Brexit: „UK Societas“ als mögliche Nachfolgerechtsform für Europäische Aktiengesellschaften (SE) mit Sitz im Vereinigten Königreich

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 09.11.2018

Unter dem Namen „The European Public Limited-Liability Company (Amendment etc.) (EU Exit) Regulations 2018“ hat die Regierung des Vereinigten Königreichs den Entwurf eines Gesetzes („Statutory Instrument“) zum rechtlichen Status von Europäischen Aktiengesellschaften (Societas Europaea bzw. SE) mit Sitz im Vereinigten Königreich nach Brexit-Wirksamwerden veröffentlicht.

Vermeidung von Rechtsunsicherheiten für ca. 25 betroffene SEs

Der Entwurf beruht auf der Erwägung, dass mit Wirksamkeit des Brexit die bisherige Rechtsgrundlage von im Vereinigten Königreich ansässigen SEs teilweise wegfällt. Dies gelte für etwa 25 Gesellschaften, von denen mehrere im Versicherungsbereich tätig seien. Die hieraus entstehenden Rechtsunsicherheiten beträfen sowohl die Gesellschaft selbst als auch ihre Arbeitnehmer und Geschäftspartner. Für die Identität und Geschäftstätigkeit solcher UK-SEs, die vor Brexit-Wirksamwerden weder in eine PLC formwechselten noch ihren Sitz in einen anderen EU-Mitgliedstaat verlegten, solle daher ein klarer Rechtsrahmen geschaffen werden. Sie sollten als „UK Societas“ fortbestehen („automatic conversion process“).

Weitgehende Ähnlichkeit mit SE, aber keine Neugründung

Gestaltet ist der Entwurf als Änderungsgesetz zur bisherigen SE-spezifischen Gesetzgebung des Vereinigten Königreichs. Die strukturellen Merkmale der SE werden dabei weitgehend konserviert. Gestrichen wird allerdings die Möglichkeit der Neugründung sowie das Erfordernis, vor dem (Rück-)Formwechsel  in eine PLC eine Frist von zwei Jahren ab Ersteintragung als SE abzuwarten.

Eine zeitliche Grenze für die „UK Societas“ ist nicht vorgesehen. Wegen der geringen Zahl betroffener Gesellschaften, der fehlenden Gründungsmöglichkeit und dem Wegfall EU-spezifischer Rechtsformvorteile gehen die Entwurfsverfasser davon aus, dass die neue Rechtsform ohnehin nur übergangsweise genutzt wird.

Abweichender Ansatz der deutschen Bundesregierung

Die englische Regierung verfolgt damit in Bezug auf SEs mit Sitz im Vereinigten Königreich einen anderen Ansatz als die deutsche Bundesregierung in Bezug auf Gesellschaften englischer Rechtsform mit deutschem Hauptverwaltungssitz. So soll mit dem Entwurf des Vierten Gesetzes zur Änderung des Umwandlungsgesetzes insbesondere einer englischen Limited mit deutschem Verwaltungssitz ein schneller Wechsel in eine deutsche Rechtsform noch vor Wirksamwerden des Brexit ermöglicht werden (hierzu der Beitrag von Achim Kirchfeld vom 24. Oktober 2018).

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5 Kommentare

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Ein kurzes und hilfreichesGesetz könnte lauten: § 1 Die Rechtsfähigkeit von Kapital- und Handelsgesellschaften mit Registersitz in einem Register des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und Verwaltungssitz in Deutschand bleibt von einem Brexit unberührt. Das bis zum Wirksamwerden eines Austritts maßgebliche Registergesellschaftsrecht bleibt maßgeblich.

§ 2 Sollte die Registerrechtsordnung ihr Gesellschaftsrecht ändern so kann die Gesellchaft wählen, ob

a) sie durch notariell zu beglaubigende Umwandlungserklärung die Rechtsform einer UG haftngsbeschränkt annehmen will

b) ob sie durch Versteinerung ihres Gesellschaftsstatuts die Rechtsverhältnisse wie bis zur Rechtsänderung des allgemeinen Rechts behalten will, sofern dies das britische Recht zulässt.

§ 3 Hat die Gesellschaft bis zum Ablauf von drei Monaten nach Stichtag gem. § 2 keine der Maßnahmen nach §2 ergriffen, so gilt sie als aufgelöst und umgewandelt in eine oHG.

Begründung: Hassattacken des KampfEU-Merkelianismus zum Terror gegen Britannien  sind fehl am Platze. Allerdings darf ein Ausland nicht in die hier maßgebliche Rechtsordnung eingreifen.

