet werden.


      Der Sinngehalt des Urteils des EGMR vom 5. April 2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, NJW 2017, 2455

      https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=05.04.2016&Aktenzeichen=33060/10

      besteht eben gerade darin, dass sämtliche Prozesse, eben auch wenn sie nicht eindeutig der zivilrechtlichen oder eindeutig der strafrechtlichen Schiene zuzuordnen sind, dem Gebot unterfallen, dass irgendwann einmal im Verlauf des Prozesses eine Mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Mit ein bisschen Nachdenken kommt man auch darauf, dass es vernünftigerweise auch gar nicht anders sein kann: Sonst würden in dem Meer des Gebots der Mündlichen Verhandlung einzelne „Inselchen“ übrigbleiben, auf denen dieses Gebot nicht gilt. Ein solches Ergebnis wäre indes offenkundiger Unfug. Nein, Prozess ist Prozess, in dem einen Prozess gilt das Gebot der Mündlichen Verhandlung genauso wie in dem anderen.

       


    1. RA Alexander Würdinger sagte am Freitag, 25. Januar 2019 um 08:52 :

    Dein Kommentar muss noch freigeschaltet werden.


    Ich habe mich heute morgen an Herrn Kollegen Bittmannn gewandt mit folgendem Schreiben:

    Sehr geehrter Herr Kollege Bittmann,
    wenn man „Vortrag von Folker Bittmann zum Fall Oury Jalloh“ als Suchbegriff in Google eingibt, erhält man – außer der Ankündigung Ihres Vortrags – keinerlei Ergebnisse. Sorgen Sie deshalb bitte für eine Veröffentlichung Ihres Vortrags.
    Mit freundlichen kollegialen Grüßen


    Kommentiere ↓


  1. RA Alexander Würdinger sagte am Dienstag, 15. Januar 2019 um 09:06 :

    Dein Kommentar muss noch freigeschaltet werden.


    Im Fall Oury Jalloh ist jetzt das OLG Naumburg am Zug und hat genau zwei Möglichkeiten:

    1) Das OLG Naumburg sucht und findet „das Haar in der Suppe“ und weist den Antrag schneller als man schauen kann als „unzulässig“ zurück. Beim Fall Oury Jalloh ist es dabei die einfachste aller Übungen, „das Haar in der Suppe“ zu finden, denn der Fall Oury Jalloh liegt zu komplex, als dass es – bei realistischer Betrachtung – möglich wäre, ausnahmslos alle Fantasie-Anforderungen, die die Rspr. in solchen Fällen zu kreieren imstande ist, auf Anhieb erfüllen zu können.

    2) Oder das OLG Naumburg gibt der Untersuchung des Todesfalles Oury Jalloh eine faire Chance, gibt nicht zuletzt den beiden des Mordes beschuldigten Polizeibeamten die Gelegenheit, sich zu den erhobenen Vorwürfen zu äußern und gibt weiter den Angehörigen von Oury Jalloh die Chance, ihre Antragsschrift nachbessern zu können, was aller Voraussicht nach im Lauf des Prozesses vor dem OLG Naumburg notwendig werden wird.

    Kommentiere ↓


  2. RA Alexander Würdinger sagte am Mittwoch, 9. Januar 2019 um 12:31 :

    Dein Kommentar muss noch freigeschaltet werden.


    Das Klageerzwingungsverfahren hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn das OLG Naumburg auf das Verfahren die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anwendet. Der springende Punkt dabei ist nämlich, dass das OLG Naumburg gem. § 86 III VwGO darauf hinweisen und Gelegenheit zur Nachbesserung geben muss, sollte die Antragsschrift Lücken aufweisen. Und so komplex, wie die Dinge im Fall Oury Jalloh liegen, ist es praktisch gar nicht möglich, eine auf Anhieb „lückenlose“ Antragsschrift vorzulegen. Folgt das OLG Naumburg hingegen der „hergebrachten“ Rechtsprechung zum Klageerzwingungsverfahren, würde die Antragsschrift, da nicht lückenlos, als „unzulässig“ behandelt werden mit der Folge, dass sich das OLG Naumburg gar nicht erst mit der Sache befassen würde.

    Kommentiere ↓


    1. RA Alexander Würdinger sagte am Freitag, 4. Januar 2019 um 14:59 :

      Dein Kommentar muss noch freigeschaltet werden.


    2. Grüß Gott,

      ich befasse mich mit der prozessualen Seite des Klageerzwingungsverfahrens. Ich habe schon vor drei Jahren in einem Aufsatz die These aufgestellt, dass es richtig ist, auf das Klageerzwingungsverfahren Verwaltungsprozessrecht anzuwenden. Das bedeutet vor allem, dass das OLG Naumburg in unserem Fall richterliche Hinweise erteilen müsste, falls der verfahrenseinleitende Schriftsatz Lücken aufweisen sollte. Ferner muss z.B. auch eine mündliche Verhandlung stattfinden. Kommt das OLG Naumburg in unserem Fall diesen prozessrechtlichen Vorgaben nicht nach, ist – als weitere Schritte – eine Anhörungsrüge und sodann eine Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Grundrechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs möglich.


