BGH: "Sperrfrist nach Fahren ohne Fahrerlaubnis? Kann schon sein! Müsst ihr aber begründen!"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 10.12.2018
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|44979 Aufrufe

Der BGH musste einmal wieder einem LG sagen, dass doch in "Nichtregelfällen" bitteschön die Sperrfristanordnung als Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen ist: 

 

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen unerlaubten Besitzes
von Betäubungsmitteln sowie vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und
bestimmt, dass die Verwaltungsbehörde dem Angeklagten vor Ablauf von
zwei Jahren ab Rechtskraft des Urteils keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Im Übrigen
hat es ihn freigesprochen.....

....Die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung ist im
Urteil gemäß § 267 Abs. 6 Satz 1 StPO zu begründen. Soll gegen den Angeklagten
wegen einer nicht im Katalog des § 69 Abs. 2 StGB enthaltenen Straftat
eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet werden
(§ 69a Abs. 1 Satz 1 StGB), so ist die Vornahme einer Gesamtwürdigung der
Tatumstände und der Täterpersönlichkeit durch den Tatrichter zum Beleg der
fehlenden Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlich.
Der erforderliche Umfang der Darlegung ist hierbei einzelfallabhängig.
Zwar liegt es bei typischen Verkehrsdelikten, zu denen Fahren ohne Fahrerlaubnis
zählt, nicht fern, dass der Täter zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet
und daher eine isolierte Sperrfrist anzuordnen ist (BGH, Beschlüsse vom
19. Juni 2018 – 2 StR 211/18, juris Rn. 7 mwN und vom 17. Dezember 2014
– 3 StR 487/14, juris Rn. 3, NStZ-RR 2015, 123; Urteil vom 5. September 2006
– 1 StR 107/06, NStZ-RR 2007, 40). Eine auf den Einzelfall bezogene Begründung
macht dies indes nicht entbehrlich. Zudem bedarf es bei der Bemessung
der Sperrfrist der Darlegung der Prognoseentscheidung zur Dauer der voraussichtlichen
Ungeeignetheit des Täters (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2018
– 2 StR 211/18, juris Rn. 7 und vom 22. Oktober 2002 – 4 StR 339/02, NZV
2003, 46).
Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. Die Strafkammer
hat ihre Überlegungen zur Anordnung der Maßregel sowie zur Dauer
der isolierten Sperrfrist nicht dargelegt. Mangels jeglicher Ausführung zur Begründung
des Maßregelausspruchs ist nicht nachvollziehbar, welche Kriterien
für die Strafkammer bei der Anordnung der isolierten Sperrfrist und der Bestimmung
ihrer Länge leitend gewesen sind. Dies erschließt sich auch nicht aus
dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, auch wenn die rechtskräftigen
Verurteilungen des Angeklagten wegen vorsätzlichem Fahren trotz Fahrverbots
und fahrlässigem Fahren ohne Fahrerlaubnis für dessen charakterlichen Eignungsmangel
sprechen.

 

BGH, Beschl. v. 13.9.2018 - 1 StR 439/18

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen