Bedingter Vorsatz bei Tötungsdelikten: BGH stellt nochmals klar, was festzustellen ist

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.01.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3621 Aufrufe

Die Prüfung und Darstellung des bedingten Vorsatzes in der Praxis ist etwas deutlich anderes als man es aus dem Studium kennt. Hier hat der BGH einmal wieder "textbausteinmäßig" klargestellt, wie bei Tötungsdelikten zu prüfen ist:

 

Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt
des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt,
ferner, dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit der
Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet. Da die Schuldformen des
bedingten Vorsatzes und der bewussten Fahrlässigkeit im Grenzbereich eng
beieinanderliegen, müssen bei der Annahme bedingten Vorsatzes beide
Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissens- als auch das
Willenselement, umfassend geprüft und gegebenenfalls durch tatsächliche
Feststellungen belegt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom
28. Februar 2013 – 4 StR 357/12, NStZ 2013, 538; vom 28. Januar 2010
– 3 StR 533/09, NStZ-RR 2010, 144, 145 und vom 20. September 2012
– 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89). Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen
liegt es nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne
durch diese zu Tode kommen und – weil er gleichwohl sein gefährliches
Handeln fortsetzt –auch einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Deshalb
ist in derartigen Fällen ein Schluss von der objektiven Gefährlichkeit der Handlungen
des Täters auf bedingten Tötungsvorsatz zwar grundsätzlich möglich.
Hierzu bedarf es einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände
des Einzelfalls, in welche vor allem die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung,
die konkrete Angriffsweise des Täters, seine psychische Verfassung
bei der Tatbegehung und seine Motivationslage mit einzubeziehen sind

(vgl. BGH, Urteile vom 23. Februar 2012 – 4 StR 608/11, NStZ 2012, 443, 444;
vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, NJW 2012, 1524, 1525 f. und vom
20. September 2012 – 3 StR 158/12, NStZ-RR 2013, 89). 

 

BGH, Beschluss vom 20.11.2018 - 1 StR 560/18

 

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