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      1. RA Alexander Würdinger sagte am Dienstag, 8. Januar 2019 um 10:49 :

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      Wenn alles mit rechten Dingen zugeht, wird das OLG Naumburg jetzt folgende weitere Verfahrensschritte ergreifen:
      1) Beiladung der beiden des Mordes beschuldigten Polizisten gem. § 65 VwGO
      2) Zustellung der Antragsschrift an die GenStA (verbunden mit der Bitte um Aktenvorlage) und an die Beigeladenen unter Fristsetzung zur Erwiderung
      3) Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung gem. § 101 VwGO i.V.m. Art. 6 I EMRK sowie
      4) Ggf. richterliche Hinweise gemäß § 86 Abs. 3 VwGO bei Lücken der Antragsschrift.


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      • RA Alexander Würdinger sagte am Dienstag, 8. Januar 2019 um 11:10 :

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        gaestle kommentiert am Di, 2019-01-08 09:54

        Das sind aber nicht die „rechten Dinge“, wie sie das BVerfG, diverse Landesverfassungsgerichte und sämtliche Oberlandesgerichte und die Fachliteratur sehen, sondern das ist das Wunschkonzert von Herrn A.W.

        Alexander Würdinger kommentiert am Di, 2019-01-08 10:02

        Naja, es geht ganz einfach darum, den Prozessbeteiligten – übrigens auch den des Mordes beschuldigten Polizisten – in einem rechtsstaatlich korrekten Verfahren rechtliches Gehör zu gewähren.

Die VwGO und das Verwaltungsrecht haben im Klageerzwingungsverfahren nach einhelliger Meinung nichts zu suchen, vgl.:

"Für solche Verstöße sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar. Dies gilt insbesondere für die im Einzelnen begründete Auffassung des Oberlandesgerichts, wonach die für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten geltende Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO auf das strafprozessuale Klageerzwingungsverfahren weder unmittelbar noch analog anzuwenden ist... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.000 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.09.2015 - Vf. 107-VI/14).

"Einen Untätigkeitsantrag oder eine Untätigkeitsklage sieht das Gesetz im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens nicht vor. Die VwGO ist nicht anwendbar" (OLG München, Beschluss v. 05.10.2017 - 2 Ws 1235/17 KL, 2 Ws 1238/17 KL).

"Eine solche Vorschaltbeschwerde hat der Beschwerdeführer nicht erhoben, sondern - trotz Hinweises des Oberlandesgerichts - auf seiner unzutreffenden Rechtsauffassung einer entsprechenden Anwendbarkeit von § 75 VwGO im Rahmen des Klageerzwingungsverfahrens beharrt... Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG)" (VerfGH München, Entscheidung v. 22.10.2018 - Vf. 74-VI-17).

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Dieses Verfahren bietet allerdings im Ergebnis nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn das OLG Naumburg den Angehörigen Gelegenheit geben wird, ihre Antragsschrift zu ergänzen, da diese voraussichtlich lückenhaft sein wird

Wie kommen Sie darauf, den dortigen Anwälten zu unterstellen, dass sie keinen zulässigen und begründeten Klageerzwingungsantrag stellen können? Außerdem kommt eine Ergänzung der Antragsschrift aus prozessualen Gründen überhaupt nicht in Betracht. Eine Nachbegründung ist nicht möglich (Krumm, Ganz schön schwer! - Der Klageerzwingungsantrag in der Praxis, NJ 2016, 241). Das sollten Sie mal lesen!

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Die von Ihnen angeführten Entscheidungen sind bekanntlich falsch. Und was die Ergänzung der Antragsschrift im Fall Oury Jalloh betrifft, lesen Sie am besten noch einmal meinen Text nach, bevor Sie noch mehr Unsinn daherreden. 

Die Entscheidungen sind keineswegs "falsch", sondern richtig und stammen von Obergerichten und Ihre Ansicht ist eine völlig abwegige und unbestätigte Privatmeinung. Was das Nachbesserungsverbot angeht, lesen Sie einfach mal bei Krumm nach, der als jahrelang anerkannter Autor weit mehr von der Sache versteht, als Sie mit Ihrer abwegigen Privatmeinung.

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Meine Rechtsmeinung ist richtig, die betreffenden Entscheidungen sind falsch. Sie reden dummes Zeug daher. 

Herr Würdinger, Sie können ja nicht mal Gesetze LESEN. Art.6 EMRK fordert eine öffentliche Verhandlung für "eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage", aber keine öffentliche Verhandlung für das Begehren, dass gegen einen anderen Anklage erhoben werden soll.

Im Übrigen hat der EGMR bemerkt, eine mündliche und öffentliche Verhandlung sei ein in Art. 6 EMRK verankertes Grundprinzip, aber die Verpflichtung, sie abzuhalten, gelte nicht uneingeschränkt (NJW 2017, 2455, beck-online).

Das Begehren nach einer mündlichen Verhandlung im Klageerzwingungsverfahren ist blanker Unsinn.

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Die mündliche Verhandlung im Klageerzwingungsverfahren ist - wie vielfach dargelegt - zwingend vorgeschrieben. 

Fake News werden auch durch Wiederholung nicht wahr.

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Die Tatsache, dass die mündliche Verhandlung im Klageerzwingungsverfahren zwingend vorgeschrieben ist, ist eine Tatsache und nicht "Fake News".

Das ist schlicht zu 100 % unzutreffend. Noch nicht einmal eine (schriftliche) Anhörung des Antragstellers, der bereits durch seinen Antrag rechtliches Gehör erhalten hat, wird durch die §§ 172 ff.  vorgeschrieben, vgl. BeckOK StPO/Gorf, 32. Ed. 1.1.2019, StPO § 173 Rn. 3-5.

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Die EMRK steht im Rang zwar unter dem GG, aber über den einfachen Gesetzen. Demnach verdrängt die Vorgabe des Art. 6 I EMRK, wonach eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat, die betreffende Vorschrift des einfachen Gesetzes, in diesem Fall die Vorschrift der StPO. 

Die EMRK schreibt sie aber auch NICHT vor.

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Die EMRK verschafft nur dem Angeklagten ein (verzichtbares) Recht auf eine öffentliche Hauptverhandlung, vgl.MüKoStPO/Gaede, 1. Aufl. 2018, EMRK Art. 6 Rn. 119-122.

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Art. 6 Abs. 1 EMRK enthält unter anderem den Anspruch auf eine öffentliche und damit mündliche Gerichtsverhandlung. Diese ist zumindest zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe des Gerichtsverfahrens durchzuführen. Umfasst das Gerichtsverfahren nur eine einzige Instanz, ist die mündliche öffentliche Verhandlung also in dieser Instanz durchzuführen.[16][17][18]

  1. Urteil der IV. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 5.4.2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, NJW 2017, 2455
  2. Karpenstein / Mayer, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 2015, Rnrn. 60 ff. zu Art. 6 EMRK
  3. Jens Meyer-Ladewig/Martin Nettesheim/Stefan von Raumer: Europäische Menschenrechtskonvention. Handkommentar. 4. Auflage 2017, Rnrn. 170 ff. zu Art. 6 EMRK

Die Strafverhandlung gegen den Angeklagten !

Nur er hat einen Anspruch auf Öffentlichkeit. Das steht so im Art.6 EMRK selbst drin, das steht auch in den Kommentaren.

Aber Sie dichten sich die Welt, wie Sie Ihnen gefällt.

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Auch dieses Thema hatten wir schon behandelt: Das Gebot des Art. 6 I EMRK gilt natürlich für jede Prozessart, lesen Sie einfach die Diskussion weiter oben im Text nach. 

Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

Daran ändert es nichts, dass nach dem EGMR "Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Ein Klageerzwingungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren.

Die Konvention unterscheidet ganz genau und mit Ihr natürlich auch der Gerichtshof. Nur Würdinger sieht natürlich wieder einmal alles unterschiedslos ganz anders und bastelt sich einen "Sinn" zurecht, der wieder einmal nur Unsinn ist.

Das Disziplinarverfahren ist nach dem Verständnis des Gerichtshofs ein "Zivilverfahren" (warum auch immer) und keine "sonstige Prozessart". Lesen bildet: "Der GH hat aber ständig festgehalten, dass Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Was also speziell für Disziplinarverfahren gilt, gilt noch lange nicht für alle sonstigen "sonstige Prozessarten" oder "jede Prozessart". So schwer ist das doch alles gar nicht.

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Nein, schlichter Unsinn, was Sie behaupten. Ist im übrigen auch schon alles oben nachzulesen: Der Sinngehalt des Urteils des EGMR vom 5. April 2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, NJW 2017, 2455

https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=EGMR&Datum=05.04.2016&Aktenzeichen=33060/10

besteht eben gerade darin, dass sämtliche Prozesse, eben auch wenn sie nicht eindeutig der zivilrechtlichen oder eindeutig der strafrechtlichen Schiene zuzuordnen sind, dem Gebot unterfallen, dass irgendwann einmal im Verlauf des Prozesses eine Mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Mit ein bisschen Nachdenken kommt man auch darauf, dass es vernünftigerweise auch gar nicht anders sein kann: Sonst würden in dem Meer des Gebots der Mündlichen Verhandlung einzelne „Inselchen“ übrigbleiben, auf denen dieses Gebot nicht gilt. Ein solches Ergebnis wäre indes offenkundiger Unfug. Nein, Prozess ist Prozess, in dem einen Prozess gilt das Gebot der Mündlichen Verhandlung genauso wie in dem anderen.

Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

Daran ändert es nichts, dass nach dem EGMR "Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Ein Klageerzwingungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren.

Die Konvention unterscheidet ganz genau und mit Ihr natürlich auch der Gerichtshof. Nur Würdinger sieht natürlich wieder einmal alles unterschiedslos ganz anders und bastelt sich einen "Sinn" zurecht, der wieder einmal nur Unsinn ist.

Das Disziplinarverfahren ist nach dem Verständnis des Gerichtshofs ein "Zivilverfahren" (warum auch immer) und keine "sonstige Prozessart". Lesen bildet: "Der GH hat aber ständig festgehalten, dass Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Was also speziell für Disziplinarverfahren gilt, gilt noch lange nicht für alle sonstigen "sonstige Prozessarten" oder "jede Prozessart". So schwer ist das doch alles gar nicht.

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Unsinn! Sie dürfen, wie auch sonst bei der Auslegung von Rechtsnormen, nicht bei dem unmittelbaren Wortlaut stehen bleiben, sondern Sie müssen nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift fragen. Hier besteht der Sinn und Zweck der Vorschrift darin, das rechtliche Gehör der Prozessbeteiligten zu gewährleisten. Es ist deshalb weit und breit kein sachlicher Grund zu erkennen, warum die Prozessbeteiligten des KlEV und des EEV von diesem Sinn und Zweck des Art. 6 I EMRK ausgeschlossen sein sollten. Bedenken Sie hierbei: Das Gebot der MV gilt im Fall Oury Jalloh natürlich z.B. auch für die des Mordes beschuldigten beiden Polizeibeamten.  

Nein, schlichter Unsinn, was Sie behaupten. Ist im übrigen auch schon alles nachzulesen - im Gesetz und in den Kommentaren dazu.

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Ich argumentiere, Sie behaupten einfach, das sei nicht so, dann wird wahrscheinlich derjenige Recht haben, der argumentiert. 

Es hat der Recht, der das Gesetz zutreffend wiedergibt und nicht derjenige, der contra legem das Gesetz bis zur Unkenntlichkeit mit Schlagstöcken, Kreissägen und Vorschlaghammern verbeult und meint, jetzt sei es schöner als vorher. Welch Anmaßung!

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Ich habe die Fundstellen angegeben, nach denen auch beim KlEV und beim EEV eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat:

  1. Urteil der IV. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 5.4.2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, NJW 2017, 2455
  2. Karpenstein / Mayer, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 2015, Rnrn. 60 ff. zu Art. 6 EMRK
  3. Jens Meyer-Ladewig/Martin Nettesheim/Stefan von Raumer: Europäische Menschenrechtskonvention. Handkommentar. 4. Auflage 2017, Rnrn. 170 ff. zu Art. 6 EMRK

Art 6 MRK gilt ausweislich des Wortlauts nur für "zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine ... erhobene strafrechtliche Anklage", also nicht ein Klageerzwingungsverfahren.

Daran ändert es nichts, dass nach dem EGMR "Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Ein Klageerzwingungsverfahren ist kein Disziplinarverfahren.

Die Konvention unterscheidet ganz genau und mit Ihr natürlich auch der Gerichtshof. Nur Würdinger sieht natürlich wieder einmal alles unterschiedslos ganz anders und bastelt sich einen "Sinn" zurecht, der wieder einmal nur Unsinn ist.

Das Disziplinarverfahren ist nach dem Verständnis des Gerichtshofs ein "Zivilverfahren" (warum auch immer) und keine "sonstige Prozessart". Lesen bildet: "Der GH hat aber ständig festgehalten, dass Disziplinarverfahren, in denen das Recht, einen Beruf weiterhin auszuüben, auf dem Spiel steht, »Streitigkeiten« über zivilrechtliche Ansprüche iSv. Art. 6 Abs. 1 EMRK begründen" (EGMR, E. v. 5.4.2016 - 33060/10, Rdnr. 60 - "Blum vs. Österreich"). Was also speziell für Disziplinarverfahren gilt, gilt noch lange nicht für alle sonstigen "sonstige Prozessarten" oder "jede Prozessart". So schwer ist das doch alles gar nicht.

