LAG Düsseldorf: Kündigung einer AfD-nahen Professorin unwirksam

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 30.01.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|3635 Aufrufe

Der Fall hatte für Schlagzeilen gesorgt. Es geht um Karin Kaiser, die seit dem 1.9.2011 bei der Hochschule Niederrhein als Professorin für Betriebswirtschaftslehre in einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis beschäftigt ist. Bei der vergangenen Bundestagswahl kandidierte sie für die AfD. Für Aufsehen hatte sie gesorgt, als sie kurz vor der Bundestagswahl an der Uni eine Veranstaltung zum "Tod des Rechtsstaats" abhalten wollte. Das war ihr damals untersagt worden. Die nunmehr vor dem LAG Düsseldorf (23.01.2019 – 7 Sa 370/18, PM 02/19) verhandelte Kündigung nimmt hingegen auf einen anderen Sachverhalt Bezug. Die Pressemitteilung schildert die Vorwürfe minutiös wie folgt:

„Am 20.12.2016 teilte die Assistentin des Dekans der Klägerin mit, dass diese für das Wintersemester einen Korrekturassistenten in Anspruch nehmen könne und fügte ein Antragsformular bei, das bis zum 21.12.2016 eingehen müsse. Zuvor war mitgeteilt worden, dass Anträge nach dem 21.12.2016 nicht mehr bearbeitet würden. Den Antrag für den Korrekturgehilfen sandte die Klägerin erst am 22.12.2016 ab. Trotz fehlender Bewilligung setzte sie diesen ein und bat ihre Studierenden per E-Mail um Spenden-gelder für die Kosten. Mit E-Mail vom 3.2.2017 teilte der Rektor der Hochschule der Klägerin mit, sie solle es nun gut sein lassen. Am 9.6.2017 mahnte die Hochschule die Klägerin wegen der eigenmächtigen Beauftragung des Korrekturassistenten ab. Mit einem weiteren als Abmahnung bezeichneten Schreiben wies die Hochschule daraufhin, dass ihre Nebentätigkeit als Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin nur bis zum 31.1.2014 befristet genehmigt sei und bat um Bestätigung, dass sie derzeit keiner Nebentätigkeit nachgehe. Im September 2017 bat die Klägerin unter Berufung auf Überstunden und private Gründe um die Abgabe einer Lehrveranstaltung. Auf Bitten der Hochschule benannte sie einen Lehrbeauftragten, den diese ablehnte. Die Klägerin benannte dem Dekan daraufhin einen anderen Lehrbeauftragten L., der die Hälfte der Veranstaltung übernehmen sollte. Die E-Mails zwischen der Klägerin und dem Dekan führten nicht zu dem Abschluss des Lehrauftrags. Mit E-Mail vom 30.10.2017 hatte der Dekan mitgeteilt, L. könne die Veranstaltung erst nach der erforderlichen Kontaktaufnahme am 9.11.2017 abhalten. Am 2.11.2017 führte nicht die Klägerin, sondern L. die Vorlesung durch. Am 9.11.2017 hielt die Klägerin sie selbst. Am 13.11.2017 teilte der Dekan der Klägerin mit, L. könne erst nach dem 16.11.2017 mit dem Lehrauftrag tätig werden. Die Vorlesung am 16.11.2017 fiel aus, nachdem die Klägerin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den 16. und 17.11.2017 eingereicht hatte.“

Die Hochschule nahm dieses Geschehen am 2.11.2017 zum Anlass, der Klägerin eine fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung auszusprechen. Das LAG hält die Kündigung in Übereinstimmung mit der Vorinstanz für unwirksam. Die Vorwürfe seien teilweise bereits abgemahnt und als Kündigungsvorwurf verbraucht, wie z.B. die eigenmächtige Beauftragung des Korrekturassistenten. Zwar habe die Klägerin für die Vorlesung am 2.11.2017 nicht eigenmächtig einen Externen zum Abhalten der Vorlesung beauftragen dürfen. Im Hinblick auf die vorherigen Gespräche mit dem Dekan habe die Klägerin sich aber nicht über eindeutige Anweisungen hinweggesetzt. Im Übrigen sei nicht vorgetragen, warum eine frühere Beauftragung von L. nicht möglich gewesen sei.

Der von der Hochschule gestellte Auflösungsantrag hatte ebenfalls keinen Erfolg. Zwar sieht die Kammer durchaus, dass das Arbeitsverhältnis belastet ist. Gründe, die dazu führen, dass es der Hochschule im Sinne von § 9 KSchG nicht zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, lägen indes noch nicht vor. So lägen die Vorwürfe wie z.B. der Spendenaufruf betreffend den Korrekturassistenten teilweise deutlich in der Vergangenheit und das Arbeitsverhältnis sei danach fortgesetzt worden. Teilweise fehle es an konkretem Sachvortrag, wie dazu, dass der Klägerin pauschal vorgeworfen wurde, sie diffamiere andere Mitarbeiter. Die parteipolitische Ausrichtung der Klägerin rechtfertige den Auflösungsantrag nicht. Soweit die Hochschule sich an einer von der Klägerin geplanten Veranstaltung gestört habe, könne sie ihr diese in Wahrnehmung des Hausrechts untersagen (was auch geschehen sei). Insgesamt stelle sich das Verhalten der Klägerin als noch nicht so hartnäckig dar, dass bereits davon ausgegangen werden könne, dass eine künftige Zusammenarbeit der Parteien nicht mehr möglich ist.

Für die klagende Professorin bedeutet das Urteil des LAG, dass sie voraussichtlich im kommenden Sommersemester wieder Vorlesungen an der Hochschule Niederrhein halten wird.

Die Revision ist vom LAG nicht zugelassen worden.

 

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