§ 1 wird ja teilweise schon aus der geltenden Rechtslage abgeleitet. Vielleicht nächstes Jahr auch durch ein Gericht?

§ 2, nun ja, was ist eine Änderung des Gesellschaftsrechts? Vermutlich wird das im Brexit-Zeitpunkt sofort der Fall sein, wenn viele Neuerungen in Kraft treten werden. M.E. nicht nötig.

§ 2 a) ist die Kurzform eines grenzüberschreitenden Formwechsels, dessen Zulässigkeit der geltenden Rechtslage entspricht (EuGH, C-378/10 "Vale"). Dass er den deutschen Limiteds nicht hilft, liegt weniger am fehlenden deutschen Gesetz als an der aktuell wohl fehlenden Kooperation des Companies House beim Wegzug.

§ 2 b): Warum so eine strenge (und praktisch ja kaum zu bewältigende) "Versteinerung" und keine dynamische Anerkennung des UK-Gesellschaftsstatuts inkl. künftigen Änderungen? So immerhin die Rechtslage für US-Corporations mit deutschen Verwaltungssitz (VIII ZR 155/02).

§ 3 entspricht wohl der überwiegenden Ansicht zur geltenden Rechtslage (von den drei Monaten abgesehen).

Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Wilk, Ihr Üaüier zu § 2a spricht zu III eher gegen Ihre Erwartung/Hoffnung zu § 1. Zu §2:Änderungen einer Rattenbekämpfungsverordnung dürften nicht dazu gehören. Änderungen de Companies Act wohl eher. GB will sich us nchvollzoehbaren grlnden nicht durch EU in eigenes Recht hineinpfuschen lassen. Mindestens gebe ich zu erwägen, dass wir uns ebenso sauber halten könnten. Gut aber ist Ihr Hinweis zu US-Corporations. Wenn das dort azeptabel ist, dann wohl auch für GB-Gesellschaften. Sollte GB im Sinne Ihres Hinweises zu § 2a weiterhin sperrig sein - wir können, sollten aber auch tun, was wir können.Wenn GB torpedert sind sie für die Werbewirkung ihres Rechtssystems für die Zukunft eben selbst verantwortlich.  - Auch das tamtam um Zoll verstehe ich nicht so recht. Importe? Reinlassen, was von GB kommt. Einfach so. Im Laufe der Zeit kann man nachregulieren. Ggf. technische Anforderungen, wenn GB-Schrott dabei sein sollte. Exporte? Nach mail-Meldung rauslassen, wahrscheinlich USt berechnen und festsetzen gegen den Exporteur. Stichprobenkontrolle mit effektiven Strafen (Einziehung LKW und Ladung bei Vergehen). Pässe? 1967 war ich in der Lage, meinen Paß zu zeigen, bei Hin- und Rückfahrt. Ging doch. Konnte ich. Sind die Schüler heute dümmer? 

M.E. fraglich, ob sich "Gesellschaftsrecht" so leicht eingrenzen lässt. Rattenbekämpfung und Companies Act ist klar. Aber was ist mit Bilanzrecht, Insolvenzrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Kapitalmarktrecht, Registerrecht etc.?

Ein Erst-Recht-Schluss von der Rechtsfähigkeit der deutschen US Corp. auf die der deutschen Ltd. klappt nicht. Erstere basiert auf dem Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsvertrag, und eine parallele deutsch-englische Vertragsregelung gibt es nicht.

Von Zoll- und Grenzkontrollen verstehe ich wohl nicht so viel wie sie. Aber ich vermute, dass einige der derzeitigen Brexit-Verhandeler einer so kompakt-pragmatischen Sichtweise wie von Ihnen geschildert einiges abgewinnen können.

Wenn wr ein xoveänes Land wären, so hätten wir zu entscheiden, was wir anerkennen oder  nicht. Und was wir an Zollpipapo an der Grenze hndhaben oder nicht. Freilich mssen viele Güter über Rotterdam oder Calais. Aber man kommt auch von Emden oder Wilhelmshaven nach England, zB Harwich, und von dort hierhin. Vieles muss man nur wollen - dann geht's. Der Amtseid laut Grundgesetz geht auf das "Wohl des Deutschen Volkes" - und sonst nix. - Übrgens - als ich 1967 15 Jhre alt war , da beherrschte ich es, bei einer Fahrt nach England doch tatsächlich meinen Paß zu zeigen. Hin und rück. Sogar über Drittstaaten, wie Belgien. Die jetzt tonnenweisen Schauermärchen über Übles Drohendes halte ich für Zweckpropaganda. Oder EU-Rache an unbotmäßigen Engländern. 

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