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Sie dürfen, wie auch sonst bei der Auslegung von Rechtsnormen, nicht bei dem unmittelbaren Wortlaut stehen bleiben, sondern Sie müssen nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift fragen. Hier besteht der Sinn und Zweck der Vorschrift darin, das rechtliche Gehör der Prozessbeteiligten zu gewährleisten. Es ist deshalb weit und breit kein sachlicher Grund zu erkennen, warum die Prozessbeteiligten des KlEV und des EEV von diesem Sinn und Zweck des Art. 6 I EMRK ausgeschlossen sein sollten. Bedenken Sie hierbei: Das Gebot der MV gilt im Fall Oury Jalloh natürlich z.B. auch für die des Mordes beschuldigten beiden Polizeibeamten. Im Übrigen: Der Sinngehalt des Urteils des EGMR vom 5. April 2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, NJW 2017, 2455 besteht eben gerade darin, dass sämtliche Prozesse, eben auch wenn sie nicht eindeutig der zivilrechtlichen oder eindeutig der strafrechtlichen Schiene zuzuordnen sind, dem Gebot unterfallen, dass irgendwann einmal im Verlauf des Prozesses eine Mündliche Verhandlung stattzufinden hat. Mit ein bisschen Nachdenken kommt man auch darauf, dass es vernünftigerweise auch gar nicht anders sein kann: Sonst würden in dem Meer des Gebots der Mündlichen Verhandlung einzelne „Inselchen“ übrigbleiben, auf denen dieses Gebot nicht gilt. Ein solches Ergebnis wäre indes offenkundiger Unfug. Nein, Prozess ist Prozess, in dem einen Prozess gilt das Gebot der Mündlichen Verhandlung genauso wie in dem anderen.

Die Auslegung nach Sinn und Zweck endet spätestens da, wo der Gesetzgeber das Gegenteil ausdrücklich geregelt hat, andernfalls jeder sein eigener Gesetzgeber werden würde und es nichts allgemeingültiges mehr gäbe. Solcher Verrat am Recht und am Ethos der Wissenschaft ist nicht hinnehmbar.

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Blanker Unsinn, was Sie sagen, es handelt sich hier um eine mustergültige Auslegung nach Sinn und Zweck des Art. 6 I EMRK. 

Eine mündliche Verhandlung ist im Verfahren nach § 172 Abs. 2 StPO nicht vorgeschrieben. Die im Klageerzwingungsverfahren erst- und letztinstanzlich zuständigen Oberlandesgerichte bestimmen ihr Verfahren dabei nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BVerfG, B. v. 10.8.2006 - 2 BvR 2324/04).

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Doch, sie ist vorgeschrieben gem. Art. 6 I EMRK i.V.m. § 101 VwGO. Die EMRK steht im Rang über den einfachen Gesetzen. Das "pflichtgemäße Ermessen" bedeutet im übrigen in der Praxis nichts anderes als pure Willkür

Die Entscheidung des BVerfG, die Sie anführen, datiert aus dem Jahr 2006. Inzwischen haben sich die Dinge geändert. Ich weise vor allem hin auf die Tennessee-Eisenberg-Entscheidung des BVerfG vom 26. Juni 2014, 2 BvR 2699/10:
"Ein Anspruch auf eine effektive Strafverfolgung kann auch dort in Betracht kommen, wo der Vorwurf im Raum steht, dass Amtsträger bei Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben Straftaten begangen haben, weil ein Verzicht auf eine effektive Verfolgung solcher Taten zu einer Erschütterung des Vertrauens in die Integrität staatlichen Handelns führen kann. In diesen Fällen muss bereits der Anschein vermieden werden, dass gegen Amtswalter des Staates weniger effektiv ermittelt wird oder dass insoweit erhöhte Anforderungen an eine Anklageerhebung gestellt werden." (Tennessee-Eisenberg-Entscheidung des BVerfG vom 26. Juni 2014, 2 BvR 2699/10, Rn. 11)    

Die Entscheidung des BVerfG, die Sie anführen, datiert aus dem Jahr 2006. Inzwischen haben sich die Dinge geändert...

An Art. 6 EMRK hat sich überhaupt nichts geändert! Null. Nichts. Niente. Nada. Was sich geändert hat, ist aber leider die Anzahl juristischer Analphabeten, die keine Gesetze mehr lesen können und meinen, Gesetze seien etwas ähnliches wie das Wunschbuch oder der Wunschzettel an den Weihnachtsmann, an den ohnehin niemand mehr glaubt...

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Ich habe die Fundstellen angegeben, nach denen auch beim KlEV und beim EEV eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat:

  1. Urteil der IV. Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 5.4.2016, Az. 33060/10, in der Sache Blum gegen Österreich, NJW 2017, 2455
  2. Karpenstein / Mayer, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, EMRK-Kommentar, 2. Auflage 2015, Rnrn. 60 ff. zu Art. 6 EMRK
  3. Jens Meyer-Ladewig/Martin Nettesheim/Stefan von Raumer: Europäische Menschenrechtskonvention. Handkommentar. 4. Auflage 2017, Rnrn. 170 ff. zu Art. 6 EMRK

Falsch! Eine mündliche Verhandlung ist im Verfahren nach § 172 Abs. 2 StPO nicht vorgeschrieben. Die im Klageerzwingungsverfahren erst- und letztinstanzlich zuständigen Oberlandesgerichte bestimmen ihr Verfahren dabei nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BVerfG, B. v. 10.8.2006 - 2 BvR 2324/04).

