EuGH zur Befristung im Kulturbereich

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 31.10.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3257 Aufrufe

Und noch ein Urteil aus der vergangenen Woche:

Arbeitnehmer der Stiftungen für Oper und Orchester dürfen nicht vom Schutz gegen den Missbrauch befristeter Arbeitsverträge ausgeschlossen werden.

Das hat der EuGH entschieden.

Das Verfahren stammt aus Italien, wo eine eigentümliche Rechtslage herrscht: Ist ein befristeter Arbeitsvertrag in der Privatwirtschaft unwirksam, gilt das Arbeitsverhältnis - wie in Deutschland nach § 16 Satz 1 TzBfG - als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Im öffentlichen Dienst kann der unwirksam befristete Arbeitnehmer dagegen lediglich eine Entschädigung beanspruchen, sein Arbeitsverhältnis endet aber gleichwohl.

Die Klägerin, Frau Martina Sciotto, war von 2007 bis 2011 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge bei der Fondazione Teatro dell’Opera di Roma (Stiftung Opernhaus Rom) als Balletttänzerin beschäftigt. Sie macht die Unwirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses geltend und begehrt eine unbefristete Beschäftigung. Der EuGH stellt fest, dass der nationale Gesetzgeber für den Bereich der Oper und Orchester keine Maßnahmen zur Umsetzung der Befristungs-Richtlinie 1999/70/EG getroffen hat. Es erfordere weder Sachgründe, einen befristeten Vertrag zu verlängern, noch sei die Zahl oder die Dauer befristeter Kettenverträge begrenzt (§ 5 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung zur RL 1999/0/EG). Dies sei unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt akzeptabel. Die Richtlinie gelte auch im Kulturbereich.

Der nationale Gesetzgeber müsse geeignete Rechtsfolgen für den Fall vorsehen, dass eine Befristung unwirksam sei. Die unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei eine, aber nicht die einzige Möglichkeit. Fehle es aber - wie offenbar hier - völlig an einer Sanktion, so stehe die RL 1999/70/EG einer nationalen Regelung entgegen, die den Tätigkeitsbereich der Stiftungen für Oper und Orchester von der Anwendung der allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen ausschließt, mit der der missbräuchliche Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge durch die automatische Umwandlung des befristeten Vertrags in einen unbefristeten geahndet wird, wenn das Arbeitsverhältnis über einen bestimmten Zeitraum hinaus andauert.

EuGH, Urt. vom 25.10.2018 - C-331/17 (Sciotto), ECLI:EU:C:2018:859, Pressemitteilung hier

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