Ärztliche Honorarklage – Wohnsitz des Patienten oder Praxisort?
von , veröffentlicht am 20.10.2018Immer häufiger bezahlen Privatpatienten ihre Arztrechnungen nicht oder nur teilweise. Meist wird die Rechnung als zu hoch oder fehlerhaft empfunden. Dahinter steht oft nicht der Patient selbst, sondern die private Krankenversicherung. Diese kontrollieren die Rechnungen genau und streichen die abgerechneten GOÄ-Ziffern zusammen. Weigert sich der Patient dann, die volle Rechnung zu erstatten, muss der Arzt gegen ihn vorgehen. Das ist mit Zeit, Kosten und Ärger verbunden. Wo soll er klagen? Am Wohnort des Patienten oder am Praxisstandort? Besonders ärgerlich wird das, wenn der Patient weit entfernt von der Praxis wohnt, wenn er die Praxis also während seines Urlaubs aufgesucht hat oder zu einem Spezialisten angereist ist.
Klage am Wohnsitz des Patienten einreichen
Unlängst hat das Amtsgericht Frankfurt, Beschluss vom 11.09.2018 – 32 C 1041/18, entschieden, dass der Patient wegen ausstehender Honorarforderungen an seinem Wohnsitz verklagt werden muss. Die Hauptleistungspflicht des beklagten Patienten sei die Zahlungspflicht. Dementsprechend sei der Erfüllungsort für die Vergütungsansprüche der Wohnsitz des Zahlungsschuldners (§ 270 Abs. 4 BGB i,V.m. § 269 Abs. 1 BGB), hier des Patienten.
Nach Auffassung des Gerichts sei es völlig unüblich, dass der Patient den Arzt unmittelbar vor oder nach der Behandlung bezahle. Es entspreche gängiger Praxis, dass der Arzt erst nach dem Besuch des Patienten seine Rechnung schreibt. Nach § 12 Abs. 1 GOÄ ist sie die Voraussetzung für die Fälligkeit des Honoraranspruchs. Der Patient bezahle fast immer per Überweisung. Leistungsort der Zahlungspflicht sei damit der Wohnsitz des Patienten.
Der Umstand, dass ein Patient sich nur am Ort der Praxis behandeln lassen könnte, sage nur etwas über den Leistungsort für ärztliche Behandlungen aus, argumentiert der Richter. Davon zu unterscheiden sei der Leistungsort der Zahlungspflicht. Der sei eben am Wohnsitz des Patienten. Einen einheitlichen Erfüllungsort gebe es hier nicht.
Wie wurde bisher entschieden?
Das Amtsgericht Frankfurt bezieht Position zu einer Frage, die in der Rechtsprechung bisher uneinheitlich entschieden wurde.
So hat das Amtsgericht Hamburg-Blankenese, Urteil vom 29.06.2016 – 531 C 241/15, entschieden, dass bei einer zahnärztlichen Behandlung das Gericht am Praxisort das zuständige Gericht sei. Ebenso entschied das Amtsgericht Schöneberg, Beschluss vom 08.06.2004 – 15 C 77/03, für eine Radiologiepraxis. Da aufgrund der Apparatemedizin der Leistungsschwerpunkt am Ort der Praxis liege, sei der besondere Gerichtsstand des § 29 ZPO begründet. Dies sei das Gericht, in dessen Bezirk sich die Praxis befinde.
Bewertung
Bei Zahnärzten und Radiologen liegt durch den Einsatz technisierter medizinischer Geräte ein enger Bezug zu den Praxisräumen vor. Zwar ist nachzuvollziehen, dass zwischen verschiedenen Arztgruppen, solchen mit und ohne komplizierte Geräte, bei der Wahl des zuständigen Gerichts differenziert werden kann. Eine derartige Unterscheidung würde aber bald unüberschaubar. Denn dann müsste die Frage nach dem Leistungsort bei einem Hausbesuch oder einer telemedizinischen Behandlung via Videoschaltung jeweils anders und neu entschieden werden.
Praxishinweis
Statt einer Klage eignet sich auch die Einleitung eines Mahnverfahrens. Das ist online über das zentrale Mahngericht möglich. Damit kann sich der Arzt schnell und ohne mündliche Verhandlung einen Vollstreckungstitel verschaffen. Ein Mahnverfahrens ist aber nur sinnvoll, wenn der Patient die Forderung nicht bestreitet. Ist jedoch damit zu rechnen, dass sich der Patient gegen den Mahnbescheid wehrt, indem er Widerspruch einlegt, kann der Arzt sich diesen Umweg sparen. Wenn die Höhe oder Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung im Streit ist, sollte, um Zeitverzögerungen zu vermeiden, am Wohnsitz des Patienten geklagt werden.
Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
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3 Kommentare
Kommentare als Feed abonnierenDr. Egon Peus kommentiert am Permanenter Link
Nach meiner Ernnerung nicht neu. Vor ca 5 - 20 Jahren wurde die vormalige Trdition gekippt, nach § 269 BGB aus der Natur des (ja wechselseitigen) Schuldverhältnisses den Kanzleisitz als Leistungsort auch für die Zahlung anzunehmen und damit Gerichtsstand. Der Hochheilige St Verbraucherschutz wirkte sich da aus. Alle unternehmerisch Vernünftige zu torpedieren, machte schon damals Judikateuren viel Freude. Nicht nur bei Apparaten - alle eta streibefangenen Bearbeitungsunterlagen, Arzt, Anwalt pp, war vormals "vor Ort" konnten schnell zum Gericht vor Ort. Das hatte beiläufig auch die Folgen, dass Heimatgerichte "ihre Pappenheimer" recht gut kannten und gut einschätzen konnten. Und jetzt als sollen die Mitbehndelnden das Pflegepersonal , als Zeugen durch die Welt brausen, um bei Gebührenstreitigkeiten vor Ort auszusagen? Pervers!
Gast kommentiert am Permanenter Link
Jedes Ding hat bekanntlich, wie immer, zwei Seiten und nichts ist eindeutig:
und was ist mit dem verbraucherisch vernünftigen?
Auch ein Verbraucher hat Bearbeitungsunterlagen und kann damit schnell "vor Ort" sein
Es gibt Pappenheimer auf beiden Seiten, Unternehmerpappenheimer und Verbracherpappenheimer
Auch Zeugen, die durch die Welt brausen müssen, gibt es in der Regel auf beiden Seiten...
Dauergast kommentiert am Permanenter Link
Sehr viele Ärzte treten ihre Forderungen an Unternehmen ab, die das Honorar einziehen. Da diese eher selten am Standort der Arztpraxen sein dürften, ist es eh egal wo der Patient wohnt.