Erste Erfahrungen mit dem Entgelttransparenzgesetz

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 10.01.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|5605 Aufrufe

Vor rund einem Jahr, im Januar 2018, trat das Entgelttransparenzgesetz in Kraft. Es ist darauf ausgelegt, Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern zu reduzieren sowie mehr Transparenz bei betrieblichen Gehaltsstrukturen zu schaffen. Zu diesem Zweck wurde Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern das Recht eingeräumt, Auskunft über die Vergütung einer Kollegin bzw. eines Kollegen in vergleichbarer Position und mit gleichwertiger Tätigkeit vom Arbeitgeber zu erfragen, sofern die Person dem anderen Geschlecht angehört. Vor seinem Inkrafttreten hatte das Entgelttransparenzgesetz für kontroverse Diskussionen gesorgt: Auf der eine Seite die Befürworter, die sich mehr Transparenz und eine gerechtere Bezahlung von Frauen erhofften, auf der anderen Seite die Skeptiker, die vor allem bürokratischen Aufwand und Unruhe unter den Mitarbeiter fürchteten. Auch die Personalleiter standen dem Gesetzeserlass mehrheitlich kritisch gegenüber.

Nunmehr gibt eine Umfrage des ifo Instituts bei deutschen Personalleitern, die im Auftrag von Randstad Deutschland erstellt wurde, Auskunft, wie das Gesetz in der Praxis aufgenommen worden ist. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Das Entgelttransparenzgesetz verfehlt offenbar weitgehend seine Wirkung. Nur sehr wenige Arbeitnehmer haben nach dieser Umfragen von ihrem neuen Auskunftsanspruch Gebrauch gemacht. In nur knapp 10 Prozent aller Unternehmen holten Beschäftigte Erkundigungen ein, und auch dort nur vereinzelt. Selbst wenn die Mitarbeiter Auskunft verlangten, hatte dies eher selten eine Auswirkung: Nur rund jede siebte Auskunft bewirkte eine Anpassung des Gehalts. Bemerkenswert ist folgende Beobachtung: Obwohl das Entgelttransparenzgesetz nur für größere Betriebe ab 200 Mitarbeitern verpflichtend ist, hat es auch zu Gehaltsanfragen in kleineren Unternehmen geführt - und dort sogar etwas häufiger für Angleichungen bei der Bezahlung gesorgt als in den größeren Betrieben. Bei Großunternehmen zogen Gehaltsauskünfte in der Regel keine Anpassungen nach sich. Die Autoren der Studie erklären das auch mit festen Gehaltsschemata für Mitarbeitergruppen in diesen Betrieben, während in kleinen Unternehmen Löhne öfter individuell ausgehandelt würden. Befürchtungen, dass das Gesetz Unfrieden unter den Mitarbeitern stiften oder einen überbordenden bürokratischen Aufwand für die Unternehmen verursachen würde, scheinen sich allerdings nicht bewahrheitet zu haben. Nur 4 Prozent der Personalleiter berichteten, dass das Gesetz zu Unruhe in der Belegschaft geführt habe. Für knapp 90 Prozent der Unternehmen hielt sich auch der bürokratische Aufwand in Grenzen, nur ein Prozent sah sich dadurch einer hohen Belastung ausgesetzt.

 

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