Raser: Mordurteil ist rechtskräftig - BGH macht es kurz...

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 02.03.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|3363 Aufrufe

Offen gesagt hatte ich gedacht, der BGH würde die Mordverurteilung des LG Hamburg nicht so einfach mitmachen. Umso erstaunter war ich, wie kurz der BGH nur entschieden hat. Trotzdem will ich das der Vollständigkeit halber einmal einrücken - und HIER AUF DIE PRESSEMITTEILUNG VERWEISEN:

 

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 16. Januar 2019 einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
Hamburg vom 19. Februar 2018 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2
StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit
durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und
die den Nebenklägern sowie der Adhäsionsklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat zu der Verurteilung des Angeklagten wegen
Mordes:
Das Landgericht hat den bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten rechtsfehlerfrei festgestellt und belegt. Nach den Feststellungen war dem Angeklagten, als
er absichtlich im Übergangsbereich der Straße An der Alster in die Straße Ferdinandstor auf die Gegenfahrbahn der mehrspurigen nunmehr durch Verkehrsinseln
getrennten innerstädtischen Straßen mit möglichst hoher Geschwindigkeit fuhr, bewusst, „dass es mit hoher, letztlich unkalkulierbarer und nur vom Zufall abhängender
Wahrscheinlichkeit zu einem frontalen Zusammenstoß mit entgegenkommenden
Fahrzeugen kommen würde.“ Ihm war auch „bewusst, dass ein Frontalunfall mit sehr
hoher Wahrscheinlichkeit zum Tod eines oder mehrerer direkter Unfallbeteiligter sowie eventuell zur Schädigung weiterer Personen führen würde.“ All dies, auch der
eigene Tod, wurde vom Angeklagten gebilligt, weil er „kompromisslos das Ziel, der
Polizei zu entkommen“, verfolgte. Der Zurechnung des eingetretenen Todeserfolges
zu dem vom Vorsatz des Angeklagten umfassten Kausalverlauf steht daher nicht
entgegen, dass der Angeklagte nicht unmittelbar mit einem entgegenkommenden
Fahrzeug kollidierte, sondern infolge der Kollisionen mit dem Kantstein am rechten
Fahrbahnrand und einer der Verkehrsinseln die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor
und nach Überqueren des Glockengießerwalls auf der gegenüberliegenden Seite,
am Einmündungsbereich des Ballindamms, mit einer Geschwindigkeit von „ca. 130
bis 143 km/h“ ungebremst frontal mit dem ihm entgegenkommenden Taxi des Geschädigten Y. kollidierte.
Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift
steht der vom Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verdeckungsabsicht nicht
entgegen, dass das Schwurgericht „tatsachenalternativ“ ein Handeln des Angeklagten in suizidaler Absicht festgestellt hätte. Das Schwurgericht hat vielmehr „nicht klären“ können, ob „auch suizidale Gedanken mit motivgebend waren“; „im Ergebnis“
– so das Landgericht weiter – „war ihm die Chance auf ein Entkommen wichtiger als
das sichere Überleben“; dies stellt das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht nicht in 
Frage (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 211 Rn. 68b). Daher kann der Senat offenlassen, ob auch die Voraussetzungen des vom Landgericht weiterhin angenommenen
Mordmerkmals der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln erfüllt sind.

BGH , Beschluss vom 16.01.2019 - 4 StR 345/18

Ach so: HIER DANN NOCH EIN LINK ZU DER DAMALIGEN ZEITUNGSBERICHTSERSTATTUNG

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1 Kommentar

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Das war aber auch ein besonders gelagerter Fall. Der Täter kann kaum von den üblichen Argumenten ("Ich habe gedachte, ich hätte das im Griff; ich bin doch kein Selbstmörder) profitieren. Zumal hier die Flucht wegen einer anderen Straftat (Diebstahl) geschah und über eine längere Strecke jederzeit die Möglichkeit bestand, irgendjemanden nebenbei zu töten.

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