BGH: Verjährung durch Überprüfung der weiteren Verhandlungsunfähigkeit? Und: Verjährung bei Tateinheit?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.01.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3908 Aufrufe

Verjährungsfragen spielen in Allerweltsstrafverfahren keine wirlich große Rolle. Hier ging es etwa um einen (tateinheitlich verwirklichten) Hausfriedensbruch. Das Verfahren war vorläufig nach § 205 StPO eingestellt worden. Für die anderen Delikte im Verfahren hatte die Verjährung keine Bedeutung. Der Hausfriedensbruch jedoch verjährte, weil nach der § 205 StPO-Einstellung keine rechtzeitige neue Unterbrechung stattfand:

 

Die tateinheitliche Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs im
Fall II.1.1. der Urteilsgründe muss entfallen, da ihr das Verfahrenshindernis der
Strafverfolgungsverjährung entgegensteht.

a) Die Verjährungsfrist des Vergehens gemäß § 123 Abs. 1 StGB beträgt
drei Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB) und begann mit der Beendigung der Tat am
2. Mai 2013. Sie endete nach der letzten Unterbrechungshandlung vom
2. Oktober 2014 (Einstellungsbeschluss gemäß § 205 StPO) am 2. Oktober
2017, bevor am 12. Oktober 2017 die Hauptverhandlung des Landgerichts im
Sinne des § 78c Abs. 1 Nr. 8 StGB anberaumt wurde. Eine Unterbrechung des
Ablaufs der Frist ist in der Zwischenzeit nicht erfolgt. Dies war zuletzt durch vorläufige
Einstellung des Verfahrens gemäß § 205 StPO am 2. Oktober 2014 wegen
Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten geschehen. Anordnungen zur
Überprüfung der Verhandlungsunfähigkeit im Sinne von § 78c Abs. 1 Nr. 11
StGB hat die Strafkammer danach nicht getroffen. Dazu wären insbesondere
die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung oder ein Antrag auf Begutachtung
gemäß § 81a StPO und die entsprechende Entscheidung in Betracht
gekommen
(vgl. NK-StGB/Saliger, 5. Aufl., § 78c Rn. 62; LK/Schmid, StGB,
12. Aufl., § 78c Rn. 35). Derartige Maßnahmen hat die Strafkammer nicht ergriffen.
Sie hat vielmehr zufällig von der Teilnahme des Angeklagten an der Hauptverhandlung
in einer anderen Strafsache erfahren und daraus auf dessen bestehende
Verhandlungsfähigkeit geschlossen. Der Beschluss der Strafkammer
vom 14. September 2017, dem Verfahren Fortgang zu geben, hatte keine Unterbrechung
der Frist gemäß § 78c StGB zur Folge. Gleiches gilt für die Teileinstellung
des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich anderer Tatvorwürfe
am 22. September 2017 sowie den an jenem Tag erfolglos unternommenen
Versuch des Vorsitzenden, mit der Verteidigung Termine für die Hauptverhandlung
abzustimmen.

Nach allem ist die Strafverfolgung wegen Hausfriedensbruchs verjährt.
Das tateinheitliche Zusammentreffen mehrerer Tatbestände berührt den Lauf
der Verjährungsfrist der einzelnen Delikte nicht (vgl. BGH, Beschluss vom
6. Oktober 1989 – 3 StR 80/89, NStZ 1990, 80, 81; Beschluss vom 21. Februar
2013 – 3 StR 1/13). Bei Tateinheit läuft die Frist vielmehr für jedes Delikt selbständig
(vgl. BGH, Beschluss vom 2. März 2016 – 1 StR 619/15, wistra 2016, 268 f.). 

 

BGH, Urteil  vom 24.10.2018 - 2 StR 299/18

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen