BAG: Kein Mindestlohn im Praktikum

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 04.02.2019
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|4097 Aufrufe

Das Mindestlohngesetz gilt nach seinem § 22 Abs. 1 Satz 2 grundsätzlich auch für Praktikanten, obwohl sie keine Arbeitnehmer sind. Ausgenommen sind jedoch ua. Praktika von bis zu drei Monaten, die der Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums dienen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 MiLoG). Der Fünfte Senat des BAG hat jetzt entschieden, dass das Praktikum jedenfalls aus Gründen in der Person des Praktikanten rechtlich oder tatsächlich unterbrochen und um die Dauer der Unterbrechungszeit verlängert werden kann, wenn zwischen den einzelnen Abschnitten ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und die Höchstdauer von drei Monaten insgesamt nicht überschritten wird.

Daher blieb die Revision einer Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des LAG Düsseldorf ohne Erfolg.

Die Klägerin hatte mit der Beklagten, die eine Reitanlage betreibt, ein dreimonatiges Praktikum zur Orientierung für eine Berufsausbildung zur Pferdewirtin vereinbart. Das Praktikum begann am 6.10.2015. Die Klägerin putzte und sattelte die Pferde, stellte sie auf ein Laufband, brachte sie zur Weide und holte sie wieder ab, fütterte sie und half bei der Stallarbeit. In der Zeit vom 3.11. bis 6.11.2015 war die Klägerin arbeitsunfähig krank. Ab dem 20.12.2015 trat sie in Absprache mit der Beklagten über die Weihnachtsfeiertage einen Familienurlaub an. Während des Urlaubs verständigten sich die Parteien darauf, dass die Klägerin erst am 12.1.2016 in das Praktikum bei der Beklagten zurückkehrt, um in der Zwischenzeit auf anderen Pferdehöfen „Schnuppertage“ verbringen zu können. Das Praktikum bei der Beklagten endete am 25.1.2016. Die Beklagte zahlte der Klägerin während des Praktikums keine Vergütung.

Die Klägerin hat von der Beklagten für die Zeit ihres Praktikums Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns in einer Gesamthöhe von 5.491 Euro gefordert. Zu ihrer Überzeugung war die gesetzlich festgelegte Höchstdauer eines Orientierungspraktikums von drei Monaten sei überschritten. Während ihre Klage erstinstanzlich noch Erfolg hatte, haben LAG und BAG sie abgewiesen. Die gesetzlich zulässige Höchstdauer eines "mindestlohnfreien" Orientierungspraktikums wurde nicht überschritten. Das Praktikum wurde wegen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sowie auf eigenen Wunsch der Klägerin für nur wenige Tage unterbrochen und im Anschluss an die Unterbrechungen jeweils unverändert fortgesetzt. Nach Abzug der Unterbrechungstage belief sich die Praktikumsdauer auf nicht mehr als drei Monate.

BAG, Urt. vom 30.1.2019 - 5 AZR 556/17, mit Material der Pressemitteilung (hier)

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