SG Frankfurt: Kein Unfallversicherungsschutz bei Handynutzung im Straßenverkehr

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 26.11.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|22000 Aufrufe

Moderne Kommunikationsmittel werfen neue Fragen auf, auch im Sozialversicherungsrecht. In einem vom Sozialgericht Frankfurt a.M. (Urteil vom 18. Oktober 2018, Az.: S 8 U 207/16, PM 2/18) entschiedenen Fall musste der Versicherungsschutz für Unfälle bei Handynutzung abgesteckt werden. Die zum Zeitpunkt des Unfalls 56-jährige Klägerin war als Hausdame in einem großen Hotel in Frankfurt beschäftigt. Auf dem Heimweg vom Hotel wurde sie beim Überqueren eines unbeschrankten Bahnübergangs von einer Bahn erfasst. Sie erlitt dabei unter anderem Frakturen im Kopfbereich und eine Hirnblutung und befand sich deshalb in monatelanger stationärer Behandlung. Die Berufsgenossenschaft erhielt vom zuständigen Ordnungsamt Unterlagen zum Unfallhergang. In diesen waren die Auswertungen einer Videoaufzeichnung sowie Zeugenaussagen enthalten, aus denen sich jeweils ergab, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls mit dem Handy telefoniert hatte. Daraufhin lehnte es die Beklagte ab, den Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Das Sozialgericht hat die gegen die Berufsgenossenschaft erhobene Klage abgewiesen. Unfallversicherungsschutz nach § 8 SGB VII habe nicht bestanden. Zwar sei die Klägerin als Beschäftigte auf dem Heimweg grundsätzlich gesetzlich unfallversichert gewesen. Versichert sei allerdings nur die Tätigkeit des Nachhausegehens vom Arbeitsort, nicht jedoch auch das gleichzeitige Telefonieren mit dem Handy. Insofern liege eine sogenannte gemischte Tätigkeit vor in Form der gleichzeitigen Ausübung einer versicherten Verrichtung (Nachhausegehen) und einer unversicherten Verrichtung (Telefonieren). Ein Arbeitsunfall liege nur vor, wenn der Unfall und hierdurch der Gesundheitsschaden im Rechtssinne wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sei. Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn sich auf dem Heimweg ein allgemeines Wegerisiko verwirklicht hätte. Demgegenüber sei ein Arbeitsunfall abzulehnen, wenn eine unversicherte Tätigkeit wie hier die wesentliche Unfallursache sei. Durch das Telefonieren sei die Wahrnehmungsfähigkeit der Klägerin im Verkehr deutlich eingeschränkt gewesen. Das hierdurch begründete erhebliche Risiko habe maßgeblich zu dem Unfall geführt. Es bleibt die Frage, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn es sich nicht um ein – offenbar – privates Telefonat gehandelt hätte, sondern der Arbeitgeber angerufen hätte, um noch schnell eine dienstliche Angelegenheit zu besprechen.

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