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Schlichter Unsinn, diese Uralt-Entscheidung ist längst überholt. 

Diese Entscheidung ist in keiner Weise "überholt". Sie stimmt nach wie vor mit jeglicher in Betracht kommender Rechtslage überein und wurde insbes. auch nicht vom BVerfG noch von einer ernstzunehmenden Stimme als überholt bezeichnet, geschweige denn außer Kraft gesetzt. Das, was Sie sagen, kommt als "ernstzunehmend" selbstverständlich - auch hier, wie überall - nicht in Betracht. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts überhaupt als "schlichter Unsinn" zu bezeichnen, zeugt im übrigen von einer gehörigen Portion autoerotischen querulatorisch bedingten geistigen Absenz.

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Dass die EMRK im Rang "über den einfachen Gesetzen" stehen soll, ist aber wohl auch nur Ihre Privatmeinung. Ansonsten kenne ich jedenfalls nur die EMRK als einfaches Bundesgesetz und als Auslegungskriterium bei der Ausgestaltung von Grundrechten.

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In Deutschland steht die EMRK im Rang unter dem Grundgesetz auf Ebene des einfachen Bundesgesetzes.[26] Damit geht sie zwar landesgesetzlichen Bestimmungen vor, ist im Vergleich mit bundesgesetzlichen gleichartigen Regelungen allerdings dem „lex posterior“-Grundsatz unterworfen, könnte also unter Umständen hinter neueren gesetzlichen Regelungen zurücktreten. Da jedoch die Grundrechtsgewährleistung der EMRK weitgehend der des Grundgesetzes entspricht, hat das Bundesverfassungsgericht 1987 ausgeführt, dass andere gesetzliche Bestimmungen der Bundesrepublik (wie beispielsweise die Strafprozessordnung) im Lichte der EMRK auszulegen seien.[27] Dieser Auffassung folgen auch die oberen Bundesgerichte. Damit kommt de facto der EMRK im deutschen Recht zwar kein verfassungsrechtlicher, aber doch ein übergesetzlicher Rang zu.

  1. BGBl. 2002 II S. 1054.
  2. BVerfG, Beschluss vom 26. März 1987, Az. 2 BvR 589/79, BVerfGE 74, 358 = NJW 1987, 2427 = MDR 1987, 815 = NStZ 1987, 421 = StV 1987, 325 – Unschuldsvermutung, Rn.  39.

Da also im Ergebnis die Norm des Art. 6 I EMRK entscheidet, ist im KlEV und im EEV eine mündliche Verhandlung durchzuführen. 

Falsch! Eine mündliche Verhandlung ist im Verfahren nach § 172 Abs. 2 StPO nicht vorgeschrieben. Die im Klageerzwingungsverfahren erst- und letztinstanzlich zuständigen Oberlandesgerichte bestimmen ihr Verfahren dabei nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. BVerfG, B. v. 10.8.2006 - 2 BvR 2324/04).

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Im Fall der Strafanzeige gegen den Vorsitzenden Richter am Landgericht München I Dr. Tholl in Hinblick auf sein Urteil vom 25.6.2014, Az. 15 O 16154/13, wegen Rechtsbeugung, § 339 StGB                                                                                                                                                                                                                https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=LG%20M%FCnc...                                                                                                                                                                                geschah zuletzt: Mit Schriftsatz vom 7.2.2019 erhob ich Verfassungsbeschwerde zum BVerfG und zum BayVerfGH, jeweils verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung. Eine Passage in diesen beiden VBn vom 7.2.2019 lautet wie folgt:

Ich bitte zudem um den Erlass folgender einstweiliger Anordnung:

„Die Staatsanwaltschaft München I wird verpflichtet, das Ermittlungsverfahren gegen den beschuldigten Richter der Amtshaftungskammer des Landgerichts München I Dr. Tholl wegen Rechtsbeugung gem. § 339 StGB durch sein Urteil vom 25. Juni 2014 vor dem 25. Juni 2019 förmlich einzuleiten und eine rechtzeitige Unterbrechung der Verjährung gegenüber dem Beschuldigten Dr. Tholl zu bewirken.“

Begründung:

Die Verfolgungsverjährung bezüglich des beschuldigten Richters der Amtshaftungskammer des Landgerichts München I Dr. Tholl wegen Rechtsbeugung gem. § 339 StGB durch sein Urteil vom 25. Juni 2014 tritt zum 25. Juni 2019 ein. Der vorliegende Antrag zielt auf die Unterbrechung der Verjährung rechtzeitig vor dem 25. Juni 2019. Zur näheren Begründung meines Antrags darf ich folgende Gesichtspunkte ins Feld führen:

1.) Vermeidung vollendeter Tatsachen

Die einstweilige Anordnung hat vor allem den Sinn, eine spätere Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache zu ermöglichen. Es soll dabei verhindert werden, dass eine solche spätere Entscheidung in der Hauptsache dann schon obsolet wäre. Mit anderen Worten: Es soll verhindert werden, dass vollendete Tatsachen eine spätere Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache gegenstandslos machen.

Genau dies würde eintreten, wenn in vorliegender Angelegenheit keine einstweilige Anordnung erginge. Denn dann würde die Strafverfolgungsverjährung gegenüber dem Beschuldigten Dr. Tholl zum 25. Juni 2019 eintreten. Ein solcher Eintritt der Verjährung wäre endgültig. Eine Entscheidung des Gerichts nach dem 25. Juni 2019 wäre somit gegenstandslos.

2.) Folgenabwägung

Nach dieser Vorschrift ist im Rahmen eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zudem eine Folgenabwägung vorzunehmen wie folgt:

a) Folgen bei Erlass

Der Eingriff in die Rechte der Beschuldigten wiegt nur sehr gering. Insbesondere ist mit der bloßen Einleitung der Ermittlungen noch keinerlei Schuldspruch o.ä. verbunden. Vielmehr besteht eine Duldungspflicht der Beschuldigten, Ermittlungen über sich ergehen zu lassen, sofern ein Anfangsverdacht vorliegt. Da der Anfangsverdacht in vorliegendem Fall offen sichtbar auf der Hand liegt, sind die Beschuldigten dazu verpflichtet, die strafrechtlichen Ermittlungen über sich ergehen zu lassen. Es kann deshalb nicht von einem gravierenden Eingriff in die Rechte der Beschuldigten gesprochen werden. Sollte sich die einstweilige Anordnung also später als falsch herausstellen – wofür es keinerlei Anhaltspunkte gibt – wären selbst dann die negativen Folgen für die Beschuldigten – wegen der geringen Intensität des Eingriffs – ohne weiteres hinzunehmen.

b) Folgen bei Nicht-Erlass

Der Nicht-Erlass einer einstweiligen Anordnung würde meine Arbeit in dieser Angelegenheit irreparabel zunichte machen und mich um meine Rechte bringen. Es droht mir zum 25. Juni 2019 ein irreparabler Rechtsverlust, der nur durch einen rechtzeitigen Erlass einer einstweiligen Anordnung vermieden werden kann. Vor allem: Der Justizskandal ist schon seit Jahren mit Händen zu greifen. Würde die Justiz auch in einem weiteren Fall die Verjährung der strafrechtlichen Vorwürfe gegen Richterkollegen sehenden Auges geschehen lassen, würde die vielzitierte „Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats“ ein weiteres Mal ganz erheblichen Schaden leiden.

c) Abwägung

Die Abwägung fällt nicht schwer: Selbstverständlich muss die einstweilige Anordnung wie beantragt erlassen werden.

Auch nach nochmaliger Überprüfung vermag ich - auch nicht ansatzweise - irgend einen Grund zu erkennen, warum die Publikation des nachfolgenden Textes auf beck-blog in irgend einer Weise unpassend sein sollte:      Lutz Lippke schreibt: 29. Januar 2019 um 20:05

„Um die Verfassung als ein praxistaugliches Werkzeug für die Entwicklung von Demokratie und Rechtssicherheit zu verstehen und auch zu nutzen, ist die Kenntnis von beschränkenden und erweiternden Auslegungspraktiken zwingend erforderlich.“

hatte ich oben geschrieben. Ich gebe zu, dass die heutige Auslegungspraxis in weiten Teilen der Justiz so unübersichtlich und diffus ist, dass man schnell den roten Faden und die Aufmerksamkeit verliert. Kann man mit „reiner Juristerei“ überhaupt widerständige Politik wirksam betreiben?

Ich denke, dass der Anwalt Alexander Würdinger genau dafür ein gutes Beispiel ist. Am Anfang stand dessen Ärger über die Verfahrensweise des Gerichts in einer zivilrechtlichen Angelegenheit.
Würdinger warf dem Gericht vor, die Akte offensichtlich gar nicht gelesen zu haben und erstattete Strafanzeige wegen gemeinschaftlicher Rechtsbeugung bei der Staatsanwaltschaft. Erwartbar passierte aber nichts, so dass Würdinger beim OLG ein Ermittlungserzwingungsverfahren begann und sich nach weiterer Untätigkeit bis zum Bayrischen Verfassungsgerichtshof vorarbeitete, was an dem Wortgeschiebe nichts änderte. Würdinger kniete sich wohl wie kein anderer Praktiker zuvor in die Tiefen des Klageerzwingungsrecht hinein und verbreitete seine Erkenntnisse und Sichtweise in vielen juristischen Fachartikeln. Das ändert am fehlenden öffentlichen Interesse so schnell nichts. Würdinger griff nun In einem verfahrensinternen Schriftsatz an das Gericht zur Provokation und schrieb:

„Der Unterschied zwischen Ihnen und Roland Freisler liegt in Folgendem: Während Roland Freisler im Gerichtssaal schrie und tobte und überhaupt keinen Wert darauf legte, das von ihm begangene Unrecht in irgendeiner Weise zu verschleiern, gehen Sie den umgekehrten Weg: Sie haben sich ein Mäntelchen umgehängt, auf dem die Worte „Rechtsstaat“ und „Legitimität“ aufgenäht sind. Sie hüllen sich in einen Anschein von Pseudolegitimität, die Sie aber in Wahrheit in keiner Weise für sich beanspruchen können. Denn in Wahrheit begehen Sie – zumindest in diesem vorliegenden Justizskandal – genauso schlicht Unrecht, wie es auch Roland Freisler getan hat. So betrachtet ist das Unrecht, das Sie begehen noch viel perfider, noch viel abgründiger, noch viel hinterhältiger als das Unrecht, das ein Roland Freisler begangen hat: Bei Roland Freisler kommt das Unrecht sehr offen, sehr direkt, sehr unverblümt daher. Bei Ihnen hingegen kommt das Unrecht als unrechtmäßige Beanspruchung der Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie daher: Sie berufen sich auf die Begriffe Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, handeln dem aber – zumindest in dem vorliegenden Justizskandal – zuwider.“​

Würdinger ist, soweit ich weiß, ein passionierter Schachspieler.
Auf diese Provokation folgte die öffentliche Strafverfolgung Würdingers wegen Ehrverletzung / Beleidigung der Richter, die Würdinger nach einer Reihe von Zwischenständen für sich entscheiden konnte. Denn der „Freisler-Vergleich“ war vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt, vor allem auch deshalb, weil die Äußerung nicht grundlos in der Öffentlichkeit verbreitet wurde, sondern nichtöffentlich als Argumentation eines Beteiligten in einem gerichtlichen Streitverfahren. Erst durch die Straafanzeigen der Richter wegen Beleidigung wurde der „Freisler-Vergleich“ öffentlich. Über diesen Umweg erreichte Würdinger nun auch erheblich mehr Aufmerksamkeit für seine Erkenntnisse zum Ermittlungserzwingungsverfahren. Und Würdinger lässt da nicht locker.

Immer wieder wurde Würdinger von Kollegen vorgeworfen, er würde einen wirren Krieg nur in eigener Sache verfolgen, was der Berufsehre eines Juristen widerspräche. Nun könnte dem „nur in eigener Sache“ aber vielleicht jede Basis entzogen werden, wenn sich auch andere Juristen seiner Erkenntnisse bedienen und mit Klage- bzw. Ermittlungserzwingung mauernden Staatsanwaltschaften öffentlich Beine machen wollen. Dies bahnt sich im Fall Oury Jalloh an, der im Polizeigewahrsam verbrannte und Ermittlungen ergebnislos eingestellt wurden.
Spätestens jetzt ist Würdinger auch für den Nichtjuristen Teil eines politischen Kampfes, obwohl dies schon mit der ersten Anzeige wegen Rechtsbeugung begann. Wer staatliche Institutionen der Exekutive und Judikative bei der illegitimen und illegalen Selbstermächtigung hindert, stärkt die politische Handlungsfähigkeit des Souveräns. Aus einer „eigenen Sache“ ist offensichtlich „unsere Sache“ geworden.

Danke Alexander Würdinger

Links zu Alexander Würdinger
https://community.beck.de/user/profil/ra-wurdinger
https://community.beck.de/2018/09/02/diskussionstipp-von-alexander-wuerdinger-das-bverfg-und-der-inhalt-des-klageerzwingungsantrags?page=15
Link zur Initiative im Fall Jalloh
https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/

Spätestens jetzt ist Würdinger auch für den Nichtjuristen Teil eines politischen Kampfes...

Lippke und Würdinger sollten sich an der Juristerei orientieren und ihren "politischen Kampf" in Anarcho- oder Reichsbürgerforen führen. Hier ist nicht der Ort für Sacco- und Vanzetti-Allüren...

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Was versprechen Sie sich von dem Unfug?

Lippke und Würdinger sollten sich an der Juristerei orientieren und ihren "politischen Kampf" in Anarcho- oder Reichsbürgerforen führen. Hier ist nicht der Ort für Sacco- und Vanzetti-Allüren...

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Glauben Sie, dass Ihre Behauptungen durch Wiederholung an Überzeugungskraft gewinnen?

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